EuroTier 2024: Trends in der Tierhaltungstechnik
Die EuroTier ist die weltweit führende Plattform für Innovationen in allen Bereichen der Tierhaltung. Dies zeigt sich qualitativ in den eingereichten Neuheiten, die umfassend von der international besetzten DLG-Neuheitenkommission bewertet wurden. Die angemeldeten Neuheiten zur EuroTier 2024 spiegeln das gesamte Spektrum des Agrarsektors wider. Deutlich ist die Innovationskraft zu erkennen.
KI in der Tierhaltung
Künstliche Intelligenz ist ein entscheidender Faktor, wenn man sich die zukünftige Entwicklung in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung ansieht. Es ist hier aber sehr deutlich zu unterscheiden, wo KI nur daraufsteht und wo es auch in einer nutzfähigen Form für den Landwirt im Produkt integriert ist. Im Bereich KI-Bildanalyse sind alleine durch Kameras im Stall Tieridentifizierung, Wegstreckenverfolgung von Tieren durch den Stall oder Erkennung von Lahmheit, Brünstigkeit oder Geburt möglich. Hierbei ist aber entscheidend, wie gut die entsprechenden Modelle trainiert sind und ob sie zum eigenen Betrieb passen. Wie sich HF-Kühe und Fleckvieh für unser Auge unterscheiden, so gibt es auch hier für die KI-Modelle Unterscheidungen. Insgesamt bieten aber die neuen Ansätze der Bildanalyse, entweder alleine im Stall oder in Daten-Kommunikation mit Sensoren im Stall, neue Ansätze für die Tieranalyse. Besonders bei Nutztieren, bei denen umfangreich Sensoren direkt am Tier ökonomisch nur schwer dazustellen sind, bieten sich mit der Bildanalyse neue Möglichkeiten.
Quervernetzung verschiedener Datenquellen notwendig
Andere Möglichkeiten von KI in der Landwirtschaft sind z. B. die Nutzung von Large Language Model, um in normaler Sprache auf Daten aus Herdenmanagementprogrammen zugreifen zu können und diese entsprechend bearbeitet wieder per Sprache ausgegeben zu bekommen. Für die intensive Nutzung von KI ist natürlich eine Quervernetzung verschiedener Datenquellen notwendig. Hier zeigt sich in vielen Bereichen der Nutztierhaltung, dass es immer noch kein BUS-System in der Tierhaltung gibt, das den gemeinsamen Datenaustausch ermöglicht. Dies behindert viele verschiedene Entwicklungen.
Tierwohl: Innovationen im Spannungsfeld politischer Rahmenbedingungen
Zwei zentrale Ziele in der Tierhaltung sind nach wie vor die Verbesserung des Tierwohls und der Tiergesundheit. Tierwohl wird zwar von den Herstellern und Landwirten als sehr wichtiger Bereich erkannt. Bei der Entwicklung neuer Systeme ist aber eine gewisse Zurückhaltung zu beobachten, da nicht abzuschätzen ist, welche politischen und gesellschaftlichen Anforderungen zukünftig gesetzt werden. Im Fokus der Tierhalter steht seit Langem auch die Verbesserung der Tiergesundheit durch Tierbeobachtung und die Früherkennung von Krankheiten. Eine Reduktion des Antibiotikaverbrauchs ist in diesem Zusammenhang ebenfalls ein wichtiger Punkt.
Robotik international auf dem Vormarsch
Über alle Bereiche der Nutztierhaltung in Europa ist ein zunehmender Einsatz von Robotern zu beobachten, der auch durch KI noch einmal verstärkt wird. Ein Hauptaspekt ist dabei, durch Roboter den Menschen zu entlasten und damit das Problem der körperlichen und geistigen Ermüdung des Menschen anzugehen, das auch zu Fehlern in der Tierhaltung führen kann. Gleichzeitig können dadurch fehlende Arbeitskräfte ersetzt werden. Dabei ist auch eine Erhöhung der Arbeitseffizienz und der Arbeitsqualität zu beobachten.
Verbesserung der Emissionssituation aus Ställen
Ein speziell in der Fütterung traditionell intensiv verfolgtes Ziel ist nach wie vor die Minimierung der Emissionen von umweltrelevanten Stoffen wie Stickstoff und Phosphor. Neben klassischen Ansätzen wie der Optimierung der Aminosäurezusammensetzung der Ration, geeigneten Enzymzusätzen oder dem Einsatz effizienter Probiotika können hier künftig beispielsweise Rationskomponenten mit einer besonders hohen Verfügbarkeit oder Verdaulichkeit einen wichtigen Beitrag leisten. Spätestens seit der letzten Dekade muss in der Rinderfütterung beim Thema „umweltrelevante Ausscheidungen“ auch die Minimierung der Abgabe von Treibhausgasen wie Methan mitgedacht werden. Das hier in den letzten Jahren entstandene Aktivitätsfeld entwickelt sich stetig weiter. Im Bereich der methansenkenden Zusätze scheinen weitere Produkte Praxisreife zu finden. In der Schweinehaltung rücken hingegen die Laufflächen stärker in den Fokus. Um sie sauber zu halten, werden Konzepte benötigt, in denen Roboter das Sammeln von Kot, Mist und Gülle zeitnah und sauber erledigen. In Verbindung mit den richtigen Laufflächen, die ein schnelles Abfließen von Urin garantieren, werden wesentliche Ziele erreicht: Es werden nicht nur Emissionen gesenkt, sondern auch die Klauengesundheit bleibt durch die Trockenheit der Laufflächen erhalten und die Arbeitsbedingungen sind durch die sauberen Laufflächen angenehmer.
Verbesserung des Stallklimas
Der Klimawandel mit den damit verbundenen steigenden Temperaturen ist auch in den Ställen zu spüren. Hier geht es darum, Belastungen für Mensch und Tier zu reduzieren. Dank moderner Technik werden die Tiere wie auch die Tierhalter heute weniger belastet. Mögliche Probleme, wie eine defekte Sprühkühlung, werden dank zunehmender Digitalisierung auch besser erkannt. Ein weiterer Punkt ist die Reduzierung des Ammoniakgehaltes in der Stallluft von Schweineställen. Durch die Überwachung des Stallklimas mit digitalen Ammoniaksensoren wird die Luftqualität in den Ställen verbessert und beim Überschreiten der Grenzwerte für Ammoniak entsprechende Maßnahmen eingeleitet.
Technik-Trends in der Rinderhaltung
Die Anforderungen an eine zukunftsorientierte Milcherzeugung und Rinderhaltung in Deutschland steigen weiter. Die Ökonomie zu sichern und den politisch gesellschaftlichen Forderungen zu neuen Tierwohlstandards zu entsprechen, ist dabei ein Spagat, den es zu bewältigen gilt. Im Rahmen der sozialen Aspekte müssen vor allem die Arbeits- und Lebensbedingungen in der Landwirtschaft berücksichtigt werden. Bei den Stallkonzepten zeichnet sich smartes Bauen als ein Weg ab, der durch das Zusammenspiel intelligenter Stallbaukonzepte in Verbindung mit innovativen Technologien vor allem in den Bereichen Automatisierung und Digitalisierung tiergerechte Haltungsbedingungen und optimierte Umweltwirkungen nachhaltig unterstützt. Intelligente Techniken in Verbindung mit einem konsequenten, präventiven Management führen zu einer deutlichen Entlastung der Menschen und zu einer neuen Bewertung der Arbeitsqualität. In der Kälberhaltung werden neue Haltungskonzepte diskutiert. Geschlossene Ställe mit flexiblen Boxen und Buchtenabtrennungen zur Einzel-, Doppel und Gruppenhaltung bieten hier neue Möglichkeiten für mehr Tierwohl, Effizienz und auch Akzeptanz durch die Verbraucher und die Politik. Im Bereich der Automatisierung wird das automatische Füttern mehr in den Fokus rücken, da es viel Potenzial hat. Mit der Sensorik, vor allem im Bereich der intelligenten, kamerabasierten Tierüberwachung, und den daraus resultierenden Möglichkeiten bieten sich für das Herdenmanagement weitere Optionen, mit denen die Qualitätsmilcherzeugung optimiert werden kann.
„Clever & Smart“ – kleine Helfer im Stall
Digitale Systeme halten immer mehr Einzug in die Rinder-, Schweine- und Geflügelställe. Sie geben den Landwirten smarte Entscheidungshilfen an die Hand und tragen dazu bei, Arbeitsprozesse weiter zu optimieren, wirtschaftlicher zu produzieren, das Tierwohl zu fördern und die Arbeitsbelastung in den Betrieben zu verringern. Aktuelle Entwicklungen bei den digitalen Lösungen zeigen interessante Perspektiven für Tierhalter und bringen ihnen praktischen Nutzen in wichtigen Bereichen. Erkennbare Trends gehen deutlich in Richtung Gesundheitsmonitoring, Unterstützung von mehr Tierwohl und des Einsatzes von KI in der Tierhaltung. Neben den einzeltierbezogenen Sensorsystemen wird langsam ein Trend in Richtung kamerabasierter Systeme erkennbar.
pm