Ins richtige Licht gerückt

18. November 2021

Die richtige Beleuchtung ist auch im Kuhstall wichtig. Denn es erleichtert den Kühen nicht nur das Sehen und beugt so Unfällen und Stress vor, sondern beeinflusst auch das Verhalten und den Hormonaushalt. Das richtige Licht kann positive Effekte auf Gesundheit, Wohlbefinden und Produktivität haben.

In den einzelnen Funktionsbereichen gibt es unterschiedliche Ansprüche an die Lichtgestaltung. Foto: Maucher

Licht ist für das Leben von Mensch und Tier elementar. Menschen benötigen ausreichend und gutes Licht zur Orientierung sowie zur Wahrnehmung ihrer Umwelt. Auch Rinder benötigen Licht zur Orientierung in ihrer Umgebung und zur Erfassung ihres Umfelds sowie zur Erkennung ihrer Artgenossen und des Landwirts.

Aber nicht nur beim Sehen und Orientieren spielt Licht eine wichtige Rolle: Licht fungiert als täglicher Zeitgeber, beeinflusst das Verhalten und den Hormonhaushalt sowie die Physiologie der Rinder. Steht den Tieren das richtige Licht zur Verfügung, können positive Effekte auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Produktivität erzielt werden. Beim Neubau eines Stalles und der Umgestaltung alter Ställe sind diese Aspekte zu beachten, denn sie führen zu erhöhtem Tierwohl, mehr Arbeitssicherheit für den Landwirt und wirken sich durch neue Technologien sowie zielgerichteten Einsatz positiv auf den Energieverbrauch aus.

Kühe sehen anders

Das Sehvermögen des Rindes unterscheidet sich maßgeblich von dem des Menschen. Die Augen liegen beim Rind seitlich am Kopf. Daher ist das Gesichtsfeld des Rindes sehr weit, aber nur in einem kleinen Bereich direkt vor dem Kopf überschneiden sich die Sehfelder beider Augen, sodass es dort dreidimensional sehen kann. Zudem ist die Sehschärfe des Rindes deutlich geringer.

Es erkennt Konturen nur schemenhaft. Das Umschalten vom Sehen in der Nähe auf das Sehen in die Ferne ist dem Rind kaum möglich. Eine gleichmäßige Ausleuchtung in der Tagphase und vorhandene Kontraste an Übergängen im Stall sind daher sehr wichtig für einen reibungslosen Kuhverkehr. Auch die Anpassung an Hell und Dunkel verläuft beim Rind deutlich langsamer. Somit sind Hell-Dunkel-Bereiche (Treibwege, Zutrieb Melkstand) im Stall zu vermeiden, da die Tiere hier stehen bleiben, um sich an die veränderte Helligkeit anzupassen. Rinder sehen in der Dämmerung deutlich besser als der Mensch und benötigen in der Nacht keine Beleuchtung zur Orientierung. Bewegungen nimmt das Rind sehr gut wahr.Defekte Leuchten und Starter, die flimmern oder flackern, sind sehr unangenehm für Rinder und rufen Stress hervor.

Verarbeitung von Licht im Organismus

Die von Rindern wahrgenommene Helligkeit ist im Blau-Grün-Bereich am höchsten, im Rotbereich sehen Rinder weniger gut. Daher eignen sich Lichtquellen, die ein Spektrum mit ausgeprägtem Rotanteil aussenden, weniger im Rinderbereich. Licht spielt nicht nur beim Sehen eine entscheidende Rolle, sondern auch bei der Steuerung biologischer Rhythmen und bei der Bildung wichtiger Vitamine in der Haut (Vitamin A/Beta-Carotin und Vitamin D3). Melatonin ist ein wichtiges Hormon, das den Tag-Nacht-Rhythmus, die Fruchtbarkeit, das Immunsystem und den Schlaf beeinflusst.

Eine entscheidende Frage für die Gestaltung der Beleuchtung in Ställen ist, bei welchen Schwellen der Beleuchtungsintensität während der Tages- und Nachtzeiten ein Effekt auf die Melatonin- und Wachstumshormonausschüttung messbar ist. Das heißt jedoch nicht, dass Rinder in Praxisbetrieben durchgehend 16 Stunden Licht haben sollten. Es ist richtig, dass der zyklische Verlauf der Beleuchtungsdauer im Jahresverlauf beibehalten wird. Eine Beleuchtungsdauer von 12 bis 14 Stunden ist ausreichend. Das einfallende Tageslicht sorgt für die jahreszeitlich bedingten Veränderungen in der Tageslänge.

Licht in den verschiedenen Funktionsbereichen

Milchviehställe besitzen in der Regel verschiedene Funktionsbereiche. Jeder Funktionsbereich stellt andere Anforderungen an die Aus- und Beleuchtung. Am Fressgitter befinden sich die Tiere fünf bis sechs Stunden am Tag. Hier wird eine tiergerechte Ausleuchtung zur Wahrnehmung des Fressgitters, des Futters und des Umfeldes einschließlich anderer Kühe benötigt. Während der Liege- und Ruhephase wird das Licht in erster Linie biologisch genutzt. Dazu sollte eine ausreichende Beleuchtungsstärke von 150 lx vorhanden sein, ohne dass die Tiere geblendet werden. Liegeboxen bzw. der komplette Tiefstreubereich (je nach Haltungsform) sollten gleichmäßig und ohne unnötige Schattenbildung ausgeleuchtet werden. Biologisch wirksam ist hier vorwiegend der Blauanteil des Lichts. Dieser kann im Liegebereich erhöht sein, da die Tiere ca. 12 Std. am Tag liegend verbringen und sich somit die positiven Auswirkungen des Lichts einstellen.

Im Laufbereich muss ausreichend Licht zur Orientierung und zum Erkennen anderer Kühe oder auch Gegenstände und Personen vorhanden sein. Eine gleichmäßige Ausleuchtung und die Vermeidung von Schattenbildung sind unerlässlich für eine ruhige und stressfreie Orientierung und sichere Fortbewegung der Tiere im Stall. Kontraste, z.B. an Übergängen, helfen den Tieren bei der Orientierung.

Bereich für Trockensteher

Für Kühe in der Spätlaktation und trockenstehende Kühe gelten andere Vorgaben für eine angepasste Be- und Ausleuchtung. In dieser Phase der Laktation sollten Kühe wenn möglich im Kurztag gehalten werden. Dies bedeutet, dass vor allem die trockengestellten Milchkühe in einem Bereich aufgestallt werden, in dem eine Reduzierung der Beleuchtungsdauer auf acht Std. möglich ist. Mit dieser Reduzierung der Beleuchtungsdauer wird der Organismus auf einen „künstlichen Winter“ eingestellt, der mit Start in die neue Laktation und in Verbindung mit 16 Std. Licht zu einem deutlichen „Frühjahrsschub“ führen kann. Vor diesem Hintergrund wird ein lichttechnisch abgetrennter Trockensteherbereich mit acht Stunden Beleuchtungsdauer empfohlen, sodass die nicht laktierenden Kühe unter Kurztagbedingungen gehalten werden können.

Aus DLG Merkblatt 415

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