Der Stall von morgen
Neue gesetzliche Rahmenbedingungen wirken sich auch auf die Gestaltung von zukunftsfähigen Ställen aus. Der strohsparende Liegeboxenlaufstall mit Einstreu oder Kuhkomfortmatratze wird die Standardlösuung in der Milchviehhaltung bleiben. Wer jetzt einen Neubau plant, sollte einige Dinge beachten, damit der Stall langfristig zukunftsfähig bleibt.
Die für die Staaten der Europäischen Union festgelegte drastische Minderung der Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft wird den Stallbau stark beeinflussen. Die Landwirtschaft trägt mit erheblichem Anteil zu den Ammoniakemissionen bei – insbesondere die Rinderhaltung. Hierbei haben die Laufflächen, bedingt durch eine hohe emissionsaktive Oberfläche, einen relativ großen Anteil. Die Verteilung der Emissionen ist aufgrund der unterschiedlichen Viehdichten aber sehr differenziert. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Reduzierung von Ammoniakemissionen. In den nachfolgenden Ausführungen sollen nur die baulichen Gestaltungsmöglichkeiten betrachtet werden. Der strohsparende Liegeboxenlaufstall (Liegebox mit Einstreu oder Kuhkomfortmatratze) wird auch für absehbare Zeit in vielen Teilen der Welt die Standardlösung in der Milchviehhaltung bleiben. Dies resultiert aus den gegenüber Tiefstreu- und Tretmistställen niedrigeren Verfahrenskosten.
Außerdem treten im Durchschnitt niedrigere Schadgasemissionen auf. Die Laufflächen können als Spaltenboden oder planbefestigt mit regelmäßiger Entmistung ausgeführt werden. Tiergerechte Laufgänge sind rutschfest und trittsicher und haben eine Breite von mindestens 3 m. Breite Laufgänge ermöglichen die erforderlichen Individual- bzw. Fluchtdistanzen und verringern Auseinandersetzungen. Bei Einsatz von Flächenspaltenböden sind die Kühe gegenüber planbefestigten Laufgängen in der Regel sauberer. Die Reinigung wird zunehmend durch Roboter erfolgen. Die Schlitzweiten der Spaltenböden sollten maximal 35 mm und die Auftrittsbreiten zwischen 100 und 140 mm betragen. Bei neuen Spaltenböden können scharfe Kanten im Bereich der Schlitze zu Klauenschäden führen. Sie sind deshalb vor Belegung des Stalles durch den Einsatz z.B. eines Rohres zu entgraten. Bei planbefestigten Laufgängen sollten im Interesse der Arbeitsproduktivität, der Tiersauberkeit und der Klauengesundheit sowie der Möglichkeiten zur Emissionsminderung stationären Geräten gegenüber der mobilen Variante Schlepper mit Räumschild oder Frontlader der Vorzug gegeben werden.
Zu den stationären Geräten zählen Breit- und Faltschieber. Sie ermöglichen über die Automatik ein häufigeres Entfernen der Gülle/des Dungs aus den Laufgängen als es bei Einsatz eines Traktors wegen des hohen Arbeitszeitaufwandes realisierbar ist und führen deshalb zu niedrigen Ammoniakemissionen. Trotz mehrfachen Räumens der planbefestigten Laufgänge sind diese trotzdem oftmals feucht und damit nicht trittsicher. Im Interesse der Erhöhung des Laufkomforts sollten sie mit einer Gussasphaltdecke versehen werden. Für Fressgänge und Vorwartehöfe eignen sich am besten Gummimatten.
Entspanntes Liegen
Der Liegeplatz sollte so bemessen sein, dass ein ungehindertes Abliegen und Aufstehen sowie ein entspanntes Liegen in allen Liegeformen ermöglicht wird. Die Oberfläche muss weich, gut verformbar und rutschfest sein sowie eine isolierende Wirkung besitzen, damit die Annahmeakzeptanz hoch ist und die Kühe 12 bis 14 h täglich ruhen. Aufgrund der geringeren Verschmutzung der Kühe, des niedrigen Anteils von Sprunggelenksverletzungen sowie der besseren Akzeptanz durch die Kühe sind Tiefboxen gegenüber Hochboxen zu bevorzugen. Die Hochboxen für Milchkühe sollten in der Wandreihe 2,60 bis 2,70 m und in der Doppelreihe 2,40 m lang und 1,20 bis 1,30 m breit sein (Tab. 2). In der Doppelreihe sind 2,40 m ausreichend, da der Kopfraum beim Aufstehen für den Kopfschwung genutzt werden kann. Zur Unterstützung der Selbstreinigung der Liegefläche sollte ein Gefälle von 3 bis 4 % eingebaut werden. Ein zu großes Gefälle kann den Liegekomfort beeinträchtigen.
Für die richtige Position
Als Schutzvorrichtung gegenüber anderen Kühen und als Voraussetzung für die richtige Liegeposition kommen Liegeboxentrennbügel zur Anwendung. Freitragende, das heißt im Liegebereich stützenfreie Bügel aus verzinktem Stahlrohr sind aus Sicht der Tiergerechtheit und der Hygiene am besten geeignet. Das Nackenrohr wird in der Regel in einer Höhe von 1,10 m angeordnet. Der Einbau des Nackenrohres begrenzt das Abliegen der Kühe nach vorn und führt dazu, dass die Kühe beim Aufstehen zurücktreten müssen. Durch das Nackenrohr wird eine höhere Sauberkeit der Boxen und der Tiere erreicht und die Annahmeakzeptanz der Boxen durch die Kühe steigt auch aufgrund der besseren Liegeposition und des unkomplizierteren Aufstehvorgangs.
Allerdings können zu niedrig angebrachte Nackenrohre zu einer nicht tiergerechten Haltung beim Stehen in der Box und zu einer Verschlechterung der Futteraufnahme führen.
Komfort für die Kuh
Als Bodenbelag sollten aus Gründen der Tiergerechtheit, der Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Kühe Kuhkomfortmatratzen zur Anwendung kommen. Durch die hohe Verformbarkeit werden punktuelle Druckbelastungen vermieden bzw. minimiert, Gelenkprobleme im Bestand werden seltener. Die Kühe liegen länger in den Boxen, die Ableitung von Wärme aus den Eutern wird reduziert und die Kuhsauberkeit steigt. Dadurch verbessert sich wiederum die Eutersauberkeit und im Melkstand wird weniger Zeit für die Euterreinigung benötigt. Durch die Anwendung von geringen Mengen Einstreu kann ein eventuell entstehender Feuchtigkeitsfilm gebunden werden. Außerdem erhöht sich die Liegezeit der Tiere um 5 bis 10 % und die Verletzungsgefahr sinkt. Als Einstreu können Sägemehl, Strohhäcksel, Hobelspäne oder auch separierte Güllefeststoffe eingesetzt werden.
Optimale Maße
Die Tiefboxen sollten in der Wandreihe 2,70 bis 2,80 m und in der Doppelreihe 2,50 m lang sowie 1,20 bis 1,30 m breit sein. Die gegenüber der Hochbox um 10 cm erhöhte Gesamtlänge resultiert aus der rückseitigen Abgrenzung zum Laufgang durch die Streuschwelle. Die Streuschwelle aus Beton oder Holz sollte 0,15 bis 0,25 m hoch sein und damit gewährleisten, dass eine Strohmatte von 0,15 bis 0,25 m aufgebaut werden kann. Die Liegefläche ist mit einem Gefälle von 2 % zu versehen. Für den vorderen Bereich der Liegebox können Tiefboxenkissen den Kuhkomfort erhöhen. Das Nackenrohr ist in Abhängigkeit von der wachsenden Strohmatte auf 1,10 bis 1,25 m auszurichten. Als Einstreumaterial kommen hauptsächlich Stroh, Strohmehl und Sägespäne in Frage. Auch das Einstreuen mit Miscanthus (Chinaschilf) oder separiertem Güllefeststoff ist möglich. Stroh hat ein hohes Wasserbindungsvermögen vorausgesetzt es wurde unter günstigen Witterungsbedingungen geerntet und ordnungsgemäß gelagert.
Kein Patentrezept
Generell kann gesagt werden, dass es nicht »eine optimale Haltungsform« aus Sicht der genannten Kriterien gibt, sondern dass die betrieblichen Besonderheiten und speziellen Ausgangsbedingungen einen großen Einfluss auf die Wahl der Haltungsform haben.
Beim Stallbau werden auch in absehbarer Zeit der strohsparende Liegeboxenlaufstall als Tiefbox, aber auch die Hochbox mit Kuhkomfortmatratze aus Gründen der niedrigeren Verfahrenskosten, der im Durchschnitt besseren Tiersauberkeit und Hygiene die Standardlösung in der Milchviehhaltung bleiben. Der Trend beim Neubau geht aber stärker in Richtung Tiefbox. Auch wer zukünftig automatische Melksysteme einsetzen will, wird sich in der Regel für diese Haltungsformen entscheiden. Um Wohlbefinden, Tiergesundheit, Wiederkauaktivität sowie die Milchleistung und damit auch die Produktivität von Milchrindern zu verbessern, ist das Ruheverhalten der Tiere zu optimieren. Möglich ist dies vordergründig durch angepasste Liegeboxenabmessungen und durch die Gewährleistung des Liegeflächenkomforts.
Die Liegeboxenoberfläche sollte eingestreut, weich, wärmegedämmt und rutschsicher sein und ein ungehindertes Aufstehen und Abliegen der Kühe garantieren. Saubere, trockene Einstreu mit einem möglichst geringen Keimgehalt ist Grundvoraussetzung für eine gute Stallhygiene. Das Anbieten von Laufhöfen ist zwar bei gutem Management aus Sicht der Tiergerechtheit vorteilhaft, birgt aber aufgrund der größeren emissionsaktiven Oberfläche die Gefahr von höheren Ammoniak-
emissionen.
Prof. Dr. Norbert Kanswohl,
Dr. Jörg Burgstaler,
M.Sc. Katrin Schönherr,
Universität Rostock