Große Herausforderungen und viel Optimismus
Das Jahr 2019 stellte die Bayerische Milchindustrie eG (BMI) vor gewaltige Herausforderungen, wie Vorstandsvorsitzender Thomas Obersojer in der digtialen Jahrespressekonferenz eröffnete. Dennoch blicke man positiv in die Zukunft, auch trotz Corona. „Ganz nach unserem Motto: Mit frischer Energie, Veränderung gestalten“, wie Obersojer ergänzt. Der Jahresbericht zeigt aber auch, dass das Geschäftsjahr von Höhen und Tiefen durchzogen war. Einer der Höhepunkte war wohl die Inbetriebnahme der Hartkäserei und des Hochregallagers mit 16.000 Palettenplätzen in Jessen. „Mittlerweile liegen wir am Standort auf Kurs, seit Dezember erreichen wir kontinuierliche Tagesleistung“, berichtet Obersojer.
Gleichzeitig war der Bau in Jessen einer der Tiefpunkte. Der Plan der Architekten und die realen Begebenheiten vor Ort wichen beim Umbau am Bestandsstandort weit voneinander ab, sodass es zu erheblichen Zeitverzögerungen und Mehrkosten von rund 50 % kam. Allerdings führte der Vorstand an, dass durch die ungeplanten Abweichungen auch energiesparender und folglich umweltverträglicher gebaut wurde. Die Molkerei in Jessen soll in den nächsten Jahren zu einem führenden Standort innerhalb der BMI, aber auch im europäischen Markt werden.
Auf und Ab im Geschäftsjahr 2019
Diese zusätzlichen Investitionen von rund 40 Mio. EUR wirkten sich auch negativ auf den Milchpreis aus. Im Schnitt zahlte die BMI im abgelaufenen Jahr bei Bioqualität 47,92 Euro je 100 kg und 34,9 ct pro 1 kg Milch aus. Damit lag die Genossenschaft im Mittel zwar nur knapp unter dem Brachendurschnitt, in Nordbayern allerdings ganze 2 Cent darunter, was zu etlichen Kündigungen unter den dortigen Erzeugern geführt hat. 140 Mio. kg sind deswegen in Kündigung. Allerdings hofft die Geschäftsführung noch auf ein Abwenden der Kündigungen, da die Kündigungsfrist zwei Jahre betrage. Ziel ist es deshalb, den Milchpreis zügig wieder auf den landesüblichen Stand bringen zu können. Bereits im Januar wurde eine Erhöhung von 2 Ct erwirkt, die aufgrund der Corona-Pandemie im März und April wieder um -1,5 Ct abgesenkt wurde.
Weitere Meilensteine im Geschäftsjahr der BMI waren die Umstellung der Milcherzeugung auf 100 % „Ohne Gentechnik“ sowie die erfolgreiche Einführung der Milchmengenplanung auf Erzeugerebene. Die Führung der BMI sieht in einer fundierten Milchmengenplanung das wichtigste Instrument, um künftig schneller und flexibler auf sich ändernde Markt- und Unternehmenssituationen reagieren zu können.
Deutliches Umsatzplus
Trotz aller Schwierigkeiten stieg der Jahresumsatz der BMi im Vergleich zum Vorjahr um 9 % was einer Summe von zusätzlichen 55 Mio. EUR entspricht. 2019 lieferten zehn Mitglieder ihre Milch an die BMI; insgesamt erfasste die Genossenschaft von eigenen Liefergruppierungen 793 Mio. kg Rohmilch. Inklusive Zukaufs wurden 896 Mio. kg Rohmilch und 2,1 Mrd. kg Molkenrohstoffe in den BMI-Werken angenommen. Am stärksten stieg das Biomilch-Aufkommen mit über 20,1 %.
Dr. Thomas Obersojer: „Wir konnten in allen unseren drei Sparten – Ingredients, Frischprodukte und Käse – wichtige Impulse im Markt setzen und unsere hohe Biokompetenz nutzen.“
Besonders die Sparte Ingredients legte mit einem Plus von 24,7 % stark zu. Ausschlaggebend war hier die hohe Nachfrage nach Bio-Laktose und -Molkederivaten, vor allem von Herstellern von Babynahrung, sowie ein florierendes Auslandsgeschäft mit einer Exportquote von mittlerweile 67,2 %. Einen Dämpfer erhielt dieser Geschäftszweig im zweiten Halbjahr durch einen Nachfrage-Einbruch aus China. Ebenfalls eine wichtige Rolle spielten die Regionalmarken, Frankenland und Thüringer Land, mit einem Plus von 23 %. Das Nachhaltigkeit für die Verbraucher immer wichtiger wird, zeigt sich bei BMI auch in den Absatzzahlen. Die Bio-Milch-Menge stieg allein in Deutschland um 6 % auf 1,2 Mio. t. Auch der Verkauf von Mehrwegglas hat um 38 % zugenommen, was einem Plus von 14,6 Mio. Flaschen entspricht.
Mehr Tierschutz
Einen weiteren wichtigen Schritt in Sachen Tierwohl macht die BMI mit Einführung einer neuen Frischmilch die das Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbundes tragen soll. Die neue Sparte startet zunächst mit zwei Erzeugerbetrieben – Gespräche mit weiteren Betrieben laufen. Zusätzliche Milchsorten mit einem Plus für das Tierwohl sollen dann in Kürze folgen.
Trotz Corona zuversichtlich
Mit einer Exportquote und einem Fokus auf dem Außer-Haus-Konsum wurde die BMI härter als andere von der Corona-Krise getroffen. Der Absatz mit Frischeprodukten und Käse kam zeitweise fast völlig zum Erliegen. Das führte zu einem Preiseinbruch und mehrere Werke hatten kaum noch Aufträge. Auch durch eine erhöhte Nachfrage im LEH konnte dies nur bedingt kompensiert werden. „Bei Produkten wie Trinkmilch, Quark, Reibekäse und Mozzarella sind unsere Anlagen ohnehin gut ausgelastet, sodass wir Mehrabsätze nur eingeschränkt generieren konnten“, erklärte BMI-Vorstand Winfried Meier.
Wichtigstes Ziel war es deshalb, die Produktion aufrechtzuerhalten – natürlich mit verstärkten Hygienemaßnahmen – und den Schaden zu begrenzen und nah am Kunden zu arbeiten. Seit Mitte Mai würden sich die Geschäftsbereiche Frische und Käse zügig erholen. Besonders beim Absatz von ethnischen Produkten der Linie haydi war das sichtbar. „Das sich unser Konzept ausgezahlt hat, hat man in den Dönerbuden gesehen, wo wir relativ Prominent und alleine mit unseren ethnischen Produkten präsent sind. Bei Ayran & Co. lagen wir im Mai bereits wieder auf dem Niveau des hohen Vorjahresabsatzes. Bei anderen Produktgruppen wird es noch einige Zeit dauern, bis wir wieder auf 100 % kommen“, gibt sich Meier vorsichtig optimistisch. Gesamtgeschäftlich gesehen haben ethnische Produkte einen Anteil von einem Drittel des Gesamtumsatzes. Mittlerweile ist der Großteil der Verwaltungsmitarbeiter wieder ins Büro zurückgekehrt. Auch die durch den Landkreis Wittenberg zeitweise verhängte Quarantäne für den Ort Jessen hat die BMI als systemrelevantes Unternehmen gemeistert: So konnte durch gezielte Sofortmaßnahmen die Produktion fortgesetzt und die Auslieferung der Waren zu jedem Zeitpunkt sicherstellt werden. „Wir müssen jetzt wieder in den Vorwärtsgang schalten. Und nun trotzdem unsere Agenda fortsetzen, der Markt wartet nicht auf das Ende von Corona“, sagt Obersojer. Aktuell liegt der Umsatz der Genossenschaft im Vergleich zu 2018 noch um 5 – 10 % Umsatz im Jahresschnitt zurück.
Stefanie Mayr