Keine Alleingänge bei der Hofübergabe – Teil 7
Wer kann mich durch den Hofübergabeprozess gut begleiten und was kann uns helfen? Isidor Schelle, Referent, Unternehmensberater und Mediator erklärt Ihnen in unserer Hofübergabe-Serie, welche Möglichkeiten bei einer Beratung bestehen.
Wie man im Laufe der Ratgeberserie gut erkennen konnte, ist die Nachfolgeregelung ein sehr komplexes und für das Familienunternehmen strategisch wichtiges Thema. Vor allem reicht es für das Gelingen nicht aus, »nur« den Vertrag beim Notar zu beurkunden. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten für diesen Prozess der Generationenfolge an ihrem Platz abgeholt und mitgenommen werden. Mit Abschluss der Notarurkunde sollten alle Beteiligten das Gefühl haben, dass gute Entscheidungen besiegelt worden sind.
Der objektive »Adlerblick«
Damit das gelingt, ist Beratung und Begleitung unerlässlich. Rechts-, Sozial- und Steuerberatung ist für viele selbstverständlich. In vielen Fällen wünschen Betroffene darüber hinaus eine federführende Begleitung und einen objektiven »Adlerblick« von außen, um das Beste für Betrieb und Familie zu erreichen. Der Bayerische Bauernverband versucht aus genannten Gründen den Ansprüchen und Wünschen der Landwirtsfamilien gerecht zu werden. Nicht zuletzt deshalb hat der Verband das Thema Generationenfolge zum Schwerpunktthema in der Beratung gemacht. Fachberater/innen aus ganz Bayern wurden daher intensiv zu Generationenfolgeberatern ausgebildet.
Durch ständige Fortbildung wird der neueste Wissensstand gewährleistet. Sie stehen den Landwirtsfamilien über die jeweilige Geschäftsstelle als Ansprechpartner und Begleiter zur Verfügung. Dabei werden insbesondere den individuellen Bedürfnissen Rechnung getragen. Aus einzelnen Bausteinen kann ein persönliches Paket für den konkreten Bedarf zusammengestellt werden. Hierzu ein kurzer Ausschnitt der wichtigsten Bausteine:
Baustein 1
Der Zivilrechtliche Hofübergabevertrag: Das, was vereinbart werden will, soll rechtlich sicher und klar formuliert werden, um Unsicherheiten und Risiken zu vermeiden. Ob es um den Übergabegegenstand, den Baraustrag, Wartungs- und Pflege oder Sicherungsvereinbarungen geht – entscheidend muss immer sein, was die Beteiligten vereinbaren wollen.
Baustein 2
Sozialrecht und Soziale Absicherung: Konkrete Aussagen über Versicherungs- und Leistungsrecht – ob landwirtschaftliche oder gesetzliche Sozialversicherung – sind für klare Planungen unerlässlich. Risiken in Betrieb und Familien zu kennen und die Möglichkeiten von Absicherungsmaßnahmen anzusehen, kann Existenzen retten, egal ob es um betriebliche Versicherungen oder um private Risiko- und Lebensvorsorge (z.B. Berufsunfähigkeit, Pflegebedürftigkeit, Altersvorsorge) geht.
Baustein 3
Ökonomie & Finanzen: Zu wissen, wie hoch der Bedarf für die Übergeber nach der Übergabe und wie leistungsfähig der Betrieb finanziell ist, ist für eine nachhaltige und dauerhafte Gewährleistung einer Baraustragsleistung unbedingt notwendig. Dabei ist jeder Einzelfall anders gelagert. Darüber hinaus geht es bei der Generationenfolge immer auch um Fragen der weiteren strategischen Entwicklung des Betriebes und damit auch um mögliche Planungs- und Umsetzungsmaßnahmen.
Baustein 4
Ehe- und Erbrecht: Bei der Generationenfolge geht es immer um Fragen der Vermögenssicherung. Ehe- und Erbrechtsfolgen können für Jung und Alt von existenzieller Bedeutung sein. Guter Rat und konsequente Entscheidungen geben Sicherheit. Mit einer Einheirat eines Partners in ein landwirtschaftliches Anwesen bzw. dessen Rolle im Betrieb sind zudem viele Fragen zu besprechen und zu beantworten.
Leitfaden Partnerschaft im Betrieb
Familienmitglieder sind auf einem landwirtschaftlichen Anwesen oft Lebens- und Arbeitspartner. Daraus ergeben sich besondere Herausforderungen. Der Leitfaden des BBV »Partnerschaft im Betrieb« beschäftigt sich mit allen Themen des partnerschaftlichen Miteinanders der Generationen und Partner.
Für alle Lebens- und Arbeitssituationen in Familie und Betrieb, ob Arbeitsstellung im Betrieb, Eheschließung, Trennung, Krankheit, Tod oder alltägliche Lebens- und Arbeitsstationen werden strukturiert in Übersichten aufgezeigt. Der Ratgeber soll mit den praxisnahen Beispielen zu Gesprächen in den Familien anregen, die dargestellten Lösungsbeispiele Ideengeber und Anregung sein. Der Ratgeber ist an allen BBV-Geschäftsstellen für Mitglieder kostenlos erhältlich.
Baustein 5
Die zwischenmenschliche Betrachtung: Interessen und Bedürfnisse und die unterschiedlichen Sichtweisen der Beteiligten wollen diskutiert werden. Eine allparteiliche Person kann zum Gelingen von konstruktiven Gesprächen und Verhandlungen beitragen. Sind intensive Konfliktfelder und Meinungsverschiedenheiten auszutragen, so stehen in jedem Regierungsbezirk in Bayern ausgebildete Mediatoren des BBV zur professionellen Konfliktbegleitung zu Verfügung. Diese haben zum Ziel, am Schluss eine gemeinsam getragene Lösung auf der Grundlage wertschätzender Gespräche und gegenseitiger Achtung zu erzielen, auch wenn in der Vergangenheit kaum noch miteinander kommuniziert wurde.
Baustein 6
Steuerrecht: Keine Übergabe soll und darf ohne steuerrechtliche Beratung und Prüfung der Vertragsentwürfe über die Bühne gehen. Fachleute der BBV-Steuerberatungsgesellschaften bzw. der persönliche Steuerberater stehen hierfür zur Verfügung.
Baustein 7
Vertragsprüfung: Nachdem ein konkreter notarieller Vertragsentwurf steht, ist es hilfreich, noch mal darauf zu schauen, ob alles das, was gewollt ist, auch im Vertrag steht und für die Beteiligten verstanden wird. Damit kann ein Höchstmaß an Zufriedenheit erreicht werden.
Baustein 8
Nachbetrachtung und Folgeberatung: Nach einer Übergabe sind viele Ummeldungen und einige Antragstellungen durchzuführen. Damit nichts vergessen wird, sollte dazu Fachberatung in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus können weitere Fragen aufgrund der konkreten Veränderungen auftauchen. Je nach Fallgestaltung sind Kontaktaufnahmen zu Behörden, zum Beispiel zum Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bezüglich Förderrechts, Landwirtschaftliche Sozialversicherungsträger usw., andere Beratungs- einrichtungen und Bezugspersonen von Bedeutung, um keine finanziellen Verluste einzubüßen. Die Generationenfolgeberater unterstützten bei Fragen und weiteren Wegweisungen.
Dies sind Angebote, die helfen sollen, sich aktiv im Generationenfolgeprozess mit der individuellen Situation auseinanderzusetzen.
Ist eine Abfindung für die Altenteiler betrieblich oder privat?
Möchte sich ein Hofnachfolger aus einzelnen Regelungen eines Hofübergabevertrags befreien, muss er den Altenteiler meist finanziell entschädigen. Der Bundesfinanzhof hat nun geklärt, ob eine solche Zahlung betrieblich oder privat veranlasst ist.
Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser, dachte sich wohl ein Landwirtsehepaar, als die Hofübergabe an den Sohn anstand. Deshalb vereinbarten sie im Übergabevertrag, dass der Sohn den Grund nicht ohne Zustimmung der Eltern verkaufen oder belasten darf. Sollte er dies doch tun, müsse er das Grundstück seinen Eltern wieder zurückübertragen. Später änderten sie den Vertrag dahingehend, dass der Sohn vier einzelne Grundstücke verkaufen durfte. Davon bekamen die Altenteiler einen Teil des Verkaufserlöses.
Der Landwirt setzte in seiner Steuererklärung für 2010 eine Entschädigungszahlung an die Eltern an, die zu einem Verlust aus dem Verkauf führte. Das Finanzamt berücksichtigte jedoch nur einen Teil der Entschädigung. Dagegen klagte der Landwirt. Das Finanzgericht gab dem Landwirt zumindest teilweise recht und ließ den Abzug der Entschädigung als nachträgliche Anschaffungskosten zu.
Zu Unrecht, entschieden die Richter des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 9. Mai 2019). Denn die Zahlung an die Altenteiler war nicht betrieblich, sondern privat bedingt. Die Hofübergabe ist ein privater Vorgang. Deshalb lassen sich damit verbundene Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben abziehen. Die Entschädigungszahlung stand im Zusammenhang mit der Hofübergabe. Denn sie stellte eine zusätzliche Absicherung der Übergeber im Alter dar. Somit handelte es sich hier um eine private Versorgungsleistung.
Der Kläger hatte hier Glück im Unglück. Denn das Finanzamt erlaubte, dass er zumindest einen Teil der Aufwendungen gewinnmindernd nutzen kann, in diesem Fall gilt das Verböserungsverbot. Das bedeutet, dass das Gericht keine höhere Steuer festsetzen darf. Alexander Kimmerle, Ecovis