Die Betriebsübergabe außerfamiliär gestalten – Teil 8
Die Hofnachfolge muss nicht immer innerhalb der Familie vollzogen werden. Viele junge und engagierte Landwirte suchen einen Betrieb für einen Neuanfang. Außerfamiliäre Hofübergaben in der Landwirtschaft sind möglich und notwendig.
Im zehnjährigen Rhythmus erhebt das Statistische Bundesamt Daten im Rahmen der Agrarstrukturzählung, zuletzt 2011. Dabei wird seit den 1990er Jahren aufgezeigt, dass es nur bei rund 30 % der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland eine gesicherte Hofnachfolge gibt. Auch der Agrarbericht der Bundesregierung verdeutlicht, dass das Höfesterben weiter anhält. Seit 2010 haben fast 30 000 Betriebe ihre Tore für immer geschlossen. Die Folgen des agrarischen Strukturwandels sind verbunden mit verschiedensten Konsequenzen für Mensch und Natur. Auf der einen Seite ökologische Probleme (zunehmende Verwaldung, Rückgang der Biodiversität), andererseits eine regionale Destabilisierung mit dem Verlust von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft, aber auch in vor- und nachgelagerten Bereichen. Darüber hinaus kommt es zu Funktionsverlusten und Leerständen ehemals landwirtschaftlich genutzter Gebäude.
Vor allem Nebenerwerbsbetriebe betroffen
Hauptbetroffene von dieser Entwicklung sind oftmals kleine Nebenerwerbsbetriebe, aber verstärkt bewegen sich auch größere Haupterwerbsbetriebe an der Rentabilitätsschwelle in Richtung Einkommens- und Substanzverluste. Es kommt zunehmend zu einer Spaltung der bäuerlichen Gesellschaft in Gewinner und Verlierer. Damit verbunden sind die Vernichtung bäuerlicher Eigentums- und Einkommenswerte durch unprofessionelle Betriebsaufgaben. Aber auch kaum bekannt und nicht erstgenommen werden familiäre und sozialpsychologische Aspekte der betroffenen Landwirtinnen und Landwirte.
Wie bereits oben erwähnt, ist nur bei einem Drittel der Höfe die Hofnachfolge gesichert. Die Sicherheit bei der Hofnachfolge wächst zwar mit der Betriebsgröße: Während bei den Betrieben unter 20 ha lediglich bei 27 % die Hofnachfolge gesichert erscheint, ist dies bei den über 50 ha großen Betrieben immerhin bei 58 % der Fall. In diesen Betrieben wird noch am ehesten ein Einkommen erwirtschaftet, das ein bis zwei Familien ernährt. Umso verwunderlicher ist jedoch, dass gerade in diesen größeren Betrieben die Unklarheit bei der Hofnachfolge am schnellsten angewachsen ist. Hier gibt es zwar relativ mehr Hofnachfolger, doch in keiner anderen Größenklasse ist ihre Zahl in den letzten Jahren so schnell gesunken.
Hofnachfolgermangel gibt es nicht nur in Deutschland
Das ist ein Hinweis darauf, dass ökonomische Gründe durch andere Entscheidungsgründe der Bauernkinder überlagert werden. Wertvorstellungen oder andere Interessen spielen dabei eine Rolle, ob ein Hof übernommen wird oder nicht. Diese Situation ist nicht nur in Deutschland zu beobachten, sondern beispielsweise auch in der Schweiz, Frankreich oder Spanien. Auch hier haben zum Teil über 50 % der Betriebe keine Hofnachfolge, bzw. ist die Hofnachfolge offen.
Die vorgenannte Entwicklung zeichnet ein zunächst deutliches Bild. Dennoch gibt es Hoffnungen, auch in Zukunft verstärkt landwirtschaftliche Betriebe ohne innerfamiliäre Hofnachfolge erhalten zu können.
Außerfamiliäre Hofnachfolge
Es gibt zunehmend Landwirtsfamilien, die ihren Betrieb als Ganzes erhalten und das Land nicht an den Meistbietenden verpachten oder verkaufen möchten. Das Spektrum der Betriebe dabei ist vielfältig. Vom laufenden landwirtschaftlichen Großbetrieb bis hin zum Resthof mit nur noch geringer Flächenausstattung, konventionell wirtschaftende Betriebe oder ökologische. Nicht immer wird die sofortige Übergabe des Betriebes angestrebt, vielfach finden sich auch Betriebe, die schon frühzeitig wissen, dass keine Nachfolger in der Familie vorhanden sind. Diese suchen für eine längere Phase des Übergangs Partner, damit diese sich in den Betrieb einarbeiten und die Altbauern sich zunehmend aus dem Betrieb zurückziehen können. Für die Abgebenden ist das ein elementarer Schritt, denn für diese ist es wichtig, neue Interessen und Aufgaben zu entwickeln, war doch der bisherige Tagesablauf im Wesentlichen durch die landwirtschaftliche Tätigkeit geprägt. Dieser Umgang mit der Hofnachfolge ist nicht unumstritten. Widerspricht er doch der gängigen Vorstellung vom Wachsen und Weichen. Dadurch entstehen auch innerhalb der bäuerlichen Gemeinschaft Konflikte, wenn vermeintlich freiwerdende Flächen doch nicht in Wachstumsbetriebe aufgehen und möglichst vielfältige agrarische Strukturen erhalten bleiben.
Die außerfamiliäre Hofnachfolge kann auf verschiedene Art und Weise geschehen, und zwar durch:
- die Verpachtung des Gesamtbetriebes.
- die Übertragung durch Übergabe- oder Kaufvertrag des Gesamtbetriebes.
- die Erstellung neuer Wirtschaftsgebäude auf einer Parzelle im Eigentum eines außerfamiliären Nachfolgers und Verpachtung der Flächen.
- den Verkauf der Hofstelle mit Gebäude und Option auf Kauf der Restflächen.
- den Verkauf des Betriebes an einen gemeinnützigen Träger und Verpachtung an Existenzgründer.
- die Übertragung des Betriebes an einen gemeinnützigen Träger und Verpachtung an Existenzgründer.
Die genannten Möglichkeiten werden zum Teil auch miteinander kombiniert und/oder in zeitlicher Abfolge realisiert.
Der Übergabevertrag
Der Hofübergabevertrag ist die gebräuchlichste Form des Eigentumswechsels in der Landwirtschaft. Wenig bekannt ist, dass er auch mit Nachfolgern außerhalb der Familie möglich ist. Der Übergabevertrag beurkundet eine Eigentumsübertragung gegen Versorgungsleistungen. Diese sind in der Regel geringer als der Verkehrswert des Hofes, was für viele Übernehmer günstiger ist, jedoch im Fall der Notwendigkeit des Ablösens vorhandener Verbindlichkeiten beim Übergeber diese Form der Übertragung erheblich erschwert. Der Hofübergabevertrag kann zwischen Fremden in ähnlicher Weise wie innerhalb der Familie vereinbart werden.
Für die Ausgestaltung eines Vertrages ist in jedem Fall juristische Hilfe unerlässlich, Musterverträge oder die Übernahme des Vertrages des Nachbarn, bei dem »auch alles gut geklappt hat«, sind ungeeignet. Hilfestellungen bieten dabei die Juristen des Berufsstandes oder Fachanwälte für Agrarrecht.
Darüber hinaus sind im Falle einer außerfamiliären Hofübergabe viele Fragen zu beantworten, die sich auch bei einer Übergabe in der Familie stellen und zunächst auch ohne Rechtsanwalt besprochen werden können:
- Sollen die Altenteiler am Hof wohnen oder außerhalb?
- Wie hoch muss und kann die Rentenzahlung angesichts der Teilsicherung im Rahmen der landwirtschaftlichen Alterssicherung einerseits und der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Hofes andererseits sein?
- Muss die Rente durch eine Grundschuld abgesichert werden? Was bedeutet das für künftige Darlehensfinanzierungen?
Die Versorgungsleistung an die abgebende Generation erfolgt als Rentenzahlung oder dauernde Last. Der Hofübernehmer kann Aufwendungen aus einer dauernden Last als Betriebsausgabe steuerlich geltend machen. Bei Rentenzahlungen ist dies nicht möglich. Für die Übergebenden hat die Rentenzahlung den Vorteil, dass sie fest vereinbarter Vertragsbestandteil ist üblicherweise mit einer Anpassung an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten. Die dauernde Last ist dagegen von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Übernehmenden abhängig.
Neben diesen Versorgungsleistungen ist schließlich zu beachten, dass für Schenkungen, insbesondere unter Fremden, in der Regel Schenkungssteuern anfallen. Bei Kaufverträgen geht das Finanzamt regelmäßig von einer entgeltlichen Übertragung aus, sodass der Freibetrag nach Erbschaftssteuergesetz keine Anwendung findet. Bei Übergabeverträgen oder ähnlichen Übertragungen ist der Wert eines eventuellen Schenkungsanteils jeweils zu ermitteln.
Erben einbeziehen
In jedem Fall sollten die Erben in die vorbereitenden Gespräche einbezogen werden und der Übergabe außerhalb der Familie zustimmen, nicht zuletzt weil die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen die Übergabe des Hofes gefährden kann. Dies erfolgt durch einen auf diesen Vorgang beschränkten Pflichtteilsverzicht, der -wie der Übergabevertrag- der notariellen Beurkundung bedarf.
Wie in der Familie kann auch unter Nichtverwandten eine gleitende Hofübergabe durch Verpachtung, Abschluss eines Arbeits- oder Gesellschaftsvertrages oder Nießbrauchvorbehalt vereinbart werden. Bei der Gestaltung ergeben sich ähnliche Gesichtspunkte wie in der Familie.
Gemeinsame Bewirtschaftung
Neben den genannten Optionen gibt es auch die Möglichkeit oder die Notwendigkeit, den Betrieb zusammen mit dem Nachfolger eine Zeit lang gemeinsam zu bewirtschaften. Dies trifft vor allem für die Betriebsleiter zu, die frühzeitig vor Erreichen der Altersgrenze einen außerfamiliären Nachfolger gesucht und gefunden haben. Aber auch mit dem Altenteiler, der bereits die Altersgrenze erreicht hat, gibt es Möglichkeiten einer Zusammenarbeit. Bei einer Zusammenarbeit mit dem Nachfolger ist neben der Regelung von Verantwortlichkeiten vor allem die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes ein entscheidender Faktor. Sie sollten überprüfen, ob es für den Betrieb leistbar ist, eine zweite Person oder eine zweite Familie wirtschaftlich zu tragen -zumindest für eine Zeit des Überganges. Sollte dies nicht möglich sein, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die wirtschaftliche Basis des Betriebes auszubauen, beispielsweise durch Intensivierung der bisherigen Betriebszweige oder weitere Diversifizierungsmöglichkeiten, die kurzfristig generierbar sind. Sie sollten auf jeden Fall die Hilfe eines Beraters in Anspruch nehmen, der Ihnen hier geeignete Wege aufzeigen oder Hilfestellungen geben kann.
Verpachtung des Betriebes
Grundsätzlich kann ein Betrieb auch pachtweise übergeben und auf diese Weise fortgeführt werden. Wichtig ist dabei für beide Seiten, also Abgebende und Übernehmer, eine langfristige Perspektive. Aus Sicht der Nachfolger ist die Pacht von Höfen – insbesondere von privaten Verpächtern – nicht unproblematisch. In vielen Fällen werden keine langfristigen Pachtverträge abgeschlossen. Infolge fehlender lanfristiger Perspektive bleiben dann notwendige Investitionen aus. Schwer einzuschätzen ist insbesondere das Verhalten der Erben des Verpächters. Staatsdomänen, Kirchengüter etc. bieten aufgrund langfristiger Pachtverträge häufig bessere Perspektiven.
Länge des Pachtverhältnisses
Sinnvoll kann dagegen für Familienbetriebe ein kurzes Pachtverhältnis für eine begrenzte Übergangszeit sein, zum Beispiel im Vorfeld einer Hofübergabe. Eine ausreichende Grundlage für eine erfolgreiche Betriebsentwicklung bietet eine Pachtdauer von mindestens 20 Jahren – als Richtschnur dient die Abschreibung langfristiger Investitionen, im günstigsten Fall bis die Pächter das Rentenalter erreichen. Diese Langfristigkeit bietet nicht nur Sicherheit für den Pächter, sondern ist häufig auch Voraussetzung für den Zugang zu Krediten. Zudem ist eine praktikable und faire Vereinbarung für Gebäudeerhalt und Gebäudeinvestitionen zu treffen. Zu berücksichtigen ist, dass die Pächter kein Eigentum erwerben, aus dem sie im Alter ein Einkommen erzielen. Eine eigenständige Altersvorsorge ist daher dringend erforderlich. Die Pacht dient – wie bei der Hofübergabe die Rentenzahlung – häufig der Ergänzung der Altersversorgung der Verpächter. Vor diesem Hintergrund spielt die Verlässlichkeit der Pachtzahlung eine wesentliche Rolle.
Im nächsten Teil lesen Sie, welche weiteren außerfamiliären Gestaltungsmöglichkeiten es gibt, wie die Suche nach einem außerfamiliären Nachfolger gelingt, wie Sie gut durch den Prozess der Übergabe navigieren und wo Sie Hilfe und Unterstützung bekommen.
Dipl.-Ing. agr. Christian Vieth
Das Portal Hof sucht Bauer
Hof sucht Bauer ist weit mehr als ein Internetportal. Die Initiative bietet partnerschaftliche Beratung und Informationen zur Hofnachfolge und Existenzgründung in der Landwirtschaft. Die Motivation für die Gründung und Weiterentwicklung von Hof sucht Bauer ist auf der einen Seite die ungesicherte Hofnachfolge von zwei Dritteln aller landwirtschaftlichen Betriebe. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche junge ausgebildete Landwirte ohne Hof, die den Einstieg in die praktische Landwirtschaft wagen möchten.
Die Stiftung Agrarkultur leben gGmbH, Trägerin der Initiative, bietet damit potenziellen Existenzgründern und Landwirten ohne innerfamiliäre Hofnachfolge eine gezielte Hilfe. Hier können sie sich über die wichtigsten Knackpunkte informieren: Finanzierung, Rechts- formen etc. Die Internetplattform bietet detaillierte Informationen von der Erstellung eines Geschäftsplanes über Fördermöglichkeiten bis hin zur Darstellung sozialer Prozesse bei der Hofübergabe. Natürlich finden auch Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter, die ihren Hof innerhalb der Familie übergeben möchten, Tipps für eine gelungene Hofübergabe.
Neben dem Informationsangebot bietet die Internetplattform auch eine Hofbörse. Hier finden sich Hofangebote unterschiedlichster Art: Angefangen vom zum Verkauf stehenden Resthof bis hin zu laufenden landwirtschaftlichen Betrieben, die per Hofübergabevertrag außerhalb der Familie übergeben werden sollen oder bei denen für den Übergang eine gemeinsame Bewirtschaftung angestrebt wird.
Darüber hinaus gibt es eine Rubrik »Hofsuchende« in der sich potenzielle Existenzgründer vorstellen können. Hof sucht Bauer versteht sich nicht als Immobilienbörse, denn bei vielen der Angebote sollen ganze Lebenswerke in jüngere Hände gelegt werden. Bei einigen Angeboten kann man direkt mit dem Anbieter in Kontakt treten, andere erfordern eine Kontaktaufnahme durch ein Motivationsschreiben. Letzteres ermöglicht sowohl Anbietern als auch Suchenden Schutz vor Kontakten durch Dritte, zum Beispiel Immobilienmaklern.
Viele der Betriebe nutzen eine einzelbetriebliche Beratung vor Ort. Durch ein kompetentes Netzwerk von unterschiedlichen Beratern können die landwirtschaftlichen Betriebe von A-Z durch eine inner- und außerfamiliäre Hofübergabe begleitet werden.
Kontakt
Stiftung Agrarkultur leben gGmbH
Weingasse 10
36199 Rotenburg an der Fulda
Telefon: 06623/9157-380
E-Mail: info@hofsuchtbauer.de
Internet: www.hofsuchtbauer.de
Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. agr. Christian Vieth