Bhutan möchte vom Allgäu lernen
Im Königreich Bhutan in Südasien sind Milch und Käse feste Bestandteile der heimischen Küche. Viele Familien halten dort ein oder zwei Kühe für die Selbstversorgung. Doch der Bedarf an Milcherzeugnissen wächst in Bhutan stetig. Um diesem Bedarf nachkommen zu können, soll die Milchwirtschaft ausgebaut werden. Wie das modern und zugleich ökologisch gelingen kann, hat sich jetzt der bhutanische Landwirtschaftsministers Lyonpo Yeshey Penjor im Oberallgäu angesehen. Er folgte einer Einladung der Europaabgeordneten Ulrike Müller, die im Europaparlament unter anderem auch Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) ist.
Begleitet wurde der bhutanische Landwirtschaftsminister von Mitarbeitenden seines Ministeriums, darunter die Leiterin der Abteilung für Agrarmarketing und Genossenschaften, sowie ein Tierarzt, der gleichzeitig das bhutanische Landwirtschaftsministerium im Bereich Viehzucht berät. Bei dem dreitägigen Besuch standen zahlreichen Stationen auf dem Programm. Eine davon war der Spitalhof Kempten, der Ausbildungsstätte für die Milchviehhaltung im Allgäu. Hier ging es vor allem um die Gesundheit von Milchkühen. Der bhutanische Tierarzt Dr. Timsina Prasad erklärte, dass bei einer umgreifenden Krankheit unter den Tieren die Milchproduktion ins Stocken gerate und damit die Versorgung der Bevölkerung mit Milchprodukten gefährdet werde, da es insgesamt nur sehr wenig Milchkühe in Bhutan gebe. Dr. Ulrike Sorge, Fachabteilungsleiterin Eutergesundheitsdienst beim Tiergesundheitsdienst Bayern, gab für die Gäste wertvolle Hinweise, wie Milchkühe gesund bleiben.
Milch- und Käseproduktion im Fokus
Auf Wunsch von Landwirtschaftsminister Penjor besuchte die Delegation auch die Molkereifachschule in Kempten, um zu erfahren, wie Milch haltbar gemacht werden kann.
Beeindruckt zeigten sich die Besucher auch vom Besuch der Bergalpe Mitterhaus im Retterschwanger Tal bei Bad Hindelang. Die Milchkühe, die Alpwirt Benedikt Beßler dort hält, weiden – ähnlich wie die Kühe in Bhutan – auf unwegsamen und steilen Hängen. Beßler, selbst studierter Landwirt und auch Käser, erklärte der Delegation, wie er den Käse produziert und vermarktet. Für die bhutanische Delegation war hier besonders die Qualitätssicherung interessant, denn in Bhutan sei die Bakterienbildung bei der Käseherstellung eine große Herausforderung.
Wie eine größere Käserei handwerklich und wirtschaftlich erfolgreich arbeitet, war zentrales Thema in der Allgäuer Bergkäserei Diepolz. Hier werden täglich rund 3500 kg Heumilch von aktuell sieben regionalen Landwirten verarbeitet. Für die Delegation besonders erkenntnisreich waren die Erklärungen von Käsermeister Matthias Basler. Denn er machte deutlich, warum Lab bei der Käseproduktion eine wichtige Rolle spiele und welchen Einfluss Rotschmiere auf den Käsegeschmack habe.
Landwirtschaftsminister Penjor zeigte sich nach den drei Tagen beeindruckt: „Für mich war es lehrreich zu sehen, wie die Landwirte hier kooperieren, um wirtschaftlich zu arbeiten. Ebenso war es hilfreich zu erfahren, wie wir in Bhutan unsere landwirtschaftlichen Produkte entwickeln können, sodass es uns gelingt, zum einen gesundheitlich unbedenkliche Lebensmittel auf den Markt zu bringen und zum anderen profitabel wirtschaften zu können.“
Müller erklärte abschließend: „Wir wollten Sie nicht belehren, sondern Ihnen unsere Best-Practice Beispiele zeigen. Denn Sie sollen nicht die gleichen Fehler machen, wie wir sie in der Vergangenheit gemacht haben.“