Melkstand raus – M2erlin rein
Melkroboter erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Auch auf dem Hof der Familie Dirn-ecker im oberbayerischen Landkreis Rosenheim durfte im Sommer 2020 ein M2erlin der Firma Lemmer-Fullwood einziehen. Der alte Melkstand war schnell vergessen, die Kühe problemlos an den neuen Mitarbeiter gewöhnt. Ein Erfahrungsbericht.
Im idyllischen Landkreis Rosenheim bewirtschaftet Familie Dirnecker einen Milchviehbetrieb mit 50 Kühen plus Nachzucht der Rasse Fleckvieh. Viele Jahre wurde mit einem Doppel-3er Tandem-Melkstand gemolken, bis im Jahr 2020 die Entscheidung fiel, den alten Melkstand durch einen Melkroboter zu ersetzen. Die Wahl fiel auf den M2erlin der Firma Lemmer-Fullwood.
»Wir haben uns in erster Linie aus arbeitswirtschaftlichen Gründen für den Umstieg entschieden. So können die Milchviehhaltung und die anderen Betriebszweige des Betriebes, wie der Hofladen und das Hofcafé, gut kombiniert werden«, erklärt Frau Dirnecker. Um dabei die vorhandenen Stallkapazitäten bestmöglich auszuschöpfen, sollte der neue M2erlin in den alten Melkstand integriert werden. Durch die kompakten Abmessungen sowie die Flexibilität der Maschine, war die Platzierung im vorhandenen Melkstand problemlos möglich. Knapp 14 Tage dauerte der Umbau. Der Übergang klappte reibungslos – wurde in der Früh noch im alten Melkstand gemolken, war am Abend bereits der Roboter in Betrieb.
Melkvorgang
Steht man direkt im alten Melkstand, kann man dem M2erlin bei der Arbeit zuschauen. Ruhig und gelassen gehen die Kühe nacheinander zum Melken. Zur individuellen Erkennung tragen die Tiere ein Pedometer. Dieses liefert zusätzlich Aktivitätsdaten, die zum Beispiel für die Brunsterkennung genutzt werden können. Vor dem Melken werden die Zitzen schonend mit drehenden Bürsten und Wasser gereinigt, anschließend das Melkzeug angesetzt. Die genaue Positionserfassung der einzelnen Zitzen erfolgt mit einem präzisen 3D-Laser-Scanner. Dadurch wird eine höhere Ansetzrate bei Kühen mit problematischen Euterformen und Zitzenstellungen erwirkt.
Der M2erlin erfasst automatisch die Milchmenge sowie den Milchfluss und kann so jedes Viertel getrennt melken. Das viertelindividuelle Melken verhindert nicht nur ein Blindmelken, sondern schont gleichzeitig das Euter und beugt Eutererkrankungen vor. Nach Abnahme der Melkbecher wird jeder Becher außen und innen gereinigt, bevor die nächste Kuh den Melkstand betritt. Das Geheimnis, warum wir uns normal unterhalten können, während neben uns der Melkroboter arbeitet, liegt im elektrischen Antrieb des gesamten Ansetzsystems, der einen nahezu geräuscharmen Roboterbetrieb ermöglicht. Auch auf das FULLWOOD Load-Sensing-System, das die Technik vor Schäden durch Schlageinwirkung schützt, weist er hin. Apropos Schlagwirkung: Tritt die Kuh einen Melkbecher ab, muss der Merlin nicht das komplette Melkzeug ansetzen, sondern kann jeden Zitzenbecher einzeln wieder ansetzen.
Einmelken klappte problemlos
Durch die Unterstützung der Firma Lemmer-Fullwood klappte die Umstellung reibungslos. Über 48 Stunden waren die Servicemitarbeiter vor Ort und begleiteten die Familie beim Einstieg in das neue System. »Mit der Firma Baumgartner haben wir einen sehr kompetenten Ansprechpartner in der Region, der uns bei Fragen mit Rat und Tat zur Seite steht«, berichtet die Landwirtin.
Nahezu 24 h im Dienst
24/7 durchlaufen, das schafft nicht mal der M2erlin. Also steht der Roboter zweimal am Tag still und reinigt sich einmal komplett. Hier greift Lemmer-Fullwood auf die bewährte BWAC Kochendwasser-Reinigung zurück. Pro Reinigungsvorgang werden nur ca. 8 Minuten beansprucht, um das gesamte System bis zum Kühltank gründlich zu reinigen und zu desinfizieren. Das spart nicht nur Zeit und Energie, sondern ermöglicht auch ein größeres Zeitfenster für die Nettomelkzeit.
Arbeitszeiten sind flexibler
»Die Arbeitswirtschaft ist ganz anders, da man nicht an feste Melkzeiten gebunden ist«, berichtet Frau Dirnecker. Die Frage, ob das Klischee stimme, dass man keine Zeit mehr im Stall, dafür umso mehr im Büro sitze, verneint sie lachend. »Nein, der Kuh-Kontakt gehe nicht verloren, denn die täglichen Arbeiten im Stall müssen trotzdem erledigt werden.« Aber auch da schafft der Roboter Erleichterung. Denn der Kuhverkehr lässt sich automatisch mit dem Fullwood Dual Ein/Dual Aus System der Roboterbox steuern. Einzelne Kühe können über den vorderen oder seitlichen Ausgang separiert und zur individuellen Behandlung in einen abgetrennten Bereich umgeleitet werden.
Bis auf kleinere Routinearbeiten, wie Milchfilter wechseln, arbeitet der M2erlin komplett selbstständig. Falls doch mal was sein sollte, schlägt der M2erlin Alarm und die Dirneckers erhalten eine Nachricht auf dem Handy. »Dass wir mal eine Meldung aufs Handy bekommen, kommt allerdings sehr selten vor«, berichtet der Junior. Und meistens seien das nur Kleinigkeiten, die schnell behoben sind. Bei größeren Problemen steht der Servicepartner 365 Tage/24h per Telefonsupport oder falls notwendig vor Ort zur Verfügung.
Alles unter Kontrolle
Mit serienmäßiger Ausstattung der automatisierten Tierbeobachtung vom M²erlin, werden Milchmenge, Produktionsraten, Kurvenverlauf, Vitalität, Leitfähigkeit, Ruhezeiten, Fett, Eiweiß und Laktose von jeder Kuh bei jeder Melkung automatisch erfasst und ausgewertet. Einmalig ist beim M²erlin auch die automatisierte Ketoseerkennung, die sowohl klinische als auch subklinische Ketosen kennt. Die Daten lassen sich über Smartphone, Tablet, Desktop-PC wie auch Touchscreen am Roboter steuern und überwachen. Individuell kann der Landwirt im System Kühe markieren, deren Milch in separate Kannen gemolken werden soll. Auch ein Milchprobennehmer lässt sich integrieren, der automatisch Milchproben zieht, die wiederum mit der Milchleistungsprüfung kombinierbar sind.
Ob ein Melkroboter grundsätzlich zu einem passt oder nicht, hängt letztendlich vom Betrieb und vom individuellen Betriebsmanagement ab. Der Umstieg vom konventionellen zum automatischen Melken sollte im Vorfeld gut durchdacht und beraten sowie konsequent geplant und kalkuliert werden. Für Frau Dirnecker steht jedoch fest: »Der Melkroboter war die beste Entscheidung. Rückblickend fragen wir uns immer, warum wir den Umbau nicht schon viel früher gewagt haben!«
Anja Gain