Eutergesundheit im Blick

14. November 2023

Die Eutergesundheit spielt in einem Milchviehbetrieb eine ganz entscheidende Rolle. Sie beeinflusst nicht nur direkt die Qualität des Lebensmittels Milch, sondern auch den finanziellen Ertrag, der erwirtschaftet werden kann.

Der Melkvorgang muss schonend stattfinden, das Euter aber auch ausreichend ausgemolken werden. Agrarfoto

Die Haupterkrankung im Bereich der Eutergesundheitsstörungen ist die Euterentzündung oder Mastitis. Verletzungen des Euters (z.B. durch Hornstöße) oder aber Zitzenverletzungen treten deutlich dahinter zurück. Gelegentlich spielen Infektionen der Euter- bzw. Zitzenhaut eine Rolle, da dann das Melken für die Kühe unangenehm und schmerzhaft ist. Euterentzündungen sind Faktorenerkrankungen. Sie entstehen immer dann, wenn es zu einem Ungleichgewicht zwischen körpereigener Abwehr und Infektionsdruck kommt. Eine starke Abwehr hat eine Kuh nur dann, wenn sie nicht an anderen Erkrankungen leidet, ihrem Bedarf entsprechend gefüttert wird und keinem dauerhaften Stress ausgesetzt ist. Der Melkvorgang muss schonend stattfinden, das Euter aber auch ausreichend ausmelken. Euterentzündungen werden in der Regel durch von außen eindringende Bakterien verursacht, seltener durch Hefen oder in Einzelfällen Algen.

Ein geringer Keimdruck wird erreicht durch eine gute Betriebshygiene (Laufgänge, Liegeboxen, Melkzeuge, Melkerhände) und eine angemessene Belegdichte. Im Betrieb vorhandene Trägertiere können ein Keimreservoir darstellen.

Schwächende Faktoren

Faktoren, die die Abwehr schwächen können, sind häufig Stoffwechselerkrankungen, Hitzestress, Lahmheiten oder auch sozialer Stress und Hormonschwankungen (Brunst). Um ein stabiles Gleichgewicht zu erreichen, gibt es einige Faktoren, die als Kontrollpunkte am Tier für den Landwirt einfach zu beobachten sind und eine hohe Aussagekraft im Hinblick auf die Eutergesundheit haben.

Bei Euterentzündungen steigt der Zellgehalt durch den höheren Anteil an Entzündungszellen an, die zur Abwehr einer Infektion oder beim Abbau einer Verletzung auftreten. Bei einem gesunden Euter liegt der Zellgehalt bei unter 50 000 Zellen. Schon bei einer Überschreitung dieser 50 000 Zellen treten erste Minderleistungen auf. Bei einem Milchzellgehalt von 300 000 Zellen ist von einer Minderleistung von 7 % auszugehen. Kühe mit erhöhtem Zellgehalt schöpfen also täglich ihr Leistungspotenzial nicht vollständig aus!
Die Anzeichen einer schweren Euterentzündung erkennt vermutlich jeder Landwirt sofort: Das Euter ist geschwollen und gerötet, das Milchsekret verändert, das Allgemeinbefinden der Kuh mehr oder weniger stark beeinträchtigt. Alle Euterentzündungen, die man ohne weiteres am Tier erkennen kann, werden als klinische Euterentzündungen bezeichnet. Euterentzündungen, bei denen keine direkten Veränderungen wahrnehmbar sind, werden als subklinische Euterentzündungen bezeichnet. Sie zeigen sich durch einen erhöhten Milchzellgehalt und können in eine klinische Euterentzündung übergehen oder als Folge einer klinischen Mastitis im Euter bestehen bleiben.

Den Tierarzt hinzuziehen

Klinische Euterentzündungen, die mit einem gestörten Allgemeinbefinden des Tieres einhergehen, sollten auf jeden Fall dem Tierarzt vorgestellt werden. Euterentzündungen sind höchst schmerzhaft. Sobald eine mittelgradige Euterentzündung vorliegt, sollte deshalb nicht nur ein Antibiotikum, sondern auch ein Schmerzmittel verabreicht werden (siehe Schmerzmanagement).

Keime, die von Kuh zu Kuh übertragen werden und sich außerhalb des Euters kaum vermehren können, werden als kuhassoziierte Keime bezeichnet. Keime, die sich in der Umgebung befinden und zu Euterentzündungen führen, werden als umgebungsassoziierte Keime bezeichnet. Je nachdem, in welche Gruppe ein Keim gehört, unterscheidet sich der Schwerpunkt der Bekämpfungsmaßnahmen. Natürlich bedeutet das nicht, dass die Hygiene in anderen Bereichen dann nebensächlich ist!
Bei Eutergesundheitsproblemen ist es wichtig, den Leitkeim der Herde zu ermitteln. Deshalb ist es sinnvoll, in jedem Fall Milchproben zu untersuchen, bei Herdenproblemen in Abhängigkeit von der Größe der Herde von mindestens 10 bis 20 % der Tiere. Je nachdem, ob der Leitkeim eher zur Gruppe der kuh- oder zur Gruppe der umweltassoziierten Keime gehört, gestaltet sich der Schwerpunkt der Bekämpfungsstrategie unterschiedlich. Zudem unterscheidet sich der optimale Behandlungszeitpunkt von Keim zu Keim. Auch bei schweren Euterentzündungen sollte eine Milchprobe vor der Behandlung entnommen werden. Natürlich wird mit der Behandlung nicht so lange abgewartet, bis das Ergebnis vorliegt, jedoch kann bei Therapieversagen gezielt die Therapie umgestellt und das akute Geschehen im Hinblick auf die Herdengesundheit bewertet werden.

Auszug aus: »Die Sprache der Kuh«

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