Euterentzündungen verringern
Gerade bei den subklinischen Euterentzündungen lautet das Ergebnis einer Milchprobenuntersuchung häufig Staphylococcus (S.) aureus. In den vergangenen fünf Jahren wurde
S. aureus bei jeder vierten subklinischen Mastitis mit Erregernachweis gefunden, die im Milchlabor des TGD Bayern e.V. untersucht wurde. Grund genug, diesen Erreger einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
S. aureus ist in hohem Maß an das Kuheuter angepasst, besiedelt aber auch Haut und Schleimhäute von Kuh und Mensch. Somit findet er sich auch auf der Zitzenhaut und an nahezu allen anderen Körperteilen einer Kuh sowie an Melkerhänden und in Melkernasen, wobei diese Besiedelung meist ohne jegliche Symptome bleibt. Darüber hinaus wurde S. aureus bereits an und in jeglichem Melkequipment (z.B. Zitzenbecher, Vormelkbecher) nachgewiesen, in Boxeneinstreu und Futter gefunden und sogar aus der Stallluft isoliert. Ihn komplett aus einem Kuhstall zu verbannen, erscheint daher kaum möglich. Da Diagnostik und Behandlung immer einen Schritt hinter der Neuinfektion hinterherhinken werden, muss das oberste Ziel im Kampf gegen S. aureus sein, durch melkhygienische Maßnahmen die Übertragung des Erregers auf gesunde Kühe zu verhindern.
Das Tragen von Einmalhandschuhen und die strikte Verwendung eines neuen Tuchs für jedes Kuheuter sind grundsätzlich in allen Beständen zu befürworten. Im Gegensatz zu (häufig rauen) Melkerhänden ist die Handschuhoberfläche glatt und stellt wenig Anhaftmöglichkeiten für S. aureus dar.
Melkreihenfolge beachten
Eine besonders effektive Methode, um die Neuinfektion gesunder Tiere zu verhindern, stellt die Einführung einer Melkreihenfolge (gesunde Tiere zuerst, infizierte Tiere zuletzt) dar. Sie eignet sich insbesondere für Bestände mit Anbindehaltung. Doch auch in manchen Laufställen ist die Bildung einer S. aureus-Gruppe, die nach den anderen Tieren gemolken wird, möglich. Voraussetzung für diese Maßnahme ist jedoch, dass S. aureus-Tiere als solche bekannt sind. Daher sollten insbesondere in Problembeständen aseptisch gezogene, also von Umgebungskeimen freie, Viertelge-melksproben aller laktierenden Tiere untersucht werden. Zum Zeitpunkt der Untersuchung trockenstehende Kühe bzw. Färsen sollten nach der Abkalbung zeitig nachbeprobt werden. Bei Betrieben mit Tierzukauf sollte daran gedacht werden, neu eingestallte Tiere möglichst schnell (im Optimalfall noch im Herkunftsbetrieb) zu beproben, damit S. aureus nicht mit diesen Tieren in den eigenen Bestand geholt wird.
Infizierte Tiere markieren
Eine Markierung von positiv auf den Erreger getesteten Tieren (z.B. durch ein Fesselband) hilft allen Melkern, S. aureus-Tiere sicher zu erkennen. Zu den weiteren Maßnahmen zur Einschränkung der Erregerübertragung gehören die Vermeidung von Blindmelken zu Beginn oder Ende des Melkens, die Zitzendesinfektion nach dem Melken sowie die Zwischendesinfektion der Melkzeuge.
Blindmelken verhindert die gute Durchblutung der Zitzen und beeinträchtigt damit die Gesundheit der Zitzen(schleim)-haut, die als natürliche Barriere gegen S. aureus wirkt. Zudem kommt es aufgrund des niedrigen Milchflusses ggf. zum »Umkehrvakuum«, wodurch erregerhaltige Milch aus dem Zitzenbecher bzw. von der Zitzenhaut in die Zitzenzisterne gezogen wird. Dies alles belastet das Immunsystem der Kuh unnötig.
Erreger durch Dippen minimieren
Das Zitzendippen nach dem Melken mit einem als Tierarzneimittel zugelassenen Zitzendesinfektionsmittel (mit Pflegekomponente) reduziert die Erregerlast auf der Zitze. Damit wird das Infektionsrisiko beim nächsten Melken reduziert. Eine aktuelle Studie des TGD Bayern e.V. zeigt, dass Herden, die dippen, deutlich weniger S. aureus-Infektionen haben als solche, die nicht dippen, und bestätigt damit frühere Untersuchungen. Ein täglich gereinigter Dippbecher und ein wirksames Desinfektionsmittel sind jedoch Grundvoraussetzung hierfür. Zudem kann die Zwischendesinfektion der Melkzeuge die direkte Weiterverbreitung des Erregers auf die nachfolgende(n) Kuh/Kühe verhindern. Ob diese nun automatisch mithilfe von Heißdampf bzw. Peressigsäure oder manuell mithilfe eines Blumensprühers erfolgt – das Prinzip bleibt das gleiche.
Fliegen als Überträger
Neben den aufgeführten melkhygienischen Maßnahmen gilt es insbesondere bei Problemen mit S. aureus, zwei weitere Punkte im Blick zu behalten: eine mögliche Erregerübertragung durch Fliegen sowie durch das gegenseitige Besaugen der Zitzen. Abgesehen davon, dass Fliegen lästig sind und Unruhe in den Bestand bringen, können sie S. aureus übertragen. Der zweite Punkt, das Besaugen, ist in reinen Holsteinbeständen kaum bekannt. Beim Fleckvieh wird es dagegen häufig gesehen. Die (z.T. nicht erkennbaren) Hautverletzungen, die dabei an den Zitzen des angesaugten Tieres gesetzt werden, erleichtern eine Besiedelung der Zitzenhaut durch S. aureus (und andere Erreger).
Erreger haften sich an Tonsillen an
Dieser ist dann sogar in der Lage, während der Zwischenmelkzeit aktiv durch den Strichkanal ins Zitzeninnere einzuwandern und dort eine Infektion zu verursachen. Es wird vermutet, dass es
S. aureus noch leichter gelingt, in die Zitze zu kommen, wenn das saugende Tier den Erreger auf den Halsmandeln (Tonsillen) trägt. S. aureus kann dann direkt von den Mandeln an bzw. in das Euter gelangen. Die Besiedelung der Tonsillen mit S. aureus steht dabei in engem Zusammenhang mit dem Vertränken S. aureus-haltiger Milch an Kälber. S. aureus kann sich vermutlich an den Tonsillen anhaften und diese jahrelang besiedeln, ohne Symptome hervorzurufen. Beim Besaugen gelangt er dann in das Euter eines anderen Tieres. Dagegen gibt es bislang keine Beweise dafür, dass S. aureus bei Kälbern, die mit erregerhaltiger Milch getränkt werden, aktiv aus dem Darm ins spätere Euter wandert.
Mit Erfolg therapieren
Da S. aureus dazu neigt, sich im Eutergewebe zu verkapseln, gestaltet sich die Therapie insbesondere bei länger infizierten Tieren schwierig. Eine Laktationstherapie sollte daher auf akute Mastitiden, infizierte Färsen und frisch infizierte Tiere beschränkt sein. In allen anderen Fällen bietet sich eine Trockenstehbehandlung an, deren Erfolg jedoch durch erneute Einsendung von Viertelgemelksproben nach dem Abkalben zu überprüfen ist. Im Falle eines erneuten S. aureus-Nachweises sollten betroffene Tiere nicht mehr besamt werden. Das Entfernen solcher chronisch infizierten Tiere ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg im Kampf gegen S. aureus. Auch wenn die Merzung dieser Tiere nicht leichtfällt, da sie häufig nur moderate Zellzahlerhöhungen haben und ansonsten stabil sind, reduziert das den Erregerdruck im Bestand erheblich. Wichtig ist zudem zu beachten, dass S. aureus nicht immer konstant mit der Milch ausgeschieden wird. So kann die ausgeschiedene Erregermenge unter der Nachweisgrenze sein. Daher sollten bei Tieren mit einem S. aureus-Verdacht oder zur Therapiekontrolle immer zwei Proben 1-2 Wochen versetzt gezogen werden, um das Risiko falsch-negativer Ergebnisse zu minieren.
Ulrike Sorge,
K. Schierling,
Tiergesundheitsdienst Bayern