Blauzungenkrankheit: Jetzt gegen nächste Infektionswelle wappnen
Jüngst veröffentlichte die AbL ein gemeinsam mit Tierhalter:innen erarbeitetes Positionspapier zum Umgang mit der Blauzungenkrankheit. Darin sind Vorschläge zur Unterstützung der Tierhalter und für den Schutz der Tiere enthalten, die von Bund und Ländern, Forschung und Tierseuchenkasse umzusetzen sind.
AbL-Schafhalter Holger Hellwig aus Rheinland-Pfalz sagt: „Die betroffenen Halter:innen von Wiederkäuern befinden sich angesichts des aktuellen Tierseuchengeschehens in einer sehr schwierigen Situation. Neben den Tierverlusten laufen zeitliche Mehrbelastung, Tierarztkosten, Tierkörperbeseitigungskosten sowie Folgekosten durch Leistungsabfall, Aborte und Unfruchtbarkeit sowie Kosten für die Impfung auf. Die verschiedenen Serotypen des Blauzungevirus werden absehbar in den nächsten Jahren weiterhin hohe gesundheitliche Risiken für die Wiederkäuer und wirtschaftliche Belastungen für deren Halter bringen.“
Kirsten Wosnitza, Milchviehhalterin aus Schleswig-Holstein, führt weiter aus: „Der einzige bekannte Schutz besteht derzeit in der Impfung der Tierbestände. Wir fordern die Bundesregierung auf, in Koordination mit den EU-Mitgliedstaaten die frühzeitige Entwicklung und Produktion der Impfstoffe auch gegen jüngst neu auftretenden Serotypen voranzubringen. Verfügbarkeit und Wirksamkeit der Impfstoffe müssen aus Sicht der Tierhalterinnen und Tierhalter noch verbessert werden.“
Gleichzeitig sei von Bundesländern und zuständigen Bundesinstituten ein risikoorientiertes Frühwarnsystem des Seuchengeschehens umzusetzen, so dass die Tierhalter rechtzeitig gewarnt werden. Nach der jüngst erfolgten Gestattung kann die Verabreichung bei ausreichender Verfügbarkeit frühzeitig beginnen, im laufenden Jahr startete sie vielfach erst mit dem Krankheitsgeschehen.
In dem Papier macht die AbL deutlich, dass das Blauzungenvirus zwar als anzeigepflichtige Tierseuche nur noch als optional zu bekämpfen eingestuft sei, trotzdem sei beim aktuellen außerordentlichen Seuchengeschehen eine finanzielle Unterstützung der Tierhalter durch Zuschüsse für die Impfkosten aus Bundes- und Landesmitteln sowie Tierseuchenkassen dringend geboten. Hier seien auch Tierschutzaspekte relevant angesichts der hohen Mortalität. Bei den von einzelnen Tierseuchenkassen angebotenen Härtebeihilfen für Tierverluste seien die strengen Voraussetzungen auf ihre Praktikabilität zu überprüfen. Auch die stark variierenden Tierarztkosten für Impfungen gehören auf den Prüfstand, sinnvoll wäre eine Sondervereinbarung mit der Bundestierärztekammer.
Hellwig begrüßt, dass das Friedrich-Löffler-Institut jüngst eine Untersuchung über das Blauzungenvirus-Geschehen mittels einer Online-Umfrage gestartet hat.
„Wir regen an, weitere Einflussfaktoren auf den Verlauf der Blauzungenkrankheit in Schaf- und Rinderbetrieben durch eine bundesweite Studie in betroffenen Betrieben zu ermitteln. Die Tierhalterinnen und Tierhalter müssen am Ende abschätzen können, welche wirtschaftlichen Folgen durch das Blauzungenvirus bedingte Morbidität, Sterbefälle, Verkalbungen sowie Verlammungen reduzierte Deckquoten und Leistungsabfälle für geimpfte oder ungeimpfte Tiere der Tierarten und der verschiedenen Rassen haben. Absehbar wird so die Bereitschaft an der Teilnahme an Impfprogrammen gesteigert.“
In dem AbL-Papier heißt es weiter: Der Mangel an Tierarztpraxen mit Kompetenzen im Nutztierbereich habe zu erheblichen Wartezeiten bzw. Verzögerungen bei den Impfungen geführt. Das Seuchengeschehen könne Anlass sein, die eklatanten Lücken in einer Querschnittsaufgabe mehrerer Akteure (Hochschulen, Ministerien) zu schließen. Im aktuellen Geschehen seien die Tierseuchenkassen teilweise eher passiv aufgetreten. Die Beantragung der Zuschüsse für Impfkosten erfolgten kontaktlos über die Tierarztpraxen. Die AbL fordert die Tierseuchenkassen auf, sich im Seuchengeschehen aktiv einzubringen und über die Veröffentlichung von Übersterblichkeitsraten und Mortalitätszahlen, Beihilfeangebote etc. zu informieren. Nur gut informierte Tierhalterinnen und Tierhalter können für ihre Bestände gute Entscheidungen im Sinne des Tierwohls treffen.