Besuch beim Preisträger
Klimaschutz ist derzeit eines der vordringlichsten Themen. So hat das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten heuer bereits zum dritten Mal den „Bayerischen Klimapreis“ verliehen. Erstmals wurde der Sonderpreis „Klimafreundliche Milcherzeugung“ ausgelobt. Diese Auszeichnung richtet sich gezielt an Milchviehbetriebe, die erfolgreich zur Verminderung der Treibhausgasemissionen beitragen. Unter den Preisträgern ist der Betrieb von Rita und Markus Dillinger aus Einmuß im Landkreis Kelheim. Der Betrieb wird seit mehr als 10 Jahren von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) fachlich betreut und dient als „Leuchtturmbetrieb“ für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen. Bei der Bewerbung für den Sonderpreis musste jeder Bewerber mit einem Satz sein Maßnahmenkonzept umreißen. Bei den Dillingers lautete es: „Umwandlung von Acker- in Weideflächen sowie Verwertung von Nebenprodukten aus der Lebensmittelherstellung zur ressourcenschonenden Milcherzeugung.“
LfL-Präsident Stephan Sedlmayer konnte sich vor Ort ein Bild davon machen, welche konkreten Kriterien die Jury für die Verleihung des Sonderpreises überzeugt hatten: Das umfassende Fütterungskonzept der Familie Dillinger, gepaart mit einer professionellen Vollweidehaltung als Kurzrasenweide. Um das gewachsene Futter bestmöglichst bei geringem Aufwand zu nutzen, wurde die Weidehaltung maximiert. 2013 wurde die Jungviehaufzucht und 2019 die Milchviehhaltung auf Weide umgestellt. So gehen die Kälber bereits ab dem fünfen Lebensmonat auf die Weide und erhalten von diesem Zeitpunkt an kein Kraftfutter mehr. Den Sommer verbringen sie in Oberbayern auf einem Grünlandbetrieb. Im zweiten Lebensjahr werden die trächtigen Rinder auf die Hemmersuppenalm in Reit im Winkl verbracht. Dort verwerten sie die üppigen Grasaufwüchse und halten damit die Kulturlandschaft offen. Die Milchviehherde wurde 2019 auf eine Herbst-/Winterkalbung bei Vollweidehaltung umgestellt. Dies bedeutet, die Kühe erhalten in der Vegetationsperiode auschließlich Weidegras. Auf eine Kraftfuttergabe wird verzichtet.
Wenn alle Kühe im Herbst und Winter abkalben, ist eine sehr effiziente Winterfütterung möglich. Der Einsatz von Neben-/Abfallprodukten aus der Lebensmittelindustrie wie Kartoffelpülpe (Stärkeproduktion), Biertreber (Brauerei), Pressschnitzel (Zuckerherstellung) und nicht konsumfähiger Ware von Gelben Rüben oder Kartoffeln ermöglicht eine deutliche Reduzierung von Getreide- und Eiweißfuttermitteln, welche auch direkt in der menschlichen Ernährung einsetzbar wären. Mit dem weidebetonten Konzept erreicht der Betrieb Dillinger eine ansprechende Milchleistung seiner Fleckviehkühe von ca. 8.300 kg Milch/Jahr. Gleichzeitig wirkt sich die Weidehaltung positiv auf die Gesundheit der Tiere aus. Die Kühe der Dillingers kalben bereits mit ca. 24 Monaten das erste Mal und schaffen fast eine Laktation mehr als die bayerischen Kolleginnen.
Die Kombination der Senkung des Erstkalbealters mit der Verlängerung der Lebensleistung der Kuh bedeutet, dass weniger weibliche Kälber nachgezogen werden müssen, um die Herdengröße zu erhalten. So wird wieder weniger Fläche und Futter benötigt und es fällt weniger Methan in der Rinderhaltung an.
Durch die konsequente Weidehaltung kann der Betrieb Dillinger den Energieverbrauch für die Futterernte, Futtervorlage und Gülleausbringung und somit den CO2-Ausstoss deutlich senken. Die Reduzierung der Ammoniakverluste durch den direkten Absatz der Exkremente auf der Weide ist mit ca. 70 % im Vergleich zur Güllewirtschaft zu veranschlagen. Dies spart energieaufwendig erstellten Stickstoffdünger. Die Anlage von Weideflächen auf Ackerflächen fördert die Humusbildung und somit die CO2-Fixierung (Kohlenstoffsenke) im Boden. Durch die CO2-Bindung im Boden und gleichzeitig einer deutlichen Reduzierung der CO2-Emissionen in der Bewirtschaftung, trägt dieses System doppelt zur Reduzierung des Treibhauseffektes bei. Der LfL-KlimaCheck-Rechner, in den alle relevanten Daten eingespeist wurden, berechnet einen CO2-Fußabdruck von 0,89 Kilo CO2 Äquivalent pro Kilo Milch. Das ist ein ausgesprochen niedriger Wert. Besser kann man Klimaschutz in der Milchviehhaltung kaum umsetzen.