Direktvermarktung will gelernt sein

Nov 29, 2022

Wer erfolgreich sein möchte, muss seine Kunden durch ein authentisches Auftreten und mit einem stimmigen Konzept überzeugen. Denn ein positives Einkaufserlebnis erhöht die Chance auf ein Wiedersehen.

Nur etwa dreieinhalb Sekunden hat ein Autofahrer Zeit, während der Fahrt ein Schild zu lesen. In entsprechender Größe, gut lesbar, sollte deshalb das neue Zufahrtsschild zum Hofladen gestaltet und entsprechend positioniert werden, rät Sabine Biberger, Beraterin für Direktvermarktung am AELF Ingoldstadt-Pfaffenhofen. Und gerade, wenn es auf dem Weg noch einige Abzweigungen gibt, lohnt es sich, weitere Schilder anzubringen, damit der Kunde den richtigen Weg auch findet. Einladend sollte auch die Zufahrt zum Hofladen wirken, der Kunde wird im besten Fall gut beschildert zum Parkplatz navigiert. Und auch hier ist sein erster Eindruck entscheidend: Ein aufgeräumter Hof hinterlässt sofort Pluspunkte. »Gerade zu den Hofladen-Öffnungszeiten sollte nicht allzu lautstark gearbeitet werden«, erklärt Biberger.

Ein gut ausgeleuchteter Eingangsbereich verstärkt das Sicherheitsgefühl, gerade wenn es früher dunkel wird. »Ist man sich unsicher, ob und wie die angebrachte Beleuchtung wirkt, kann man seinen Bekannten auch mal ein Foto zeigen«, sagt Biberger. Die Ladeninneneinrichtung sollte modern, sauber und auch gerne mit etwas Individualität gespickt sein. Dabei dürfen die modernen dunklen Hölzer bei der Einrichtung genauso wenig fehlen, wie die Verkaufstafel im typischen Handlettering. »In der Gestaltung sollte sich der Hofladen vom Lebensmitteleinzelhandel absetzen«, rät Biberger. Die Produkte sollten perfekt präsentiert und gut ausgeleuchtet sein. Eigenprodukte platziert man am besten in den Mittelpunkt oder auf wechselnden Aktionsflächen, ggf. in einer zur Jahreszeit passenden Dekoration. Den Hofladenbetreibern rät die Direktvermarktungsberaterin zum Vollsortiment mit Grundnahrungsmitteln. »Einfach um die Kundenfrequenz zu erhöhen, damit die Arbeitskraft hinter dem Tresen auch bezahlt ist«, sagt Biberger. Dabei müsse man keinesfalls alles selbst produzieren. Um Zusatzkäufe zu generieren, böten sich Kooperationen mit anderen regionalen Anbietern an.

Kundenbedürfnisse berücksichtigen

Auch mit zeitgemäßen Trends, wie z.B. »unverpackt«, könne man oftmals sogar einen zusätzlichen Kundenkreis generieren. »Schließlich müssen auch Hofläden am Puls der Zeit sein«, sagt Biberger. So hat auch das Thema »Vegetarisch« und »Vegan« inzwischen längst Berechtigung im Hofladen. Bei entsprechenden Möglichkeiten gilt es, die Bedürfnisse dieser Zielgruppe zu berücksichtigen und beim Umgang mit veganen und Nicht-veganen Lebensmitteln eine entsprechende Trennung einzuhalten. Der Mehrwert der eigenen Hofladenprodukte sollte immer positiv kommuniziert werden. Als Beispiel spricht Biberger neben der eigenen Marmelade die Wurst im Glas an, die i.d.R. aufgrund der traditionellen Herstellung ohne zusätzliche Stabilisatoren auskommt. Neben der positiven CO2-Bilanz sollte die Schaffung regionaler Arbeitsplätze, die Stärkung der öffentlichen Nahversorgung sowie die Erhaltung der Kulturlandschaft weitere unschlagbare Argumente für den Einkauf im Hofladen sein. Ein 24/7-Verkaufsangebot in einem Automaten oder einer Verkaufshütte ist ein weiteres interessantes Zusatzangebot für Kunden.

Digitalisierung als Hilfe

Auch die Möglichkeit, vor Ort elektronisch zu bezahlen, sollte für den Kunden gegeben sein. Inzwischen gebe es kostengünstige Lösungen, die sich gerade für Neueinsteiger anbieten, da der Anbieter statt einer Grundgebühr nach Umsatz abgerechnet. »Gerade für kleinere Betriebe, die neu anfangen, eine sehr interessante Möglichkeit«, sagt Biberger. Kommunikation mit den Kunden hält Biberger außerdem für sehr wichtig: »Offen und ehrlich sein und die Dinge erklären.« Es gilt den Kunden einen positiven Zugang zur Landwirtschaft zu verschaffen, ganz besonders, wenn dieser noch nicht gegeben ist. Mit Hoffesten und anderen Aktionen auf dem Betrieb, wie z.B. Krauthobeln, verschafft man einen Einblick und gibt Kunden die Möglichkeit, das Leben und Arbeiten auf dem Bauernhof aktiv mitzuerleben. Das Programm »Erlebnis Bauernhof« ist hier ebenfalls ein gutes Beispiel.

Neben den Ökolabels bio, demeter & Co. sollten aber auch ethische Aspekte, die vor allem das Tierwohl betreffen (Strohhaltung, Weidehaltung, usw.) explizit herausgearbeitet werden. So wird z.B. die »artgerechte« Schlachtung, z.B. durch Weideschuss oder mit einer mobilen Schlachteinheit, heute von immer mehr Kunden geschätzt. Wer den Laden mit ein paar Fotos des eigenen Hofes und der eigenen Tiere schmücken will, sollte lieber »klotzen« statt kleckern. Große, professionelle Aufnahmen, auf denen z.B. die Hühner auf der frischen, grünen Wiese picken, sollten gut ausgeleuchtet im Laden für frische Akzente sorgen.

Wichtiger denn je ist heute allerdings ein gutes und auch authentisches Marketing und eine perfekte Außendarstellung. Dazu gehören auf jeden Fall ein individuelles, professionelles Logo, ein Flyer, eine Visitenkarte sowie eine Homepage. Nicht zu unterschätzen sind die sozialen Netzwerke – auch sollte regelmäßig neuer Content gepostet werden. Das einheitliche Auftreten in Arbeitskleidung mit gedrucktem oder gesticktem Logo und einem Namensschild unterstützt die Professionalität.

Nachhaltigkeit liegt im Trend

Verbraucherstudien belegen, dass ein Großteil der Verbraucher pro Direktvermarktung sind und Wert auf eine artgerechte Tierhaltung sowie regionale Lebensmittel legen. 80 Prozent der Verbraucher haben dies beim Ernährungsreport 2021 angegeben. Trotzdem wäre hier eine differenzierte Betrachtung nötig, da in diesen Zahlen auch Supermärkte mit Bioprodukten erfasst seien, sagt Biberger. Nichtsdestotrotz hat die Corona-Krise bei den Direktvermarktern für ein Umsatzplus von 20 Prozent gesorgt, inzwischen ist dieses wieder etwas rückläufig – vermutlich aufgrund der Preissteigerungen und der Energiekrise.
Noch ist nicht absehbar, wie die Kunden mit weiteren finanziellen Einbußen umgehen, sagt Biberger und rät gleichzeitig den Betreibern gerade jetzt, verstärkt den Mehrwert der Produkte und der regionalen Vermarktung zu kommunizieren. So müsse der Betreiber es schaffen, eine Verbindung zum Kunden aufzubauen, dann komme der Kunde sicherlich auch weiterhin zum Einkauf in den Hofladen.

Tamara Lehmann

 

Magazin „vom Hof“

 

 

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