1,2,3: Eigene Hofmetzgerei!

Mrz 10, 2022

Familie Blender aus Seeg hat den Sprung in die Direktvermarktung gewagt, und sich Schritt für Schritt einen Traum erfüllt – den von der eigenen Hofmetzgerei.

An Tomas Blender und seiner Frau Susanne ist alles unkompliziert. Lachen erfüllt den 24 m2 großen, verglasten Verkaufsraum, geschäftiges Treiben herrscht hier an diesem Samstagvormittag. Das junge Paar und zwei Verkäuferinnen sind emsig dabei, die letzten Steaks, Schnitzel und rauchig duftende Wurstwaren in der den Raum beherrschenden Kühltheke zu platzieren, gleich wird der Laden geöffnet! „Dann geht’s zu wie im Taubenschlag“, grinst Thomas Blender zufrieden.

Schritt 1: Die Hausschlachtung

Erst Anfang Dezember 2020 hat er die Hofmetzgerei in dem eigens dafür errichteten Anbau neben der Metzgerei eröffnet. Ein langer Weg bis hierher, denn angefangen hat der Metzgermeister ganz klein, mit einer Hausschlachterei im Kleingewerbe. 2010,   Thomas war gerade 27 Jahre alt, wagte er die Investition und richtete sich im elterlichen Betrieb eine EU-zertifizierte Metzgerei ein. „Es sollte halt gleich was Gscheites sein“, erzählt er; er wollte Restaurants beliefern, die Nachfrage nach regionalen Produkten war damals schon da. Immer montags wurde geschlachtet, das Fleisch der im eigenen Betrieb gemästeten Rinder hauptsächlich an Gastronomiebetriebe im Füssener Land und im nahegelegenen Tirol verkauft. Die Restaurants in der touristisch stark frequentierten Region wussten damals schon um den Mehrwert von Fleisch von Allgäuer Weiderindern.
Auch Lohnschlachtungen machte er in dieser Zeit, viele Landwirte entdeckten in der Vermarktung der damals so beliebten 10-kg-Fleischpakete ein wichtiges Zusatzeinkommen.

Schritt 2:  Der Verkaufsanhänger

Aber auch immer mehr Endverbraucher zeigten Interesse an Fleisch und Wurstwaren, 2018 entschloss sich das junge Paar, sich einen Verkaufsanhänger zuzulegen und den Sprung in die Vermarktung an Endkunden zu wagen. „Das haben wir einfach
so probiert“, lacht Susanne Blender. Seit 2014 ist die Molkereitechnikerin an Thomas Seite, verheiratet sind die beiden seit 2016, Sohn Leonhard ist vier Jahre alt. Für ein junges Unternehmerpaar, das sich sukzessive ein Geschäft aufbaut, und gerade eine
riesige Investition getätigt hat, wirken die beiden gelöst und entspannt, man merkt, dass sie mit voller Begeisterung bei der Sache sind und glücklich mit dem eingeschlagenen Weg. Auch Thomas’ Eltern Otto und Centa, beide in Rente, unterstützen die Jungen, wo sie können, in einer Familie „hilft man halt zam“, im Haus, auf dem Hof, in der Metzgerei, im Stall. Vor zwei Jahren stand dann also ein Verkaufsanhänger im Hof vor der Metzgerei. Zwar mit herrlichem Blick auf ein imposantes Alpenpanorama, aber abgelegen im letzten Winkel des beschaulichen Dorfes Seeg. Fernab von viel befahrenen Straßen oder touristischen Hotspots.
Doch Thomas hatte auch hier eine Lösung parat: Bekannt wie ein „bunter Hund“, nutzte er einfach sein Netzwerk. „Ich hab‘ so abartig viele Handynummern im Telefonbuch drin“, grinst er, und erzählt, dass er einfach einen WhatsApp-Verteiler eingerichtet hat. Dort und auf Facebook stellte er dann regelmäßig sein wöchentliches Angebot ein, das am Samstagvormittag am Verkaufsanhänger zu haben war. „Die Leute fragen sich ja immer: Was koch‘ ich am Sonntag? Schaun‘ wir doch mal, was der Thomas diese Woche hat!“ Das Konzept ging auf, der „mobile Laden“ lief, immer mehr Stammkundschaft fand samstags den Weg zum Landmetzger. „Trotzdem war es unkommod“, erzählt Susanne, „im Hänger war nicht schön zum arbeiten. Und wenn was übrig blieb, musstest Du dann alles wieder raustragen.“ Im Januar 2020 fiel die Entscheidung – die Blenders entschlossen sich, einen Hofladen zu bauen.

 

Die Kunden sind begeistert vom erweiterten Sortiment im neu gebauten Hofladen. Katja Dopfer aus Rückholz geh rt von Beginn an zur Stammkundschaft.

 

Schritt 3: Die Hofmetzgerei

Ein neuer Anbau komplettiert nun das Metzgerei-Gebäude, modern, mit viel Glas und einer einladenden Fassade, vor dem an diesem Samstag jetzt die ersten Kunden schon Schlange stehen, es dürfen ja gerade nur zwei Kunden gleichzeitig im Laden sein.
Doch niemand ist ungeduldig, jeder freut sich auf den Einkauf. Freitag und Samstag ist der Laden inzwischen geöffnet, die kurzen Öffnungszeiten kanalisieren den Besucherstrom auf dem Hof. Zwei Fachverkäuferinnen und Susanne kümmern sich um die
Kunden, während Thomas ständig für Nachschub sorgt. Auch für Katja Dopfer aus Rückholz, die schon lange regelmäßig bei der Hofmetzgerei Blender einkauft. „Das ist einfach a super Ware, die kann man nur weiter empfehlen“, sagt sie, während mehr
und mehr Produkte, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen, in ihre Einkaufstasche wandern.
Das bunte Sortiment lässt keine Wünsche offen, wo es vorher im Verkaufsanhänger wöchentlich nur einige ausgewählte Waren gab, liegt nun in der großen Verkaufstheke etwas für jeden Geschmack. „Für einen Rinderbraten kommen die Leute nicht mehr her“, so der Metzgermeister, „sie wollen was für die schnelle Küche und Fertiggerichte.“ Er bietet inzwischen auch fertiges Gulasch und Rindsrouladen im Glas oder Cordon Bleu und Geschnetzeltes an. Für eine warme Theke fehle der Zulauf, sagt er, aber die hausgemachten Fleischgerichte zum Aufwärmen werden immer beliebter. 14-tägig wird ein Rind geschlachtet, dazu gibt‘s Schweinefleisch vom Seeger Bauer und Geflügel. Auch Eier und Nudeln gibt es im Laden – alles natürlich aus der Umgebung.

4. Das Ziel: Immer Klasse statt Masse

Was er sich für die Zukunft wünscht? Wieder die Gastronomie beliefern zu können. Es macht ihm Freude, wenn ein gehobenes Restaurant eines seiner Rinder im Ganzen kauft um daraus – von der Nase bis zum Schwanz – edle Gerichte zuzubereiten.

Was er selbst zu seiner Erfolgsgeschichte sagt? „Ich hab das schon immer gewollt, aber ich habe nie geplant. Es hat sich alles so entwickelt.“ Und welche Ziele er denn noch habe? „Eigentlich will ich so klein bleiben. Man will ja schließlich Qualität liefern.“
Und die überzeugt.

Interview: Isabel Koch;
Fotos: Isabel Koch

Voller Motivation und immer zu Späßen aufgelegt: Das Ehepaar Blender!

 

Der Betrieb:

Name:
Blenders Direktvermarktung
Ort: Seeg (Ostallgäu)
Betrieb: 17 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, 50 Mastrinder
Angebot: Hofmetzgerei, frische Fleisch und Wurstwaren, Gastronomie-Zulieferer
Wirtschaftsweise: Konventionell, Haupterwerb
Arbeitskräfte: 2 Familienarbeitskräfte, 2 regelmäßige Aushilfen (450 EUR)
Produkte: Rind aus eigener Aufzucht, Schwein, Geflügel, Wurstwaren, Fertiggerichte
Vertrieb: Hofladen, Gastronomie

 

Info: Blenders Direktvermarktung bei Facebook

Rund 50 Rinder weiden auf den saftig grünen Wiesen rund um dem malerisch gelegenen Hof.

 

Magazin „vom Hof“

 

 

„vom Hof“ ist das neue Fachmagazin für Direktvermarkter und Landwirte, die es werden wollen. Wir zeigen Ihnen interessante Einblicke in Direktvermarkterbetriebe und stellen lohnende Konzepte vor. Fachartikel zu allen Bereichen der Vermarktung ab Hof, Wissenswertes aus Politik und Wirtschaft und Experten im Interview ergänzen das breite Spektrum. „vom Hof“ ist ein informatives und innovatives Medium zu allen Themen rund um die Direktvermarktung!

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