Argumentarium: Milch und pflanzliche Getränke
Milch und Milchprodukte spielen eine unersetzliche Rolle in der Ernährung und Wirtschaft. Sie sind nicht nur für ihre hochwertigen Nährstoffe bekannt, sondern auch für ihre Vielseitigkeit und ihren Beitrag zur kulinarischen Kultur. Dieses Argumentarium soll Landwirt/innen fachliche Informationen an die Hand geben, um die Bedeutung der Milchwirtschaft zu unterstreichen und gegen unbegründete Kritik zu argumentieren.
Nährwert und Gesundheitsvorteile von Milch
Milch und Milchprodukte sind nachweislich reich an essentiellen Nährstoffen. Die Empfehlungen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) sowie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) betonen die Bedeutung des täglichen Konsums von Milchprodukten für eine ausgewogene Ernährung. Sie sind hervorragende Quellen für hochwertiges Eiweiß, Kalzium und wichtige Vitamine wie B2, B12 und A, die für die menschliche Gesundheit essenziell sind. Im Gegensatz dazu bestehen pflanzliche Getränke meist zu einem Großteil aus Wasser und benötigen oft Zusatzstoffe, um geschmacklich und nährstofftechnisch aufgewertet zu werden.
Vielfalt und Qualität der Milcherzeugnisse
Milch dient als Basis für eine breite Palette an Erzeugnissen wie Butter, Topfen (Quark), Rahm (Sahne), Buttermilch, Joghurt, Käse und Molke. Diese Produkte zeichnen sich durch ihre natürlichen, ernährungsphysiologisch wertvollen Inhaltsstoffe aus. Der steigende Bedarf an Nahrungsmitteln aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung und das ausgezeichnete Image von Milchprodukten motivieren Unternehmen zur Produktion von Nachahmungsprodukten. Jedoch ist die Bezeichnung solcher Produkte als „Milch“, „Butter“, „Joghurt“ oder „Käse“ irreführend, da sie nicht von Säugetieren gewonnen werden.
Bezeichnungsschutz für „Milch“
Die EU-Verordnung 1308/2013 regelt die Verwendung des Begriffs „Milch“ und verwandter Bezeichnungen ausschließlich für Produkte, die durch das Melken von Säugetieren gewonnen werden. Diese strenge Definition schützt Verbraucher vor Irreführung und gewährleistet Klarheit im Handel. Für Flüssigkeiten, die vielleicht auch weiß sind, jedoch im Labor, in der Küche, aus Pflanzen oder Samen und dergleichen zubereitet werden, darf die Bezeichnung Milch keine Anwendung finden. Der Ausdruck „Milch“ ist ausschließlich dem durch ein- oder mehrmaliges Melken gewonnenen Erzeugnis der normalen Eutersektion, ohne jeglichen Zusatz oder Entzug vorbehalten. Aber nicht nur die Bezeichnung „Milch“, sondern auch folgende Bezeichnungen auf allen Vermarktungsstufen sind ausschließlich Milcherzeugnissen vorbehalten: Molke, Rahm, Butter, Buttermilch, Butteröl, Kaseine, wasserfreies Milchfett, Käse, Joghurt, Kefir, Kumys, Viili/fil, smetana, fil ryazenka und ruguspiens. Darüber hinaus geht aus Art 78 Abs 2 der Verordnung (EU) Nr 1308/2013 in Verbindung mit deren Anhang VII Teil III Nr 6 Unterabs 1 hervor, dass dieses Verbot sowohl für die Vermarktung als auch für die Werbung gilt [RZ 41].
37 Jahre Bezeichnungsschutz: Die Ausnahmen
Seit 1987 schützt die EU mit der Verordnung (EEC) Nr. 1898/87 die traditionellen Bezeichnungen für Milchprodukte. Dieser Schutz wurde durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2017 weiter gestärkt. Trotz des weitreichenden Schutzes gibt es drei spezifische Ausnahmen im deutschen Sprachgebrauch: Liebfrauenmilch (Weinbezeichnung in Deutschland), Fischmilch (Samen männlicher Fische) und Kokosmilch (Flüssigkeit und zerkleinertes Fruchtfleisch einer Kokosnuss). Auch bei den Bezeichnungen der Milchprodukte sind die Ausnahmen in allen Sprachen in der Verordnung aufgelistet. Diese sind zum Beispiel: Butterbirne, Rahmapfel, Butterbohne, Butterkohl, Erdnussbutter, Fleischkäse, Leberkäse, Käseklee, Butterschnitzel, Milchmargarine und Margarinestreichkäse. Im Weiteren wurde 2023 der Bezeichnungsschutz durch die „Leitlinie über die täuschungsfreie Aufmachung von pflanzlichen, veganen und vegetarischen Lebensmitteln mit Bezug in der Kennzeichnung zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs“ weiter gestärkt.
Fehlinterpretationen und die Bedeutung korrekter Bezeichnungen
Die korrekte Bezeichnung von Milch und Milchprodukten ist essenziell, um Verbraucher vor Täuschung zu schützen. Es ist irreführend, pflanzliche Erzeugnisse mit den Vorzügen echter Milch zu bewerben, da sie weder die gleichen Nährstoffe bieten noch als direkte Ersatzprodukte gelten können. Die Begriffe Ersatzprodukte und Alternativen sollten vermieden werden. Die klare und ehrliche Kennzeichnung unterstützt Verbraucher bei der informierten Entscheidungsfindung. Umso wichtiger ist es, dass Milcherzeuger und die gesamte Milchbranche bis hin zum Handel und Kunden diese Vorschriften kennen, beachten und auch leben.
Ernährungssicherung
Die Milchwirtschaft ist ein grundlegender Pfeiler der nachhaltigen Landnutzung und Ernährungssicherung, besonders in Österreich, einem Land, das durch einen hohen Grünland-Anteil charakterisiert ist. Unsere Almen, Wiesen und Weiden, die nur durch Wiederkäuer wie Rinder, Schafe oder Ziegen erhalten und genutzt werden können, sind ein Paradebeispiel für effiziente Landnutzung. Diese Tiere verwandeln nicht essbare Biomasse wie Gras in wertvolle Lebensmittel für den Menschen – Milch und Fleisch.
70 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche ist Grünland, das größtenteils aufgrund klimatischer Bedingungen oder der Topografie nicht anders genutzt werden kann. Ein Umbrechen des Grünlandes zu Ackerland würde zudem den im Humus gebunden Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid freisetzen. Global gesehen ist nur 30 % der landwirtschaftlichen Fläche als Ackerland verfügbar. Dies hebt die Effizienz der Nutztierhaltung, insbesondere der Wiederkäuer, für die Lebensmittelproduktion hervor, die 70% der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Lebensmittel umwandeln können.
Vegane Lebensmittel sind wertvolle Partner der Nutztierfütterung − jedoch sind sie keine „Alternativen“, sondern komplementäre Lebensmittel zu Fleisch, Milch und Eiern und Teil der Kreislaufwirtschaft. Die Erzeugung von 1 kg veganem Lebensmittel führt zu mindestens 4 kg nicht essbarer Biomasse: Auf den Äckern wächst kein Getreidekorn, sondern immer eine ganze Pflanze (Stroh + Korn), von der wir Menschen nur einen kleinen Teil des Korns nutzen. Beispielsweise können von 1 kg Hafer nur 380 g im Haferdrink direkt als Lebensmittel genutzt werden, 620 g (Kleie etc.) nur als Futtermittel. Damit diese Pflanze überhaupt gedeiht, müssen im Rahmen der Fruchtfolge noch andere Pflanzen als Zwischenkulturen angebaut werden, die alle nicht essbar sind. Diese Biomasse kann durch Nutztiere in wertvolle Nahrung umgewandelt werden. Diese symbiotische Beziehung unterstreicht die Notwendigkeit einer Kombination aus pflanzlicher und tierischer Produktion, um das Maximum an Lebensmitteln aus der verfügbaren Biomasse zu gewinnen – eine wahre „win-win-Situation“.
Beste Klimabilanz in der EU
Die österreichische Milchwirtschaft zeichnet sich durch die beste Klimabilanz in Europa aus, mit einem relativ geringen Einsatz von Kraftfutter. Die Produktion von 1 kg Milch in Österreich führt zur Freisetzung von 1,0 kg CO2-Äquivalenten, verglichen mit dem EU-Durchschnitt von 1,4 kg CO2 je kg Milch (Quelle: Joint Research Centre der EU-Kommission).
Österreichische Milchbäuerinnen und -bauern praktizieren eine aktive Kreislaufwirtschaft auf ihren Höfen. Die Verfütterung von gentechnikfreiem Soja sowie die bodengebundene, kreislauforientierte Wirtschaftsweise tragen maßgeblich zu dieser hervorragenden Klimabilanz der österreichischen Milch bei.
Des Weiteren haben die Auswirkungen von Methan in der österreichischen Milchwirtschaft auf das Klima nur eine minimale Bedeutung, da sich Methan in einem natürlichen Kohlenstoffkreislauf befindet: Pflanzen entziehen Kohlenstoff (C) aus der Luft in Form von CO2 und integrieren ihn in ihre Biomasse. Bei der Verdauung von Wiederkäuern wird ein Teil dieses Kohlenstoffs wieder freigesetzt, gebunden in den entstehenden Methan-Molekülen. Es verweilt dann durchschnittlich 12 Jahre in der Atmosphäre, bevor es wieder zu Wasser und CO2 abgebaut wird. Dieses CO2 kann wieder von Pflanzen aufgenommen werden, die daraufhin von Rindern gefressen werden. Somit schließt sich der Kreislauf.
Nährstoffgehalt und ökologischer Fußabdruck
Der ökologische Fußabdruck von Kuhmilch kann nur im Vergleich der relativen Nährstoffgehalte mit pflanzlichen Drinks angemessen bewertet werden. Haferdrinks und Kuhmilch weisen unterschiedliche Inhaltsstoffe auf, wodurch ein direkter Vergleich basierend auf dem Volumen oder ausschließlich dem Proteingehalt irreführend ist. Um mit Haferdrinks auf einen ähnlichen Nährstoffgehalt wie bei Kuhmilch zu kommen – selbst dabei fehlen noch Nährstoffarten – ist die Klimawirkung zehnmal so hoch wie bei Kuhmilch.
Wasserverbrauch
Der Wasserverbrauch der Milchproduktion wird oft kritisiert, doch Österreichs Milchwirtschaft zeigt mit einem Wasserverbrauch von nur 8,35 Liter pro Liter Milch (unter Beachtung der Ökobilanz von Wasser) eine effiziente Nutzung der Ressourcen, im Gegensatz zu den 371 Liter Wasser, die für die Herstellung von Mandeldrinks benötigt werden (Quelle: Modellrechnung HBLFA Raumberg-Gumpenstein).
Mandeldrink und Wasserknappheit
Mandeldrink, oft als nachhaltige Alternative beworben, stammt aus Regionen mit hohem Wasserknappheitsrisiko. Insbesondere Kalifornien, der Hauptlieferant für Mandeln, benötigt enorme Wassermengen für die Bewässerung der Kulturen. Dies verdeutlicht die Bedeutung einer umfassenden Bewertung der Umweltauswirkungen bei der Wahl von Imitaten.
Schlussfolgerung
Milch und Milchprodukte sind aufgrund ihrer ernährungsphysiologischen Qualität, Vielfalt und Rolle in der nachhaltigen Landwirtschaft unverzichtbar. Die klare Unterscheidung und korrekte Bezeichnung dieser Produkte schützt nicht nur die Verbraucher vor Irreführung, sondern stärkt auch den Wert und das Ansehen der Milchwirtschaft. Angesichts der herausfordernden globalen Nachhaltigkeits- und Ernährungssicherungsziele ist es wichtiger denn je, die Bedeutung der Milchproduktion hervorzuheben und zu unterstützen.