Schlüsselfaktor Zitze
Der Zustand der Zitzen verrät viel über die Belastung, die sie beim Melken erfahren. Sie ist mitunter ein ausschlaggebender Faktor für den Erfolg der Milchproduktion und benötigt entsprechende Beachtung.
Folgender Beitrag stammt aus dem Buch „Die Sprache der Kuh – Tierkontrolle leicht gemacht“ liefert eine wertvolle Unterstützung und beantwortet die wichtigsten Fragen:
- Wie kann ich meine Herde gesund erhalten?
- Wie erkenne ich Probleme schon möglichst frühzeitig?
- Wie kann ich handeln, statt zu reagieren?
Das Buch „Die Sprache der Kuh“ wurde vom Agrar-Verlag Allgäu GmbH (AVA-Verlag) herausgebracht und kann im Online-Shop oder direkt unter vertrieb@ava-verlag.de zum Preis von 9,80 Euro angefordert werden.
Die Haut der Zitzen soll glatt, rosa und frei von Verletzungen sein. Raue Zitzenhaut führt dazu, dass die Tiere das Melken als unangenehm empfinden und zur Unruhe neigen. Außerdem können sich auf einer rauen Zitzenhaut leichter Keime festsetzen, die beim nächsten Melken ins Euter gelangen können.
Durch Dippmittel, die keine pflegende Komponente haben, aber auch durch Witterungseinflüsse können die Zitzen rau werden. Gerade im Winter ist neben der absoluten Temperatur auch der Wind ein Faktor, der die Zitzen rau werden lassen kann. Temperaturen von unter 5° C können bei zusätzlichem Wind und nassen Zitzen die Zitzenhaut stark reizen. Ein optimales Dippmittel soll deshalb nicht nur desinfizierende, sondern auch pflegende Komponenten enthalten, um die Haut der Zitzen geschmeidig zu halten. Die Verwendung von Melkfett ist nur eingeschränkt zu empfehlen, weil es bei der Entnahme häufig zu einer Verschmutzung des Melkfettes kommt und Keime so von Tier zu Tier transportiert werden können.
Beurteilung der Zitzen
Bei den Melkzeugen muss man in der Regel einen Kompromiss machen, da die jungen Kühe häufig viel kürzere und feinere Zitzen haben als die Altkühe, weswegen man sicherlich nie allen Kühen gerecht werden kann. Jedoch sollte man darauf achten, dass ein Großteil der Zitzen mit passendem Melkzeug gemolken werden.
Nach dem Melken ist vor dem Melken
Direkt nach dem Melken sollen die Zitzen so aussehen wie davor. Es sollen keine Verfärbungen oder Einschnürungen zu sehen sein. Weisen die Zitzen an der Zitzenbasis Schnürringe auf, so ist das ein Zeichen für nicht ausreichend angepasste Melkbedingungen. Eventuell passen die Zitzengummis nicht zu der vorherrschenden Zitzenform. Zu enge Zitzengummis, ebenso wie zu weite Zitzengummis, die an den Zitzen hoch »klettern«, können Schnürringe hervorrufen. Auch feuchte Zitzen, an die das Melkzeug angesetzt wird, oder Blindmelken können zu Einschnürungen führen. Sind die Zitzenkuppen nach dem Melken weiß oder eventuell sogar blau angelaufen, ist das ebenfalls als Alarmsignal zu deuten. Die bläulich-rötliche Verfärbung entsteht durch einen mangelhaften Abtransport des Blutes aus der Zitze.
Es entsteht eine Sauerstoffunterversorgung im Gewebe. Auch kleine Gewebszerreißungen, die in der Folge vernarben, sind eine mögliche Folge. Dies kann dauerhaft zu einer verschlechterten Melkbarkeit führen und kann zum Beispiel verursacht werden durch Fehler des Pulsators oder verschlissene Zitzenbecher, aber auch durch zu lange oder zu kurze Zitzen, die im Melkbecher nicht optimal positioniert werden können.
Einfluss des Melkens
Melkbedingungen, die die Zitzen angreifen, werden von den Kühen nicht nur als unangenehm empfunden; sie führen häufig auch zu Eutergesundheitsproblemen, weil das Ausmelken erschwert wird und die Abwehrmechanismen der Zitze gestört werden. Langfristig kann eine übermäßige Verhornung des Strichkanals entstehen. Erhöhte Zellzahlen sind übliche Folgen.
Bei Veränderungen an den Zitzen müssen das Vakuum, das Verhältnis von Saug- und Entlastungsphase und die Zitzengummis überprüft werden. Auch zu langes Blindmelken oder mangelhaftes Anrüsten können die Zitzen zu stark strapazieren. Bei Problemen sollte nicht nur die Melkanlage überprüft und gewartet werden, es sollte auch ein spezialisierter Tierarzt zu Rate gezogen werden, der Fehler im Melkvorgang aufdecken und abstellen kann.
Verhornung des Strichkanals
Die äußere Öffnung des Stichkanals soll glatt, ohne ausgefranste Ränder und ohne Anzeichen einer stärkeren Verhornung sein. Übermäßig verhornte Zitzen werden durch zu hohes Vakuum an der Zitzenspitze oder zu aggressive Melkbedingungen hervorgerufen. Eine leicht verstärkte Verhornung kann toleriert werden, allerdings sollten nicht mehr als 10 % der Kühe eine deutlich verstärkte Verhornung und ausgefranste Strichkanalmündungen aufweisen. Bei nur leicht verstärkter Verhornung ist der Zitzenverschluss der Kühe nicht beeinträchtigt, sie kann als physiologische Anpassung an die Melkbeanspruchung angesehen werden. Bei stärkerer Verhornung und Fransenbildung wird allerdings der Strichkanalverschluss negativ beeinflusst und das Anhaften und Eindringen von Bakterien wird begünstigt.
Eine verstärkte Strichkanalverhornung erhöht das Risiko einer Kuh, an einer klinischen Euterentzündung zu erkranken. Zugleich begünstigt eine verstärkte Strichkanalverhornung auch das Auftreten von subklinischen Mastitiden und erhöhtem Zellgehalt.
Auszug aus: »Die Sprache der Kuh«