Kälberhaltung: Einzel- oder Gruppenhaltung?
Das vorrangige Ziel der Kälberhaltung ist es, dem Kalb eine saubere, trockene und komfortable Umgebung zu bieten, die gut belüftet ist und einen einfachen Zugang zu Futter und Wasser bietet. Dies kann durch die Einzel- oder Gruppenhaltung innerhalb oder außerhalb eines Stalls erreicht werden.
Neben den nach wie vor deutlich zu hohen Verlustraten in der Aufzucht gibt es noch erhebliches Potenzial das in der Kälberaufzucht schlummert. Die klassischen Anforderungen in der Kälberhaltung, die Grundlage einer optimalen Aufzucht, sind bekannt:
Ventilation: Gute Belüftung und Luftwechselraten reduzieren luftbürtige Keime, führen Feuchtigkeit ab und verhinderen schädliche Gase.
Isolation: Trennung der Kälber (bis acht Wochen), um Krankheitsübertragungen zu vermeiden. Auf frühe Biestmilchaufnahme achten.
Komfort: Gute Drainage unter der Einstreu, auf Gefälle achten, soviel Einstreu, dass Kälber immer trocken liegen, Einstreu bei nass-kaltem Wetter erhöhen, Zugluft vermeiden, freier Zugang zu Futter und Wasser.
Ökonomie: Kostenminimierung durch Nutzung vorhandener Stallkapazitäten oder Kälberhütten selbst bauen, bei der Konstruktion auf Arbeitseffizienz achten (einfache, schnelle Reinigung, überschaubar, damit Tierbeobachtung gut möglich ist).
Es gibt nicht »die eine Art«, Kälber erfolgreich aufzuziehen und zu halten. Vielmehr variiert die Kälberhaltung von Betrieb zu Betrieb, je nach Management und verfügbaren Arbeitskräften. Auch die Kälbergesundheit ist nicht per se in der einen oder anderen Haltung besser oder schlechter, hängt sie doch von einer Vielzahl verschiedenster Faktoren ab (Besatzdichte, Versagen des passiven Transfers, Biestmilch- und Tränkehygiene und Einstreumanagement, Futterangebot und -konsistenz, Krankheitserkennung, Belüftung und Impfung). Ein Kälberstall sollte eine Luftfeuchte von 60 bis 80 % bei einer Temperatur zwischen 10 und 20 °C haben, wobei die Kälber gut eingestreut niedrigere Temperaturen besser vertragen können als Schwankungen in der Luftfeuchte. In der Gesamtheit aller Maßnahmen und Aspekte in der Kälberaufzucht bis ca. sechs Monaten geht es darum, die klassischen Stressoren in der Kälberhaltung zu minimieren.
Einzel- oder Gruppeniglu?
Bisher ist es in der Praxis weit verbreitet, Kälber in den ersten acht bis zehn Tagen im Einzeliglu zu halten und dann in eine kleine Gruppe umzustallen, die entweder im Großraumiglu oder auch in einem separaten Stallbereich sein kann. Gerade im Alter von sieben bis zehn Tagen befindet sich das Kalb in einer Immunitätslücke, in der die maternalen Antikörper verschwinden und das eigene Abwehrsystem stärker gefordert ist. Insofern ist der Zeitpunkt des Umstellens in jedem Fall kritisch zu hinterfragen.
Neue Ansätze in der Aufzucht empfehlen die paarweise Aufzucht der Kälber bereits ab dem ersten bis dritten Tag. Auch im Iglu kann die paarweise Aufzucht im Vergleich zum Einzeliglu mit besseren Ergebnissen aufwarten, wenn dem Kälberpaar ein entsprechend größeres Iglu, ein größerer Außenbereich mit zwei Saugstationen und zwei Fressschalen zur Verfügung gestellt werden. Wer zwei Kälber in ein Iglu stellt, das eigentlich nur für ein Kalb konzipiert wurde, wird keine optimalen Ergebnisse bei der Aufzucht erzielen können. Inzwischen gibt es aber auch Angebote aus der Industrie, die »Twin Hutches« anbieten und die im Flächenbedarf den Ansprüchen von zwei Kälbern, sowohl in der Hütte als auch im Außenauslauf, entsprechen.
Mehr ist mehr
Eine entscheidende Bedeutung hat die Größe des Iglus. Je mehr m² dem Kalb zur Verfügung gestellt werden, desto geringer ist die Keimbelastung und der CO2-Gehalt der Umgebungsluft und desto mehr Platz hat das Kalb für die freie Bewegung, die wiederum positiv auf die Muskelentwicklung wirkt. Die Eingangsöffnung sollte außerdem so groß sein, dass nicht nur das Kalb gut hindurch passt, sondern auch das Betreuungspersonal. Ein Iglu sollte einen Außenauslauf haben, um dem Kalb Wahlmöglichkeiten für den Aufenthaltsbereich zu geben. Von Vorteil können Rollen an den Iglus sein, damit sie leicht zum Waschplatz gefahren werden können. Das Frontgitter sollte neben der Halterung für den Nuckeleimer immer zwei weitere Kopflöcher besitzen, um getrennt Futter- und Wasserschalen anbringen zu können.
Worauf sollte man bei Kauf und Einsatz achten?
Neben der Bruchfestigkeit sollte auch die isolierende Wirkung berücksichtigt werden. Neuere Versuche zeigen, dass Polyethylen-Iglus im Sommer eine bessere Isolierung vor Hitze liefern. Sie sollten eine weiße oder zumindest helle Oberfläche haben, da sich dunkle Iglus bei Sonneneinstrahlung stärker erwärmen. Die Oberfläche muss glatt sein, damit sie einfach zu reinigen ist. Die Standfläche und die Öffnung der Iglus im Freien sollte, je nach Jahreszeit, variieren: generell abgewandt von der Hauptwetterseite, im Sommer eine Ausrichtung nach Norden und im Winter eine Ausrichtung nach Ost bzw. Südost. Das Einbringen einer dicken Strohschicht oder die Verwendung eines Holzrostes unter der Einstreu schützen bei kälteren Wetterlagen vor der Kälte von unten.
Besondere Herausforderungen dieser Haltungsform
Eigentlich sind Iglus so konzipiert, dass sie schnell und problemlos den Standort wechseln können, um Infektionsketten zu unterbrechen, aber auch um je nach Jahreszeit die bestmögliche Belüftung oder Wärmenutzung zu erreichen. Dann spielt vor allem auch die Frage des Untergrunds eine Rolle. Aber die Gestaltung der Fläche, auf der die Iglus stehen, beeinflusst auch die tägliche Arbeitszeit, die Investitionskosten, die Kälbergesundheit und den Strohverbrauch. Für eine gute Reinigung der Standfläche spricht der befestigte Boden, Schotter ist eher ungeeignet und gewachsener Boden geht nur, wenn die Standflächen regelmäßig variieren und mind. sieben bis zehn Tage frei bleiben. Eine Drainage, d.h. ein Ableiten der Flüssigkeiten aus dem Iglu, muss gewährleistet sein (2 bis 3 % Gefälle), um dem Kalb immer einen trockenen Liegeplatz anbieten zu können. Je trockener das Iglu bleibt, desto weniger Stroh muss eingestreut werden.
Sibylle Möcklinghoff-Wicke