Kälberflechte: Hochansteckend!

14. Februar 2025

Die Kälberflechte ist eine der häufigsten Hauterkrankungen in deutschen Rinderbeständen. In betroffenen Betrieben kommt es daher oft jedes Jahr, in der Regel während der winterlichen Stallhaltung zu neuen Ausbrüchen.

In der Regel sind vor allem die Kopf- und Halsregion betroffen. Foto: Lorenz

Die Kälberflechte führt durchaus zu Leistungseinbußen durch verminderte Zunahmen oder durch verminderte Milchleistung beim Befall von Milchkühen, in jedem Fall aber zu einer Narbenbildung in der Haut und dadurch zur Qualitätsminderung des Leders. Eine herausragende Bedeutung erlangt die Kälberflechte aber vor allem auch durch ihre Übertragbarkeit auf den Menschen. Der Pilz kann beim Menschen, vor allem wenn die Krankheit nicht frühzeitig erkannt wird, zu sehr hartnäckigen Infektionen führen.

 

Wie zeigt sich die Krankheit?

Die Erkrankung tritt vor allem bei Kälbern und Jungrindern auf, kann aber auch erwachsene Rinder befallen, wenn diese noch nicht mit dem Pilz in Kontakt gekommen waren. In Gruppenhaltung erkranken meist alle oder die meisten Tiere innerhalb kurzer Zeit. Die charakteristischen Hautveränderungen bestehen aus runden münzen- bis handtellergroßen haarlosen Stellen, die zum Teil konfluieren. Diese sind mit Borken oder grauen Schuppen bedeckt. In der Regel sind vor allem die Kopf- und Halsregion betroffen. Beim klassischen Verlauf bereitet die Diagnosestellung keine Probleme. Im Zweifelsfall kann die Diagnose aber durch Laboruntersuchungen abgesichert werden. Die Veränderungen heilen in der Regel nach drei bis sechs Monaten auch ohne Behandlung wieder ab und hinterlassen eine belastbare Immunität.

 

Wie kommt die Trichophytie in einen Rinderbestand?

Im nicht betroffenen Bestand ist das Augenmerk natürlich darauf zu legen, dass die Krankheit nicht eingeschleppt wird. Dies ist, wie bei anderen Krankheiten auch, durch infizierte Rinder, aber auch durch andere betroffene Haustiere oder Schadnager, sowie durch kontaminierte Gerätschaften möglich. Die Prinzipien der äußeren Biosicherheit (z.B. genaue Untersuchung zugekaufter Tiere, Quarantäne, ggf. Impfung; Reinigung und Desinfektion von in anderen Betrieben genutzten Gerätschaften; bestandseigene Schutzkleidung für Tierarzt, Techniker, etc.) sind einzuhalten.

 

Einfluss des Managements

Prinzipiell ist auch die Trichophytie als Faktorenerkrankung zu verstehen und zu behandeln. Das heißt, dass neben der Anwesenheit des Pilzes im Bestand auch Faktoren im Management und der Aufstallung das Ausmaß der Erkrankung mitbestimmen. Diese vermindern entweder die Abwehr der Tiere oder erhöhen den Infektionsdruck. Die Ansteckung erfolgt sowohl von Tier zu Tier als auch über die Stalleinrichtung (Bürsten!).
 
Hier sind eine sorgfältige Reinigung und Desinfektion mit einem geeigneten, gegen Pilze wirksamen Mittel mindestens vor jeder Neubelegung angebracht. Geeignete Mittel können der Desinfektionsmittelliste der Deutschen Veterinärmedizinische Gesellschaft entnommen werden. Auf der anderen Seite sollten Faktoren gesucht und beseitigt werden, die in der Lage sind die Abwehr der Rinder zu schwächen (z.B. Mineralstoff- oder Spurenelementmangel, Parasitenbefall).
 
Da die Trichophytie das Allgemeinbefinden der Tiere meist nicht deutlich beeinträchtigt und die finanziellen Folgen durch verminderte Leistung nicht so offensichtlich sind, wird die Erkrankung häufig noch unterschätzt. Dabei steht uns mit der Impfung eine Möglichkeit zur Verfügung, nicht nur Ausbrüche zu verhindern, sondern auch die Erkrankungsdauer zu reduzieren und die Veränderungen rascher zur Abheilung zu bringen. Das die Impfung auf Herdenebene gut funktioniert, hat ein Bekämpfungsverfahren in Norwegen bewiesen, wo durch großangelegte Impfmaßnahmen die Erkrankung so gut wie ausgelöscht wurde. In Deutschland sind momentan ein inaktivierter und fünf Lebendimpfstoffe zugelassen. Wichtig für den Sanierungserfolg in einem infizierten Bestand ist, dass die Impfung vollständig und konsequent bei allen Rindern eines Bestands über mehrere Jahre durchgeführt wird.
 
Außerdem müssen alle Neugeborenen und zugekauften Tiere ebenfalls geimpft werden. Theoretisch ist es auch möglich, durch mehrfache Waschungen mit gegen Pilze wirksamen Wirkstoffen eine raschere Abheilung zu erreichen. Da es sich beim Rind allerdings praktisch ausschließlich um Gruppenerkrankungen handelt, ist dieses Vorgehen nicht praktikabel.

 

Wie gefährlich ist die Trichophytie für Menschen?

Der Erreger Trichophyton verrucosum ist sehr widerstandsfähig und hoch ansteckend. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt vor allem über den direkten Kontakt mit infizierten Rindern. Außerdem kann der Pilz auch über die kontaminierte Umgebung übertragen werden, zum Beispiel durch Anfassen von Geräten und den Kontakt zu Stalleinrichtungen oder Weidetechnik. Anfällig sind vor allem Kinder und andere in ihrer Immunantwort beeinträchtigte Personen. Beim Menschen beginnt die Erkrankung oft mit linsengroßen Rötungen an den Unterarmen oder im Gesicht. Im weiteren Verlauf kommt es dann zu einer charakteristischen kreisförmigen Ausbreitung. Ist die Kopfhaut betroffen, kommt es zu brüchigem Haar und Haarausfall. Im Gegensatz zum Rind geht die Erkrankung beim Menschen mit deutlichem Juckreiz einher. Wird dann an den Stellen gekratzt, kann es zu einer weiteren Verbreitung der Infektion, evtl. aber auch durch Verletzungen zu bakteriellen Sekundärinfektionen kommen. Wenn die Pilzinfektion nicht als solche erkannt und daher falsch oder sehr spät behandelt wird, kann es auch zu Fieber oder Lymphknotenschwellungen kommen. Daher ist es wichtig, den behandelnden Arzt auf den Tierkontakt und die Möglichkeit der Ansteckung hinzuweisen.
 
Dr. Ingrid Lorenz,
Tiergesundheitsdienst Bayern e.V.
 
Beitrag veröffentlicht im Allgäuer Bauernblatt 4/2025
Allgäuer Bauernblatt
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