Hygiene zahlt sich aus

18. August 2023

Der Melkstand ist mitunter jener Ort im Milchviehbetrieb, wo Biosicherheitsmaßnahmen eine große Rolle spielen. Es wird gereinigt, es wird desinfiziert und es werden kranke Tiere separiert. Denn auch im Melkstand lauern Gefahren für die Gesundheit unserer Tiere.

Mit hygienischem Arbeiten leistet der Landwirt einen wichtigen Beitrag zur Eutergesundheit. Agrarfotos

Auf der Hand liegen im Melkstand Infektionsgefahren für Euterentzündungen. Die Quelle einer solchen – meist durch Bakterien verursachten – Mastitis findet sich z.B. in Milchresten von erkrankten Kühen, auf Melkerhänden, in Melkbechern oder auf mehrfach verwendeten Euterfetzen, sowie in Schmutzresten am Euter, die bei der Vorreinigung übersehen wurden oder im Melkzeug zurückblieben.

Aber natürlich können sich auch andere infektiöse Krankheiten über die Engstelle Melkstand, die eine unumgängliche Stallzone mit viel Körperkontakt für alle Kühe ist, verbreiten. Erwachsene Kühe können z.B. auch noch Opfer von Trichophytie werden und den unbeliebten Hautpilz über die Melkstandaufstallung an die Kolleginnen weitergeben. Auch Papillomaviren, die Auslöser für (Euter-)Warzen beim Rind, können hier gut übertragen werden. Bei diesen beiden Erkrankungen ist auch das Melkpersonal gefährdet, da sich hier auch der Mensch infizieren kann.

Strikte Melkhygiene: Vormelken, Reinigen und Zwischendesinfizieren sind nicht nur ein Muss für beste Milchqualität und zur Kontrolle der Eutergesundheit, sondern schützen Kühe und Melker vor Infektionen. Im Handel werden für alle Bereiche der Melkhygiene bereits eine Vielzahl von Produkten angeboten. Wichtig ist, diese auch entsprechend der Anleitung anzuwenden, zu dosieren und zu lagern. Nur so können sie den versprochenen Nutzen bringen. Darüber hinaus sind einige Schritte und Mittel oft aufeinander abzustimmen. Wer Melkzeuge zwischendesinfiziert und desinfizierend reinigt, muss in ein pflegendes Dippmittel investieren um die beanspruchte Zitzenhaut auch wieder zu pflegen und so diese natürliche Barriere zu unterstützen.

Ein Reinigungstuch pro Kuh: Seit Jahrzehnten haben nun Studien, Befragungen und Auswertungen von Daten belegt, dass das Mehrfachverwenden von Eutertüchern und der sogenannte »Euterfetzen« ein unbeschreibliches Infektionsrisiko für Mastitiden birgt und zu durchschnittlich höheren Zellzahlen im Bestand führt. Es ist unbestritten Zeit, den Euterlappen nur noch im Museum und nicht im modernen Milchviehbetrieb zu sehen. Mehrwegtücher, die in ausreichender Anzahl je Kuh zur Verfügung stehen und nach jedem Gebrauch im Kochwaschgang gewaschen werden, zählen da nicht dazu. Bei entsprechender Führung kann dieses System funktionieren. 

Handschuhe tragen: Die glatte Oberfläche aus Latex oder Vinyl bietet weniger Anhaftfläche für Schmutz und Keime und schützt zudem den Melker selbst vor Infektionen durch etwaige Zoonosen, also Krankheiten, die von Tier auf Mensch übertragbar sind. Auch bevorzugen gerade MelkerInnen, die feucht-desinfizierend reinigen, Handschuhe, da der intensive und übermäßige Kontakt mit Nässe und Desinfektionsmittel auch für die menschliche Haut nicht optimal ist. 

Reinigungsmittel (z.B. Schaumdipp) und Dippmittel richtig lagern: Durch Gefrieren können chemische Verbindungen in solchen Mitteln ausfallen bzw. unwirksam werden, was die allgemeine Wirksamkeit verschlechtert. Ebenso können Verunreinigungen im Dippbecher oder schon im Lagergebinde ein Desinfektionsmittel zum Infektionsmittel machen, denn nicht jedes Desinfektionsmittel beseitigt jeden Keim. Eine saubere, frostsichere und sachgemäße Lagerung ist also empfehlenswert.

Dippbecher reinigen: Der Dippbecher wandert bei jeder Melkzeit von Kuh zu Kuh, direkt zum noch offenen Strichkanal. Obwohl die meisten Dippmittel eine Desinfektionskomponente enthalten, muss auch hier auf Reinlichkeit geachtet werden. Dreck kann man nicht desinfizieren und verunreinigte Dippmittel können Gefahren für die Eutergesundheit bergen. Um wegen der Reinigung des Dippbechers nicht immer kleinere Mengen an Dippmittel verwerfen zu müssen, sind mittlerweile auch schon Melkstandbetriebe auf sprühbare Dippmittel übergegangen. Hier ist aber eine gewisse Treffsicherheit beim Auftragen gefragt. Das Mittel muss an die Zitzenspitze und diese auch ausreichend benetzen!

Eine saubere, frostsichere und sachgemäße Lagerung des Dippmittels ist also empfehlenswert.

Melkzeugzwischendesinfektion: Die zurückbleibenden Milch- und Schmutzreste im Melkzeug können im laufenden Betrieb mit der Zwischendesinfektion mit Peressigsäure effektiv unschädlich gemacht werden. Aus praktischen Gründen hat sich das Einsprühen der 0,1-%-Peressigsäure (=1 000PPM Peressigsäurelösung) bewährt, da der Mitteleinsatz gering ist, die Sprühflasche mitgeführt werden kann und die sehr kleine Menge an Lösung, die in den Zitzenbecherinnenraum eingesprüht wird innerhalb weniger Sekunden verdampft und so Rückstände auch ohne Nachspülen kein Problem sein sollten. Die Melkzeugzwischendesinfektion ist zudem eine übliche »Erste-Hilfe-Maßnahme« bei vermehrtem Auftreten von Euterwarzen. 

Separates Melkzeug für behandelte und erkrankte Kühe: Kühe können auch am besten Betrieb einmal erkranken. Ein Verschleppungsrisiko betrifft hier dann nicht nur Erreger, die z.B. über die Milch ausgeschieden werden, sondern auch Hemmstoffe. Diese Rückstände von zumeist Antibiotika können in schon sehr kleinen Mengen in der Milch nachgewiesen werden. Zurückgebliebene Milchreste im Melkzeug können schon ausreichen. Um eine Verunreinigung zu verhindern, muss ein Melkzeug nach der Verwendung ordentlich gereinigt werden (mit kaltem Wasser durchspülen reicht in der Regel nicht) oder es steht für solche Fälle überhaupt ein eigenes, separates Melkzeug zur Verfügung. 

Umgang mit kontaminierter Milch: Milch von behandelten Kühen bzw. Mastitismilch von erkrankten Kühen muss mit entsprechender Vorsicht behandelt werden. Hemmstoffmilch, also Milch innerhalb der Wartezeit, die noch Rückstände vom verabreichten Medikament aufweist, soll auf keinen Fall verfüttert werden. Zum einen steigt mit jedem Handgriff das Verschleppungsrisiko und somit die Kontamination der Ablieferungsmilch, zum anderen befeuern unterdosierte Medikamentengaben das wachsende Problem von resistenten Keimen. Darüber hinaus schädigt das mit der Milch verfütterte Antibiotikum das sich entwickelnde Darm-Biom der Kälber und somit auch sein sich noch entwickelndes Immunsystem.

Mastitismilch oder auch gerne »Zellzahlmilch«, die auch sehr gerne separiert gemolken wird, wenn nicht oder nicht mehr antibiotisch behandelt wird, um die Tankmilchzellzahl im wirtschaftlichen Rahmen zu halten, sollte aber auch nicht bedenkenlos an alle Kälber vertränkt werden. Da gewisse Keime, wie z.B. Staphylococcus aureus oder Streptococcus agalactiae, hauptsächlich über die Milch ansteckend sind, kann von solch einer Milch ein Infektionsrisiko ausgehen. Beim gelben Galt (Streptococcus agalactiae) ist eine Ansteckung im Kälberalter durch das Vertränken von belasteter Milch bei weiblichen Kälbern nachgewiesen. Bei Staphylococcus aureus steht der eindeutige Nachweis noch aus. 

Zur Sanierung beitragen

Wer bekannterweise Probleme mit den genannten Erregern im Bestand hat, der kann zum nachhaltigen Sanierungserfolg auch beitragen, indem er Mastitismilch nicht mehr an die weiblichen Kälber vertränkt oder die Milch zuvor im Milchtaxi pasteurisiert. Sauberkeit im Umgang mit Milch wird seit Jahrhunderten gepredigt und praktiziert. Diese Vorsicht im Melkstand sichert nicht nur das Produkt Rohmilch, sondern in weiterer Folge auch die Gesundheit von Kuh, Melker und Nachzucht. Wer das hochtrabende Wort Biosicherheit in seine Maßnahmen zerlegt, merkt schnell, dass viel davon gute Praxis am Betrieb ist. 

Johanna Mandl,
Landwirtschaftskammer Niederösterreich

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