Haptoglobin im Blick
Die monatliche Milchkontrolle durch das LKV ist aktuell einer der wichtigsten Bausteine für eine externe Unterstützung des Herdenmanagements im verantwortungsvoll geführten Milchviehbetrieb. Was es mit Haptoglobin bei Milchkühen auf sich hat, erfahren Sie hier, kurz zusammengefasst.
Haptoglobin ist ein sogenanntes Akute-Phase-Protein, das bei vielen Säugetieren – auch beim Menschen – vom Organismus gebildet wird, wenn es zu Gewebeschädigungen kommt. Auslöser können Verletzungen, Operationen oder Infektionen sein. Aber auch durch sonstige schädigende Einflüsse kann es zu einer unspezifischen Abwehrreaktion kommen, in dessen Verlauf eine Fülle von Akute-Phase-Proteinen die Entzündung einleiten, steuern und damit eine koordinierte Abwehrreaktion möglich machen.
Da Akute-Phase-Proteine bei fast allen Entzündungen gebildet werden, sind sie nicht sehr hilfreich, wenn es darum geht eine konkrete Erkrankung oder Infektion zu diagnostizieren. Dieser Nachteil wird aber zum Vorteil, wenn man zwischen „gesund“ und „krank“ unterscheiden will, weil gesunde Tiere sehr niedrige Konzentrationen von Akute-Phase-Proteinen im Blut und damit auch in der Milch haben. Findet man erhöhte Werte, so ist dies ein Hinweis, dass irgendwo im Körper ein Entzündungsprozess im Gange ist.
Sind meine Kühe gesund?
Diese Frage stellt sich jeder Milchbauer täglich. Bei wachsenden Herdengrößen wird es immer schwieriger, jede einzelne Kuh „persönlich“ zu beobachten und den täglichen Gesundheits-Check durchzuführen. Deshalb treten immer mehr Systeme in den Vordergrund, die es dem Herdenmanager erlauben aus den vorhandenen Daten und aus daraus folgenden speziellen Untersuchungen, die gegebenenfalls sogar abhängig von der Laktationsphase der Kühe automatisiert beauftragt und durchgeführt werden können, diejenigen Kühe zu erkennen, die seine Aufmerksamkeit brauchen. Solche Systeme geben ihm eine Aktionsliste an die Hand, mit der er seine täglichen Tierkontrollen planen und durchführen kann. Sie entlasten den Herdenmanager erheblich von der Routinetätigkeit, bei allen Kühen nachzuschauen, ob sie gesund sind. Denn jeder Tierbetreuer braucht die Sicherheit, dass es seinen Kühen gut geht und dass sie keine besondere Aufmerksamkeit brauchen.
Dieses Prinzip des laufenden täglichen Tiergesundheitsmonitorings ist nicht nur durch die letzte Novelle des Tierschutzgesetzes gesetzlich vorgeschrieben, sondern steht im Einklang mit der gesellschaftlichen Entwicklung, sich intensiver um die Gesundheit unserer Nutztiere zu kümmern. In letzter Zeit wird verstärkt von Verbrauchern und Politik eingefordert, die Tiergesundheit und das Tierwohl im Blick zu haben und nachhaltig zu verbessern. Die Milchkontrolle bzw. die Milchleistungsprüfung ist als „monatlicher Gesundheitscheck unserer Kühe“ hervorragend dafür geeignet, die entsprechenden Daten zu liefern.
Auch bei Kühen ergeben sich jetzt neue Möglichkeiten
Die Untersuchung von Akute-Phase-Proteinen war bislang nur in der Humanmedizin oder bei Hund, Katze und Pferd in der Labordiagnostik eingeführt. In der Nutztiermedizin wurden entsprechende Untersuchungen bisher meist wegen der relativ hohen Kosten abgelehnt. Bereits vor über 10 Jahren konnte aber ein Projekt in Sachsen zeigen, dass mit einem speziell entwickelten Labortest Haptoglobinwerte relativ einfach aus der Milch ermittelt werden und damit Hinweise auf den Gesundheitszustand der Kühe abgeleitet werden können. Mit diesem ELISA-Test steht somit eine praxistaugliche Möglichkeit zur Verfügung, die beim Milchprüfring Bayern e.V. zusammen mit dem LKV Bayern im Rahmen des Projekts MetAlarm zur Praxisreife in der Routine der Milchkontrolle geführt werden soll.
Ähnlich wie beim Trächtigkeitstest aus Milch (PAG-Test) kann aus jeder Milchprobe, die im Rahmen der monatlichen Milchkontrolle oder individuell gezogen wird, der entsprechende Laborwert festgestellt und damit die Gesundheit der Kuh beurteilt werden. Liegt ein gegenüber der Norm erhöhter Hapto-globinwert vor, so kann der Warnhinweis gegeben werden, dass die Kuh offenbar nicht gesund ist und einer näheren Beobachtung oder einer klinischen Untersuchung durch den Tierarzt unterzogen werden sollte. Ursache für den erhöhten Wert könnte eine Entzündung aufgrund von Geburtsverletzungen, einer Nachgeburtsverhaltung, einer Mastitis oder einer sonstigen Infektion oder Verletzung sein, die behandelt werden sollte. Durch ein frühzeitiges Eingreifen können nicht nur Leid und Schmerz für die Tiere, sondern auch wirtschaftliche Schäden durch Minderproduktion auf ein Minimum begrenzt und damit der Betriebserfolg erhöht werden.
Das Jahr 2021 wird es zeigen
Im Februar 2021 wurden die Praxisversuche im Projekt MetAlarm abgeschlossen und das Team hat sich an die Arbeit gemacht, die gewonnenen Proben und Daten auszuwerten. Parallel zu den Einzeltierdaten werden dann auch die Haptoglobinwerte aus der Sammelmilch der beteiligten Betriebe vorliegen, sodass geprüft werden kann, ob die Tankmilch als Frühwarnsystem herangezogen werden kann um entsprechende Veränderungen im Betrieb, also die Zunahme von Entzündungen, zu erkennen. Mit den Erkenntnissen aus diesem Projekt wird es hoffentlich möglich werden, den bayerischen Milcherzeugerbetrieben ein weiteres Instrument für eine innovative Betriebsführung an die Hand zu geben, das mithilft, gleichzeitig das Tierwohl wie auch die Wirtschaftlichkeit zu verbessern.
ChB