Druck auf die Klaue

5. Juli 2022

Die beiden Hauptklauen der Rindergliedmaße sind in ihrer Struktur und Funktion optimal an das Stehen und die Fortbewegung auf Böden mit wechselnder Beschaffenheit, typischerweise Weideböden, angepasst. Das Klauenbein im Inneren der Klaue wird durch ein System aus Bindegewebsfasern in der Klauenkapsel aufgehängt und sehr fest verankert. Diese Aufhängung wird als Klauenbeinträger bezeichnet und lässt nur eine Bewegung von weniger als 1 mm nach unten zu. Somit wird schädlicher Druck auf die empfindlichen lebenden Gewebe in der Klaue vermieden. Zusätzlich befindet sich unter dem Klauenbein ein System von Fettpolstern als Stoßdämpfer und Druckverteiler.

Zahlreiche Forschungsarbeiten haben klar gezeigt, dass Druckbelastung eine ganz entscheidende Rolle in der Entstehung von nicht infektiösen Klauenerkrankungen spielt. Andauerndes Stehen und Gehen auf harten Böden, insbesondere längere Standzeiten sowie nicht optimal gepflegte Klauen führen durch zu hohen und/oder lange einwirkenden Druck zu Schäden an den inneren Geweben der Klaue. Höhe, Dauer und Verteilung der Druckbelastung sind dabei von entscheidender Bedeutung.

Druck ist auch ein Risikofaktor bei der Verwendung von harten Klauenklötzen als Teil der Therapie von Klauengeschwüren. Durch einen Klotz unter der Innenklaue wird die erkrankte Außenklaue entlastet. Dies begünstigt eine schnelle und vollständige Wundheilung, die bei andauernder Belastung der erkrankten Klaue nicht oder nur sehr verzögert erfolgen würde.

Klauenklötze

Hartholzklötze werden weitverbreitet verwendet, in der Regel in Kombination mit einem ebenfalls harten Zweikomponentenkleber. Damit besteht ein Risiko, dass durch hohe lokale Druckeinwirkung unter dem Klotz Quetschungen und Schädigungen der inneren Klauengewebe entstehen. Um dieses Risiko der Druckschädigung zu verringern, sind elastische und/oder weichere Klotzsysteme entwickelt worden, die in Kombination mit Spezialkleber relativ teuer sind. Es fehlt derzeit ein ausreichend weicher, elastischer und gleichzeitig stabiler, haltbarer Klotz, der der Anatomie und Biomechanik der Klaue gerecht wird und eine physiologische Kraftübertragung ermöglicht.

Klotz aus Sicht der Klaue

Aus Sicht der Klaue sollte die Kontaktfläche mit der Sohle weich und elastisch sein, um eine gleichmäßige Druckverteilung zu ermöglichen und hohe lokale Druckwerte zu verhindern. Insbesondere die hintere Sohle muss vor Druckbelastung geschützt werden. In dieser Region befindet sich der Ansatz der Beugesehne am Klauenbein. Bei Haltung auf harten Böden finden sich hier bei vielen Tieren Knochenzubildungen, die von innen Druck auf die empfindlichen Klauengewebe erzeugen. Wirkt jetzt noch Druck von außen auf hartem Boden oder durch einen harten Klotz auf die Klaue, kann dies zu Gewebeschädigungen führen.

Neben der Druckreduktion und gleichmäßigen Druckverteilung auf der Sohle ist eine möglichst große Druckbelastung des Tragrandes günstig. Von dort erfolgt die Kraftübertragung über die Wand und den Klauenbeinträger auf die Zehenknochen. Dafür sollte ein Klotz am Außenrand deutlich fester und stabiler sein als im Bereich der Sohle und den Druck auf den Tragrand übertragen. Diese Belastung wird dann als Zugkraft auf den Klauenbeinträger übertragen. Der Klauenbeinträger und das harte Horn des Tragrandes sind dafür geeignet, relativ hohe Kräfte aufzunehmen.

Druckmessungen

Mit Druckmessungen mit folienbasierten Sensorsystemen kann man die Druckbelastung, die Druckverteilung sowie lokale hohe Druckbelastungen objektiv messen. Uns fehlen aber noch Informationen darüber, was genau im Inneren der Klaue durch den einwirkenden Druck passiert. Welche Druckkräfte sind schädlich? Welchen Einfluss hat der zeitliche Verlauf, die Dauer der Druckeinwirkung? Hier muss die Forschung noch Antworten finden.

Fazit

Druck ist ein Risiko für Klauenschäden. Die objektive Untersuchung der biomechanischen Effekte von Klauenklötzen ist dringend erforderlich. Klauenschonende Klotzsysteme müssen die Anatomie und Biomechanik der Klaue berücksichtigen und idealerweise ohne harten Klebstoff anwendbar sein. Gleichzeitig müssen sie von den Kosten her akzeptabel, leicht zu handhaben und ausreichend haltbar sein.

Prof. Dr. med. vet. Christoph K.W. Mülling

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