Ketose vermeiden – Trockensteher richtig füttern und halten

5. Februar 2024

Kühe, die schnell viel Fett abbauen, sind ketosegefährdet. Eine angepasste Fütterung in der Transitzeit, gute Tierbeobachtung und Kontrolle der Milch auf Ketonkörper beugen der Stoffwechselstörung vor.

Hoher Kuhkomfort fördert Bewegung und Appetit der Kühe. Foto: M. Götz

Warum ruft die Kuh das Kraftfutter an der Station nicht mehr ab und frisst weniger? Sie erscheint müde, gibt weniger Milch, jedoch mit einem hohen Fettgehalt, und sie zeigt kein Fieber. Dies können typische Symptome einer akuten Ketose sein, auch Acetonämie genannt.

Tritt vor allem in der Phase höchster Milchleistung auf

Ketose ist eine Stoffwechselkrankheit, die durch eine Anhäufung von Ketonkörpern im Blut und in der Leber entsteht. Diese fallen beim Abbau von Fettsäuren an. Es sind Aceton, Acetessigsäure und Beta-Hydroxybuttersäure. Ketose tritt vor allem bei Hochleistungskühen in der Phase der höchsten Milchleistung auf, etwa in den ersten sechs Wochen nach dem Abkalben. Ein deutliches Zeichen ist der Geruch von Aceton. Dieser Ketonkörper entsteht in der Leber und ist der Grund für den Namen Acetonämie. Aceton riecht nach alkoholhaltigem Nagellackentferner oder nach überreifem Obst. Doch nicht jedem Landwirt fällt der Geruch auf. Es gibt Menschen, die ihn leicht wahrnehmen, andere riechen ihn nicht, erklärt Ernst Schicker, Tierarzt im schweizerischen Heiden. Eine akute Ketose kann auch in einer nervösen Form auftreten. Die Kühe sind stark erregt, speicheln, stürzen und können sogar tobsuchtähnliche Anfälle zeigen. Zum Glück ist diese Form sehr selten.

Nachweis mittels Blut-, Milch- oder Harnprobe

Bei Verdacht auf Ketose bestimmt der Tierarzt mittels Blutprobe den Gehalt an Beta-Hydroxybuttersäure BHB oder mittels Teststreifen den Acetonwert in der Milch oder im Harn. Um subklinische Formen der Ketose zu entdecken, sollte man den sensibleren Bluttest verwenden, empfiehlt Andreas Raemy, Tierarzt und Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Wiederkäuergesundheit. Bei Kühen, die zwar noch gut fressen, aber einen deutlich erhöhten Ketosewert aufweisen, genügten oft orale Gaben von Propylen. Bei einer akuten Ketose setzt der Tierarzt eine Glukoseinfusion und der Landwirt verabreicht zur Nachbehandlung in der Regel über zehn Tage reines Propylenglykol oder Natriumpropionat. Erstes ist ein Alkohol, den die Leber leicht zu Glukose abbauen kann. Zweites ist das Salz der Propionsäure. Beide führen der Leber Energie zu, mindern damit den Abbau von Körperfett und die Anhäufung von Ketonkörpern.

Trockensteher richtig füttern

Eine Ketose ist die Folge eines »überstürzten« Fettabbaus aufgrund eines Energiedefizites. Praktisch alle Kühe mit hoher Leistung haben am Anfang der Laktation ein Energiedefizit und müssen Fett abbauen. Werden sie richtig auf die Laktation vorbereitet, führt das nicht zu einer Stoffwechselstörung. Die häufigste Ursache für eine Ketose liegt in einer falschen Fütterung der trocken stehenden Kuh, betont Konrad Höhener, Fütterungsberater am schweizerischen Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen LZSG. Nicht nur Hochleistungskühe können an Ketose erkranken, sondern auch Kühe mit einer eher geringen Milchleistung, wenn sie in der Transitphase zu viel energiereiches Futter bekommen. »Das Management ist entscheidend«, betont Höhener. Die Kühe sollen in der Transitzeit nicht abnehmen, aber auch nicht zu viel Fett ansetzen, ansonsten mindert dies den Appetit und damit die Futteraufnahme nach dem Abkalben. Der Energiemangel wird größer und der Fettabbau verstärkt. Die Leber kann nicht mehr alles Fett in Glukose umwandeln und so gelangen mehr Ketonkörper ins Blut.

Kraftfutter allein ist nicht die Lösung

Über Kraftfutter lässt sich der Kuh Stärke und damit Energie zuführen, aber man sollte das Kraftfutter in Rationen geben, die über den Tag verteilt sind. Zuviel Kraftfutter, insbesondere zusammen mit frischem Gras, führt leicht zu einer Pansenübersäuerung oder -acidose. Diese wiederum kann zum Auslöser einer Ketose werden, da die Kuh weniger frisst und dann erst recht Körperfett für die Milchproduktion mobilisieren muss. Ähnlich geht es mit anderen Erkrankungen, die schmerzhaft sind und sich negativ auf die Futteraufnahme auswirken, seien es Klauenkrankheiten oder eine Gebärmutterentzündung. Auf diese Art entsteht eine Art »Teufelskreis« (s. Kästchen). Des Weiteren sollte man auf sauberes und pilzfreies Futter achten und beim Übergang von der Fütterung der trockenstehenden Kuh nicht zu schnell auf ein anderes Futter umstellen, denn weder Kuh noch Pansenmikroben sind sonst auf die neue Ernährung eingestellt. Junges Weidegras sollte man mit rohfaserreichem Heu vermischen, um Verdauungsstörungen und Durchfall zu vermeiden.

Das Futter der nicht laktierenden Kühe (rechts) ist mit Stroh »verdünnt«. Foto: M. Götz

Subklinische Ketose mittels Milchproben erkennen

Die oben beschriebene akute oder klinische Ketose treffe er heute weniger an als früher, beobachtet Samuel Minder, praktizierender Tierarzt im schweizerischen Freidorf. Milchkühe mit hoher Leistung seien tendenziell häufiger betroffen, während bei Mutterkühen eine Ketose praktisch nicht vorkomme. Häufiger stellt er jedoch eine subklinische oder schleichende Form von Ketose fest, die man mit den Sinnen kaum feststellt. Die Kuh verliert allmählich an Gewicht und gibt weniger Milch. Der Landwirt bemerkt es oft spät. »Das Wichtigste ist die Tierbeobachtung«, betont Fütterungsberater Höhener. Bei Kühen, die einem auffallen, sollte man einen Milch-, Harn- oder Bluttest durchführen. »Auch Trockensteher können in Ketose kommen«, beobachtet Futtermittelberater Ignaz Hutter. Die sicherste Aussage betreffend Ketose gibt der Bluttest, doch liefern auch Aceton-Tests der monatlichen Milchproben sowie das Fett-/Eiweißverhältnis wichtige Hinweise. Die Milch an Ketose erkrankter Kühe enthält mehr Fett, da die Leber das Fett nicht mehr abbauen kann. Ist in der Startphase das Fett-/Eiweißverhältnis größer als 1,4, dann sollte der Kuh vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt werden, empfiehlt Hutter. Mithilfe der Milchproben ließe sich oft auf einfache, kostengünstige Weise einer Ketose vorbeugen. Neue Melkroboter verfügen über eingebaute »Labors«, die den Landwirt alarmieren, wenn der Ketonkörper-Level im Blut einer Kuh ansteigt. Auch digitale Hilfsmittel, welche die Aktivität und das Fressverhalten der Kühe aufzeichnen, sind nützliche Helfer, um eine Ketose frühzeitig zu erkennen. Sie sind – wenn man sie beachtet – wertvolle Hilfen, dass eine Kuh gar nicht erst erkrankt (s. Kästchen).

Vorbeugen lohnt sich

Die Kosten für prophylaktische Futterzusätze sind gegenüber den Behandlungskosten durch den Tierarzt gering. Zu den Kosten der Behandlung hinzu kommt der Ertragsausfall, da die kranke Kuh weniger Milch gibt. Im schlimmsten Fall kann die Ketose zu bleibenden Schädigungen der Leber führen. Da bei einer Ketose die Kühe weniger fressen, kann sie eine Labmagenverlagerung begünstigen. Sie ist aber nur eine von verschiedenen Faktoren. Erbgut, Schwergeburten mit anschließender Gebärmutterentzündung und Festliegen nach der Abkalbung wegen Kalziummangels spielen dabei ebenfalls eine Rolle, erklärt Raemy. Nicht zuletzt benötigt eine kranke Kuh besondere Aufmerksamkeit. Während konventionell wirtschaftende Betriebe zur Vorbeugung von Ketose Propylenglykol oder Natriumpropionat in Form von handelsüblichen Futterzusätzen verbreichen dürfen, ist dies Biobetrieben in der Schweiz untersagt. Sie müssen besonders darauf achten, die Kühe in der Transitzeit angepasst zu füttern. Das Futter soll strukturreich und energiearm sein, sagt Michael Walkenhorst, Tierarzt am Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL. Um die Futteraufnahme zu stimulieren, empfiehlt er, der Kuh bitterstoffhaltige und damit appetitanregende Kräuter ins Futter zu geben, zum Beispiel Schafgarbe, Wermut oder Enzianwurzel. Last but not least hilft auch eine tierfreundliche Haltung, Ketosen vorzubeugen. Viel Platz, frische Luft, mindestens ein Fressplatz für jedes Tier und sauberes Wasser fördern das Wohlbefinden, die Bewegung und die Leistungsbereitschaft der Kühe.
Michael Götz

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