Weniger Keime – fittere Kälber
Eine schonende Pasteurisierung von Kolostrum führt zu einer Reduktion der darin befindlichen Krankheitserreger und zu einer Verbesserung des passiven Immunschutzes.
Kälber verfügen nach der Geburt über keine funktionierende Abwehr gegenüber Krankheitskeimen und sind deswegen auf die Immunglobuline im Kolostrum, auch Biestmilch genannt, angewiesen. Über diese Immunglobuline wird die Abwehr in den ersten Lebenswochen des Kalbes sichergestellt. Versäumnisse in der Versorgung des Kalbes führen zu unwiederbringlichen Verlusten in der Aufzucht, die sich lebenslang negativ auf die Leistungsfähigkeit der Milchkuh auswirken.
Die drei goldenen Grundsätze für eine gute Kolostrumversorgung sind:
rechtzeitig, ausreichend und qualitativ hochwertig.
- Rechtzeitig bezieht sich hierbei auf zweierlei: den Zeitpunkt der Kolostrumgabe und den Zeitpunkt der Kolostrumgewinnung. Beides sollte innerhalb der ersten vier Lebensstunden erfolgen. Ansonsten kommt es zu einer unzureichenden Versorgung des Kalbes.
- Ausreichende Menge: Der Immunglobulingehalt im Kolostrum schwankt sehr stark. Für eine gute Versorgung muss ein Kalb in den ersten Lebensstunden ca. 4 l Kolostrum aufnehmen.
- Gute Qualität: Hochwertiges Kolostrum enthält mehr als 50 g Immunglobulin G/l und eine Gesamtkeimzahl unter 100.000 KBE/ml. Der Immunglobulingehalt kann mittels Kolostrometer oder Refraktometer einfach und kostengünstig überprüft werden, lässt jedoch keine Rückschlüsse auf die Keimbelastung des Kolostrums zu.
Kolostrum weist häufig einen nicht zu unterschätzenden Keimgehalt auf, welcher ein gesundheitliches Risiko für das Kalb darstellen kann. Durch Pasteurisieren wird eine Vielzahl der Erreger abgetötet oder inaktiviert, es besteht jedoch das Risiko einer Schädigung der Immunglobuline, weswegen auf das Pasteurisierungsverfahren geachtet werden muss. Hierbei hat sich die Pasteurisierung für 60 Minuten bei 60 °C bewährt. Die Keimzahl wird deutlich reduziert, ohne die Immunglobuline zu schädigen oder sie in ihrer Wirksamkeit zu beeinträchtigen. Des Weiteren führt es zu einer besseren Verfügbarkeit der im Kolostrum befindlichen Immunglobuline und zu einem verbesserten passiven Immunschutz.
Dieser Effekt konnte durch eigene Untersuchungen nachgewiesen werden. Diese zeigen, dass die Immunglobuline bei einer Pasteurisierung bei 60 °C für 60 Minuten nicht geschädigt werden (Abbildung 1). Außerdem steigt die Aktivität der Immunglobuline. Der Transfer der Immunglobuline ins Blut verbessert sich um 21 Prozent (Abbildung 2). Diese Steigerung hängt mit der Reduzierung der sich im Kolostrum befindlichen Erreger durch die Pasteurisierung zusammen. Hieraus folgt eine deutlich bessere Versorgung
der Kälber mit Immunglobulinen und ein geringerer Erregerdruck auf das Kalb. Kälber, die pasteurisiertes Kolostrum erhalten haben, leiden deutlich weniger an einer Unterversorgung mit Immunglobulinen. Hierbei sind jedoch die Grundregeln einer frühzeitigen Gabe ausreichender Menge Kolostrum mit guter Qualität nicht zu vernachlässigen.
M. Sc. agr. Maraike Göbel