AFEMA-Hofberatertagung – der Name bürgt für Qualität

19. November 2019

Zur elften Hofberatertagung hat die AFEMA, am 10. und 11. Oktober 2019 ins Schlosshotel Iglhauser am Mattsee eingeladen. Die Arbeitsgruppe zur Förderung von Eutergesundheit und Milchhygiene in den Alpenländern e.V. hatte für die zahlreich erschienenen Teilnehmer wieder ein breites, hochkarätiges Angebot vorbereitet. Die Veranstaltung ist ein Muss, kommt doch neben den fachlich sehr interessanten Vorträgen, der persönliche Kontakt und Meinungsaustausch, im Rahmen eines gemeinsamen Abendessens, auch nicht zu kurz. Wir haben uns unter die Teilnehmer gemischt.

Bis auf den letzten Platz gefüllt, der Saal im Schlosshotel Iglhauser am Mattsee. © sterk

Die Begrüßung der Teilnehmer, erfolgte im Rahmen eines gemeinsamen Mittagessens, durch den Vorsitzenden Dr. Christian Baumgartner. In die eigentliche Vortragsveranstaltung führte Dipl.-Päd. Ing. Josef Weber, Geschäftsführer der AFEMA, ein. In seiner unnachahmlichen Art, stellte er Programm und Referenten vor.

Das Eröffnungsreferat „Aktuelle Informationen für Milcherzeuger und Berater“, wurde gehalten von DI Stefan Leeb, vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus. Seine Agenda umfasste die Situation in Österreich und die Gemeinsame Agrarpolitik 2020+. 

Zur Situation in Österreich: Der Produktionswert der österreichischen Landwirtschaft in 2018 betrug 7,414 Mrd. €. 1,369 Mrd. generierte die Milch, Rinder und Kälber 856 Mio. und Schweine 721 Mio.€. Gemüse- und Gartenbau trugen 681 Mio. bei, einen Beitrag von 624 Mio. € leistete der österreichische Wein. Insgesamt teilt sich der Produktionswert auf in 47,5 % tierische Erzeugnisse, 42,9 % pflanzliche Produkte und 9,6 % landwirtschaftliche Dienstleistungen und Nebentätigkeiten. Dabei bringt die Milch 18,5 % des gesamten und 38,9 % des tierischen Produktionswertes. Der Selbstversorgungsgrad ist bei den Milchprodukten sehr hoch, bei Konsummilch z.B., Stand 2017, 164 %. Obers und Rahm liegen bei 109 %, Käse bei 99 % und Butter bei 72 %. Der Exportwert beträgt 1,230 Mrd. Euro, dem steht ein Importwert von 830 Mio. Euro gegenüber. Pro Kopf konsumieren die Österreicher in 2018 77,6 kg Konsummilch – inklusive Joghurt und Sauermilch, auch mit Zusätzen, 8,0 kg Obers und Rahm, und 5,5 kg Butter. Der Pro-Kopf-Verbrauch bei Käse ist stark steigend, von 13,9 kg 1995 auf 21,8 kg 2018.

„Tierische Erzeugnisse haben einen Anteil von 47,5 % am Produktionswert unserer Landwirtschaft!“

DI Stefan Leeb

Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus

In Österreich erzeugen 537.914 Milchkühe 3,82 Mio. t Milch, bei einer Ø Jahresleistung von 7.104 kg. Die durchschnittliche Nutzungsdauer einer Milchkuh liegt bei 3,8 Jahren. 27.963 Milchlieferanten erzeugen 3,821 Mio.t Milch, davon werden 3,390 Mio.t abgeliefert, 99,4 % davon ohne Qualitätsabzug. Der Biomilchanteil beträgt 19 %, die Heumilch bringt es auf 18 %. 20.700 Milcherzeuger sind Bergbauern die 66 % der Lieferleistung generieren. 11.370 Betriebe mit einer Jahresleistung von >100.000kg bringen 77 % der Lieferleistung, 12 % kommen aus 600 Betrieben mit einer Leistung von >500.000kg Milch. Die durchschnittliche Zahl der Tiere pro Betrieb über ganz Österreich liegt bei 19,7 Kühen, in Tirol 12 und im Burgenland 30. Im Vergleich dazu ist der Ø Bestand in Deutschland bei 65 Tieren. Inzwischen sind in Österreich 705 Melkroboter im Einsatz, eine Steigerung um 19 % gegenüber 2017. Der Ø Auszahlungspreis liegt im September 2019 bei 0,3600€/kg, das ist ein Rückgang um 1,23 % gegenüber dem Vorjahr. Die Auszahlungsleistung der österreichischen Unternehmen liegt damit auf dem Niveau von 2018, deutlich unter 2017, und deutlich über 2016. Bei den Umsätzen der 10 größten Molkereien Österreichs hat die Berglandmilch mit 943 Mio. Euro eine Alleinstellung. Die restlichen neun Unternehmen liegen zwischen 104 und 345 Mio. Euro. Im Vergleich zu den 10 größten Molkereien der Welt, ist der Balken der Berglandmilch allerdings kaum zu sehen. Bei der neuen GAP findet ein Wandel von Marktstützungsmaßnahmen zu Direktzahlungen statt und die Zahlungen sind rückläufig. Es soll mehr Subsidiarität für die Mitgliedsstaaten geben, das bedeutet die EU legt nur noch die grundsätzlichen Rahmenbedingungen und Ziele fest, die Wege zu den Zielen gestalten die einzelnen Länder selbst. Nach dem Brexit wird die EU ein geringeres Budget zur Verfügung haben, deshalb kann nur weniger verteilt werden. Die grundsätzlichen Ziele der GAP bleiben unverändert. Kontinuität herrscht auch bei den speziellen 9 GAP Zielsetzungen in den Feldern Markt und Wirtschaft, Umwelt und Klima sowie Gesellschaft und ländlicher Raum. Zum Thema „neuer Agrarkommissar Janusz Wojciechowski“ hielt Stefan Leeb fest: „Beim ersten Hearing hat er sich überhaupt nicht ausgekannt, beim zweiten war er deutlich besser vorbereitet, aber er ist halt ein Ost-Wirtschaftler und kein Marktwirtschaftler.“

„Neues Modul im AMA-Gütesiegel: Qplus-Kuh“, diesem Thema widmete sich DI Benedikt Fritz – AMA Marketing GesmbH. Seine Agenda umfasste drei Punkte. Ein Überblick über die AMA-GS Haltung von Kühen, QS-Kuh, 6+ Modul Qplus-Kuh als Nachfolgemodel von QS Kuh und das neue Modul „Almmilch“.

Fritz gibt einen Überblick über die AMA-Gütesiegel Richtlinie „Haltung von Kühen“ und QS-Kuh. 32.000 Teilnehmer erfahren mindestens eine Kontrolle in vier Jahren, gibt es Abweichungen bei Tierwohlkriterien, erfolgt die Kontrolle jährlich. Die so anfallenden 8.000 Kontrollen pro Jahr werden von sechs akkreditieren Kontrollstellen und etwa 100 Kontrollorganen abgearbeitet. Das Kontrollsystem ist so aufgebaut, dass der Betrieb selbst Eigenkontrollen durchführt, eine unabhängige Kontrollstelle wie z.B. Agrovet, Lacon, Biko, LKV Austria etc. für externe Kontrollen verantwortlich zeichnet und die Kontrolle der Kontrolle durch die AMA-Behörde erfolgt. In mehreren Schaubildern konnte Fritz über die Jahre Kontrollanzahl und Relation „Ohne Beanstandung“ zu „Beanstandung und sanktioniert“ darstellen. Auch die Abweichungsarten konnten übersichtlich präsentiert werden, aufgeteilt in Allgemeines, Tierkennzeichnung, Futtermittel, Tierhaltung und Tierschutz sowie Tiergesundheit und Arzneimittel. Interessant dabei war, dass im Jahr 2010 die signifikantesten Abweichungen bei Futtermittel waren, im Jahr 2017 die meisten Abweichungen bei Tierhaltung und Tierschutz zu verzeichnen waren und 2018 die Abweichungsarten ziemlich gleichmäßig verteilt waren. QS-Kuh hatte als Ziel die Sicherung und langfristige Steigerung der Milchqualität, des Tierwohls und der Tiergesundheit sowie der Nachhaltigkeit in der Milchproduktion. Die Leistungsprüfungen fanden acht- bis zehnmal pro Jahr im Betrieb statt.

Die kontrollierten Indikatoren waren: Nachgeburtsverhalten, Festliegen und die Eutergesundheit mittels Zellzahl. Bei der Milch wurden die Menge, Fettgehalt, Eiweißgehalt, Harnstoff und Zellzahl, ermittelt und anschließend in Jahres- und Tagesberichten ausgewertet. Zusammenfassend sagt Fritz: „Das Programm QS-Kuh hat als Modul zur Qualitätssteigerung Sinn gemacht.“ Jetzt ersetzt „Qplus-Kuh“ das bisherige Programm. Der Grund dafür ist die Tatsache, dass die Förderfähigkeit in der LE Vorhabensart 3.1.1, auf fünf Jahre begrenzt ist. Für eine erneute Förderung ist deshalb ein neues Programm notwendig.

„Der Einsatz elektrischer „Kuhtrainer“ wird von der AMA sanktioniert!“

DI Benedikt Fritz

AMA Marketing GesmbH

KetoMIR – in einem eigenen Referat beleuchtet – ist eine Neuheit im Neuen Modul „Qplus-Kuh“. Welche Daten werden bei den Milchkühen erhoben? Das Gesamtgemelk, Fettgehalt, Eiweißgehalt, somatische Zellen und Harnstoffgehalt. Weiter werden die Abkalbe- und Belegsdaten, die Kalbeverlaufsdaten sowie die Totgeburten und Aufzuchtverluste ermittelt und dokumentiert. Für die Tiergesundheit und das Tierwohl relevante Daten wie Mastitis und Ketose-Indikator KetoMIR werden ebenso erfasst, wie die Anzahl der Abgänge und die definierten Abgangsursachen bei den Kühen sowie die Lebensleistung der abgegangenen Tiere. Eine eigene Liste der Datenerhebungen gibt es speziell für Mutterkühe und für Kalbinnenaufzuchtbetriebe.  

Ein neues Modul bei der AMA ist die Almmilch. Fritz zählt die Ziele des Moduls auf. Volle Transparenz für Konsumenten für einen bewussten Kauf von Almmilchprodukten. „Wahre“ Almprodukte als Leuchtturmmarke etablieren, im Gegensatz zu „Pseudoalmprodukten“. Eine höhere Wertschöpfung für Almprodukte durch ein bundesweites Label und ein einheitliches Marketing. Dem Phänomen, dass die Almauftriebszahlen seit Jahren rückläufig sind, soll entgegengewirkt werden indem Anreize für die Landwirte geschaffen werden die Milchkühe wieder aufzutreiben. Der Begriff Alm ist definiert, die Anforderungen an Milchproduzenten und Milchverarbeitungsbetriebe sind ausformuliert, relevante Beschlüsse sind gefasst und die Einreichung bei der Europäischen Union ist im Juli erfolgt. Die Aufnahme in die AMA Gütesiegelrichtlinien ist für den 01.01.2020 geplant.

Über „Stoffwechselüberwachung in der Milchviehherde mit KetoMir“ sprach ing. Martin Gehringer vom Landeskontrollverband Niederösterreich. Die kritische Phase für Kuhabgänge, immerhin sind vom 1.7.18 bis zum 30.6.19 99.000 Kühe in Österreich abgegangen, liegt am Beginn der Laktation. Ketose ist eine der häufigsten Stoffwechselerkrankungen in der frühen Laktation. Als Ursache gilt eine negative Energiebilanz durch hohen Energiebedarf. Bei 10 h schwerer Arbeit verdoppelt sich der Energiebedarf, in Relation zum Grundumsatz, beim Menschen. Bei einer Kuh wird für 40 kg Tagesgemelk, soviel zusätzliche Energie benötigt, dass sich der Bedarf vervierfacht. Wenn die Kuh Fettreserven abbaut kommt es zu einer Anhäufung von Ketonkörper im Blut. Diese werden über die Milch, Atemluft und den Harn wieder ausgeschieden. Ketose kann in klinischer oder subklinischer Form auftreten, schwere Fälle führen zu einer irreversiblen Leberschädigung.  Bei klinischer Ketose fallen Tierarztkosten an, die Milchleistung wird reduziert und das Risiko von Folgeerkrankungen wird sehr hoch.

„Wenn die Kuh Fettreserven abbaut kommt es zu einer Anhäufung von Ketonkörper im Blut!“

Ing. Martin Gehringer

Landeskontrollverband Niederösterreich

Anzeichen für eine klinische Ketose sind: Fressunlust und träges Verhalten, Acetongeruch in der Atemluft, starker Gewichtsverlust, glänzender geballter Kot und intensives Belecken der Umgebung. Eine subklinische Ketose erkennt man am zuverlässigsten mit einem Ketose-Teststreifen, am Fett-Eiweiß-Quotienten oder eben der KetoMIR-Auswertung im LKV Herdenmanager. Das Verfahren KetoMIR wurde am LKV Baden-Württemberg von Dr. agr. & bioing. Laura M. Dale und Dipl. -Agrarbiologe Andreas Werner entwickelt und arbeitet auf der Basis von mittleren Infrarotspektren. In Österreich arbeitet DI Astrid Köck an einer Weiterentwicklung von KetoMIR. Das Ketoserisiko wird mit einem Ampelsystem dargestellt. Grün, Klasse 1 – geringes Risiko, gelb, Klasse 2 – Mittleres Risiko (subklinisch) und rot, Klasse 3 – hohes Risiko (klinisch). Der LKV Herdenmanager ist eine digitale Serviceleistung der LKV´s an ihre Mitglieder. Jedes LKV Mitglied ist freigeschaltet, der Login erfolgt mit Betriebsnummer und AMA-Pincode. Auf dem Onlinetool sind immer die aktuellsten Daten vorhanden. Jedes Jahr werden Kurse zur Arbeit mit dem Herdenmanager angeboten. Mit verschiedenen Beispielmasken aus dem Herdenmanager schließt Gehringer seinen Vortrag, nicht ohne vorher auf die RDVmobil App hinzuweisen, mit der die ganze Herde in der Hosentasche Platz hat. Näheres dazu erfährt man unter www.lkv-service.at.

Als nächstes kommt bei der Hofberatertagung ein Milcherzeuger zu Wort.  Josef Mangelberger, 30 Jahre alt, Molkerei- und Käsereimeister, hat 2013 den elterlichen Hof mit eigener Käserei übernommen.

„Bei der Planung, darf man die Einplanung von Freizeit nicht vergessen!“

Josef Mangelberger

Landwirt, Molkerei- und Käsermeister

Der Hof liegt in Seekirchen, umtreiben tut er Ihn zusammen mit seiner Freundin Martha die von Josefs Vater in der Landwirtschaft unterstützt wird. Auf dem Hof stehen 65 Milchkühe, die Bio-Heumilch produzieren und 35 Kalbinnen. Der Hof umfasst 48 ha. Grünland und 7 ha Ackerfläche. Die Ø Milchleistung beträgt 8.200kg, die Gesamtjahresmenge liegt bei ca. 400.000kg. Die Melkarbeit erledigt ein Roboter. Wer jetzt schon neugierig ist, schaut ganz einfach unter www.mattigtaler.at genauer nach. Die paar Klicks lohnen sich. Sein Grundfutter hat beste Qualität, dafür sorgt auch eigene Trocknungstechnik. Der Milchwirtschaftler und Landwirt hat einige Prozesse auf dem Hof mechanisiert, so gibt es z.B. eine Kraftfuttermischanlage. Was andere genauso gut können wird delegiert, Arbeiten die er sich selbst am ehesten zutraut, erledigt er immer selbst. Sein ansprechendes Bio-Sortiment, das er direkt auf Wochenmärkten, bei regionalen Bio-Supermärkten, der Gastronomie und im Spezial Großhandel absetzt, kann man auf seiner Homepage bewundern. Kommunikation ist ihm ein Bedürfnis: „Wir Bauern müssen auf die Konsumenten zugehen und ihnen erklären wie moderne Landwirtschaft heute funktioniert.“ Tue Gutes und rede darüber – könnte sein Wahlspruch sein. Ein junger Mann, an dem die letzte Rednerin des zweiten Tages, die Kronenzeitung Journalistin Sabine Kronenberger, selbst Bäuerin, ihre wahre Freude haben würde. Tierwohl und Lebensqualität sind ihm sehr wichtig, darauf richtet er einerseits Haltungsform und Fütterung aus, anderseits plant er Freizeit fix ein, lotet Arbeitsspitzen aus und schafft sich Freiraum durch gute, verlässliche Mitarbeiter. Was die Entwicklung der Gesellschaft anbelangt, ist Mangelberger optimistisch. Er sieht eine wachsende Einsicht, was den Klimawandel angeht, bemerkt, dass die Menschen weniger Müll mitkaufen wollen, dass sie Vertrauen in die heimischen Produkte bekommen und dabei Regionalität und Bio sehr wichtig sind. Als größte Herausforderungen in den nächsten 10 – 20 Jahren sieht er den Klimawandel, das Absichern des Milchpreises, seines Einkommens und als größte Aufgabe, die Aufklärung der Konsumenten.

Prof. Dr. Dipl.-Ing. Dr. Werner Zollitsch, Universitätsprofessor für Nachhaltigkeit tierischer Produktionssysteme an der Universität für Bodenkultur Wien, Leiter des BOKU-Zentrums für globalen Wandel und Nachhaltigkeit, präsentierte das Thema „Nachhaltigkeit der Milcherzeugung: Mehr als nur Treibhausgase.“  Sein Vortrag war gegliedert unter vier Überschriften: Einführung in die Nachhaltigkeit tierische Produktion, Treibhausgas Milcherzeugung, Weitere Nachhaltigkeitsaspekte und Schlussfolgerungen. Zuerst, so Zollitsch, musste ein Weg gefunden werden, um Nachhaltigkeit überhaupt zu bewerten. Unter vielen nachhaltigen Entwicklungszielen nannte Zollitsch die Ziele, keine Armut, kein Hunger, sauberes Wasser und Hygiene, Verantwortung bei Verbrauch und Produktion, Klimaschutz und Umgang mit Grund und Boden als bedeutendste. Beschrieben ist die Nachhaltigkeit der Lebensmittelerzeugung in den SAFA-Richtlinien, Version 3.0, der FAO von 2014. 21 Themen, 58 Sub-Themen und 116 Indikatoren sind dort festgehalten. Die relevanten Treibhausgase sind: Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Das CO2 stammt von fossilen Energieträgern und Humus. CH4 kommt aus dem Vormagensystem und Wirtschaftsdünger. N2O wird aus dem Boden, Wirtschaftsdünger und bei der Mineraldüngerherstellung freigesetzt.

„Deutschland liegt mit 1,3 CO2 -eq pro kg Milch mit vorderen Mittelfeld!“

Prof. Dr. Dipl.-Ing. Werner Zollitsch

Universitätsprofessor für Nachhaltigkeit tierischer Produktionssysteme an der Universität für Bodenkultur Wien, Leiter des BOKU-Zentrums für globalen Wandel und Nachhaltigkeit

Was die Treibhausgasemissionen bei der Milcherzeugung in Europa betrifft, liegt Österreich mit unter 1,0CO2 -eq pro kg Milch am niedrigsten, dicht gefolgt von Irland, ebenfalls unter 1,0. Deutschland liegt mit 1,3 im vorderen Mittelfeld zwischen 1,0 und 1,5. Werte zwischen 1,5 und 2,0 werden in Dänemark, Finnland, Estland, Ungarn, Litauen, Malta, Polen, Slowenien, Bulgarien und Rumänien festgestellt. Die Ausreißer nach oben mit über 2,5 sind Zypern und Lettland, der EU-Mittelwert liegt bei 1,35. Interessant ist die Aufschlüsselung der THG Emissionen bei der österreichischen Milcherzeugung. Dort kommen ca. 48% aus der enterogenen Fermentation im Vormagen, 19% stammen aus dem Wirtschaftsdünger, 7% trägt das Grundfutter bei, ebenso wie Landnutzungsänderungen. Der Rest verteilt sich relativ gleichmäßig auf Treibstoffe, elektrische Energie, indirekte Bodenemissionen und Kraftfutter. Zollitsch stellt eine Reihe von Minderungsstrategien von Steigerung der Grundfutterqualität über die Verlängerung der Lebensleistung der Tiere bis zu einem erhöhten Weideanteil mit der jeweils spezifischen Wirkungsweise vor. Eine interessante Aussage ist, dass 58 Mio. t Protein in tierischen Produkten, 77 Mio. t potentiell essbares Protein als Futtermittel verbrauchen. Seine Ausführungen fast Zollitsch in seinen Schlussfolgerungen zusammen. Die Österreichische Milchwirtschaft ist im Durchschnitt relativ günstig bezüglich der THG Emissionen. Es gibt betriebsspezifisches Optimierungspotential, dasselbe gilt auch für ein verbessertes Ressourcen-Management. Was die niedrige Effizienz und negative Lebensmittelbilanz bei der Erzeugung tierischer Lebensmittel betrifft hält Zollitsch fest: Milchproduktion auf der Basis Grünlandnutzung ist recht günstig. Die hohe Variabilität unterstreicht das vorhandene Optimierungspotential. Beim Vergleich pflanzliches und tierisches Protein muss man auch die Eiweißqualität berücksichtigen. In Österreich trägt die Kuh- und Ziegenmilch-Erzeugung zur Versorgung mit hochwertigem Eiweiß positiv bei. In der anschließenden Diskussion zeigt sich die Komplexität des Themas, da gibt es ganz wenig Fragen, die man mit ja oder nein beantworten kann. Sehr oft lautet die Antwort: „Das kommt auf die Umstände oder die spezielle Situation an.“

Maximilian Laabmayr – Sales Director Kersia Group, beendete den ersten Tag mit seinem Vortrag – Optimale Nährstoffversorgung bei Milchkühen. Dabei erläuterte er die Bedeutung von Vitaminen und Spurenelementen. Präsentiert wurde mit Hinblick auf Milch und Genetik die Entwicklung der Milchleistung und des Kalbungsintervalls von 1990 bis 2015.  Was die Milchspitzenleistungen betrifft, steht „Smurf“, eine Friesische Holstein aus Kanada seit 27.2.2012 im Guinness Buch der Rekorde. 216.891 kg Milch, das sind 6 Tankzüge mit 36.000 kg Milch, hat das schöne Tier seinem Besitzer geliefert. Eine gute und vorausschauende Haltung und Pflege waren dazu sicher Voraussetzung. Laabmayr zeigt die Risiken beim Trockenstellen und zu Beginn der Laktationsphase auf und beschreibt die Auswirkungen die ausgelöst werden können.

„Ein erhöhter Bedarf an Vitamin E besteht bei der Fütterung von Silage, in Kombination mit Selen ergibt sich eine Kombinationswirkung als Antioxidantien!“

Maximilian Laabmayr

Sales Director Kersia Group

Ausführlich beschreibt er den Einfluss von Vitaminen und Spurenelementen während der Trockenstellung. So können die Aufrechterhaltung des körperlichen Zustands, die Klauengesundheit, die Vitalität des Kalbes, eine sichere Geburt und die Regeneration der Milchdrüse unterstützt und gefördert werden. Im weiteren Verlauf stellt Laabmayr die Funktion verschiedener Präparate und deren Wirkung vor. So ist z.B. Vitamin A wichtig für die Muskulatur des Verdauungssystems und das Fortpflanzungssystem. Zink hilft dabei, Vitamin A in der Leber zu speichern. Ein erhöhter Bedarf an Vitamin E besteht bei der Fütterung von Silage, in Kombination mit Selen ergibt sich eine Kombinationswirkung als Antioxidantien. Selen und Jod wiederum spielen eine wichtige Rolle beim Schilddrüsenstoffwechsel. Eine Antwort für jedes Bedürfnis in jeder Lebensphase der Tiere bietet Kersia mit dem Bolus Programm. Diese Applikation ist, laut Laabmayr, eine einfache, sichere und rasch durchzuführende Methode. Laabmayr empfiehlt den Hofberatern, im Gespräch mit den Mitarbeitern seines Unternehmens, die für jede Anforderung beste Lösung zu finden.

Mag. Di Johann Költringer, Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM) berichtete zu dem Thema „Was tut sich am Milchmarkt, welche Strategie verfolgen wir?“

Die Rahmenbedingungen für die österreichische Milchwirtschaft müssen auf nationaler und internationaler Ebene verbessert werden. Die Wertschöpfung- und Qualitätsstrategie wird unterstützt. Die Milchwirtschaft ist Schlüsselsektor für viele Regionen in Österreich. Die Mehrkosten für höhere Standards und Kostensteigerungen müssen abgegolten werden. Die Schieflage auf den Märkten muss beendet werden, es braucht mehr Fairness. Österreichische Milch und Milchprodukte sind sehr hochwertige und nachhaltige Lebensmittel. In der anschließenden Diskussion konnte Költringer detaillierte Fragen rund um die Milch und den Milchmarkt umfassend beantworten.

„Auf den Märkten braucht es mehr Fairness!“

Mag. Di Johann Költringer

Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM)

In einem Kurzreferat erläuterte Michaela Masanz, AMA, die aktuelle Bewertung der Milchqualität.

Aufgrund der Ungleichheit der Ergebnisse beim Zählen von Lichtimpulsen und Keimkolonien ist eine Harmonisierung erforderlich geworden. In einer Abstimmung mit Deutschland, wurden die Lichtimpulse in Keimzahlvergleichswerte umgerechnet. Für die Berechnung der Keimzahl, gilt ausschließlich das geometrische Mittel über zwei Monate, bei den somatischen Zellen über drei Monate. Die Harmonisierung läuft seit dem 1. Januar 2019. Jetzt herrscht eine vollständige Übereinstimmung mit dem EU-Hygienerecht. In mehreren Übersichten stellte Frau Masanz die Umrechnung und deren Auswirkung auf die S-Klassen Grenze dar. In einem Monatsvergleich zwischen 2018 und 2019 war zu sehen, dass der Anteil von Milch in der S-Klasse von +4,9% im Januar, bis +8,2% im August, gesteigert wurde.

„Der Anteil der Milch in der S-Klasse ist gestiegen!“

Michaela Masanz

AMA Agrar-Markt-Austria

Über den „Stand der Verordnung zur Fortentwicklung des Rohmilchgüterechts in Deutschland“ informierte Dr. Christian Baumgartner die Teilnehmer.

Baumgartner erläutert die Ausgangslage, Milchgesetz von 1930, Milch- und Fettgesetz von 1951 sowie den Novellierungsbedarf. Erstens weil sich die Zeiten ändern, auch in der Milchwirtschaft, zweitens weil Grenzen weggefallen sind und weil, drittens seit 2006 ein EU-Lebensmittel-Hygiene-Paket gilt. Aber: Gut Ding will scheinbar Weile haben. Die Diskussionen in der Branche begannen 2011 über ein langes Hin und Her von Entwürfen und auftauchenden „Differenzpunkten“, war der Stand Ende 2018: „Eine Notifizierung bei der EU erfolgt eher im Laufe von 2019.“ Vielleicht wird alles in 2020 gut, vielleicht. Der aktuelle Stand ist, dass eine weitere Verbändeanhörung notwendig ist, die im November 2019 stattfinden soll. Die Notifizierung soll in den ersten Wochen von 2020 erfolgen. Bei den dann erforderlichen Abläufen wird es wahrscheinlich doch 2021 werden. Im Vergleich der MilchGüV und der RohmilchGütV fällt auf, dass die Verantwortung fast ausschließlich beim Abnehmer liegt. Baumgartner geht dann auch noch ausführlich auf die Auswirkungen bei der Hemmstoffanalytik ein. Der eingesetzte Test wird empfindlicher auf Rückstände reagieren und es wird mehr positive Ergebnisse geben als bisher, falls keine Anpassung an die neuen Gegebenheiten erfolgt. Die Rechtssicherheit für alle Beteiligten in der Lebensmittelkette Milch wird erhöht und das gute Image der Milch wird weiter gepflegt. Die viel umfangreichere Verordnung legt die Hauptverantwortung auf den Abnehmer und birgt ein hohes „Bürokratie-Risiko“. Die Sicherheit für die Unternehmen wird allerdings auch steigen.

„Schon fast peinlich, was wir mit dieser Güteverordnung veranstalten!“

Dr. Christian Baumgartner

Milchprüfring Bayern e.V.

„EIP-Projekt Berg-Milchvieh – Weiterentwicklung der traditionellen Haltungssysteme in der Milchwirtschaft“ über diese interessante Thematik berichtet DDI Sylvia Maria Schindecker, Landwirtschaftskammer Österreich. „Interessant ist, dass in der Werbung immer nur die Kuh auf der Alm auftaucht. Die Kuh im Laufstall sieht man nie, obwohl der Handel diesen intensiv fordert.“ Schindecker erläutert die Antwort auf die Frage: „Warum tun wir uns dieses Projekt an?“ Tierwohl und Nachhaltigkeit haben einen sehr hohen Stellenwert in der öffentlichen Meinung. Der Alpenraum punktet am Milchmarkt besonders mit der kleinen Struktur der Familienbetriebe, Biodiversität, Weide- und Almhaltung, Traditionen, Qualität und Besonderheiten.

Die Kombinationshaltung ist jedoch weit verbreitet. Die Ausgangssituation ist sehr schwierig. Kleine Betriebe mit schwierigen Betriebsgegebenheiten wie, Hanglage, hoher Arbeitsaufwand und Nebenerwerb. Es gibt keine Lösungen von der Stange und die Stallbaufirmen für diese Größen sind dünn gesät. Es sind also individuelle Konzepte notwendig, der Beratungsaufwand ist sehr hoch und die Umbauten sind kompliziert, deshalb auch sehr teuer. Nach wie vor gibt es einen hohen Anteil an Anbindehaltung. In der Größenordnung bis 20 Kühe sind das 69 % der Betriebe. Doch gerade diese Höfe sind der Werbeträger Nummer eins. Ziele des Projekts sind die Unterstützung der Berg-Milchviehbetriebe, die Weiterentwicklung der traditionellen Haltungssysteme und mögliche alternative Betriebsentwicklungsstrategien. Partner in diesem Projekt sind die Landwirte, die Landwirtschaftskammer Österreich und die Landwirtschaftskammern der betroffenen Bundesländer (V, T , SB, STMK, K, OÖ, NÖ), Bio Austria und deren Vereine der betroffenen Bundesländer, ÖKL, Molkereien (Oberst. Molkerei, Tirol Milch – Berglandmilch, Raumberg-Gumpenstein Research & Development, BOKU – Institut für Landtechnik und HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Die Projektlaufzeit geht vom 1. Juni 2019 bis zum 31. Mai 2022, 500.00 € sind für das Projekt genehmigt. Die angestrebten Ergebnisse sind 30 innovative Stallbau-Lösungen, alternative Betriebsentwicklungswege und wertvolle Basisdaten und Innovation. Abschließend bittet Frau Schindecker die Hofberater, sich nach möglichen Interessenten umzuschauen. Die Zeit ist knapp.

Tierwohl und Nachhaltigkeit haben einen sehr hohen Stellenwert in der öffentlichen Meinung.

DDI Sylvia Maria Schindecker

Landwirtschaftskammer Österreich

Ein Highlight der Veranstaltung 2019 ist sicher der letzte Vortrag – der Bibelspruch: „Die letzten werden die ersten sein,“ bewahrheitet sich zumindest in diesem Fall. Sabine Kronberger, Landwirtin, im Hauptberuf Journalistin und Redakteurin bei der Kronenzeitung. Über diesen Auftritt ließe sich ein ganzes Magazin füllen, ich möchte aber trotzdem die Würze in der Kürze liegen lassen. Ohnehin kann man den Vortrag nicht wirklich schriftlich wiedergeben, diese Frau muss man gehört, erlebt haben. Frau Kronbergers Thema lautete „Landwirtschaft und Medien, wie man sich Journalismus zu Nutze macht.“ Ob jetzt zunutze machen oder zusammenarbeiten sei dahingestellt, das Hauptproblem traf die Journalistin, als Einleitung auf den Punkt. Es hatte in der Nacht gehagelt, der stv. Chefredakteur sprach sie am nächsten Morgen an: „Heut Nacht hat es gehagelt, da haben sie endlich wieder etwas zu jammern, unsere Bauern.“ Auf der anderen Seite musste sie schon viel zu oft hören: „Mit euch Journalisten zu reden ist gefährlich, das geht sich für mich eh schlecht aus!“  Ein gegenseitig verzerrtes Bild, oder besser, Vorurteil ist die große Herausforderung.

Dazu kommt, dass die Landwirte die Kommunikation an sich und deren Chancen und Risiken gar nicht gelernt haben. Dasselbe gilt für viele Milchwirtschaftler im gleichen Maß. Kronberger schreibt den Zuhörern ins Stammbuch: „Eine Pressekonferenz ist nicht gleich Öffentlichkeitsarbeit.“ Die Journalisten haben gar nicht die Zeit um diese „Präsentationen“ zu besuchen, die meist auch noch verkappte Werbeveranstaltungen sind. „Wir müssen einen offenen Dialog finden und gegenseitig Vertrauen aufbauen. So komisch das klingt, der Journalist sucht nicht nach guten Produkten, er braucht gute Geschichten.“ Kronberger appelliert an alle Teilnehmer, ihre guten Geschichten zu erzählen.

„Wir müssen einen offenen Dialog finden!“

Sabine Kronberger

Landwirtin, Journalistin

Weitere Infos sowie die Vorträge sind auf der Seite der AFEMA unter www.afema.eu zu finden.

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