Status Quo der Weidehaltung von (Öko-) Milchvieh

17. Januar 2025

Das Pilotverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland zum Weidegang von Pflanzenfressern im Ökolandbau wird künftig einige Öko-Betriebe vor Herausforderungen in Bezug auf die Weidehaltung stellen. Um den aktuellen Stand zur Weidehaltung in Süddeutschland zu ermitteln wurde vom Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) in Aulendorf im Rahmen des Projekts „Mehr Weide für Öko-Kühe“ (WeidÖQ) vom 08. Mai bis 14. Juli 2024 eine Online-Umfrage unter Milchviehbetrieben durchgeführt.

Foto: LAZBW

Es wurden sowohl ökologische als auch konventionelle Betriebe aus ganz Deutschland befragt um möglichst viele Daten zu sammeln. Aus Baden-Württemberg konnten 166 Rückmeldungen von Teilnehmenden ausgewertet werden, darunter waren 89 Öko-Betriebe. Außerdem wurde per Mail eine Abfrage bei 20 Anbietern von Weidemelktechnik zum Thema Melken und Weidegang mit Schwerpunkt auf Technik für das Melken auf der Weide durchgeführt.

Ergebnisse aus der Online-Umfrage

In Baden-Württemberg gaben 48% der Öko-Betriebe an, dass Kälber, Nachzucht und alle Milchkühe Zugang zu Weideflächen haben. Bei allen anderen Betrieben kann man davon ausgehen, dass sie mehr oder weniger Handlungsbedarf in Bezug auf die bevorstehenden Änderungen zur Weidehaltung im Ökolandbau haben. Besonders groß ist dieser offensichtlich bei den fünf baden-württembergischen Öko-Betrieben aus der Umfrage, die bisher noch für keine Tiergruppe Weidegang umsetzen. Insgesamt waren es in Baden-Württemberg 13,3% der befragten Öko-Betriebe, die bisher nur einen Teil der Milchkühe oder gar keine Kühe auf die Weide bringen oder bringen können. Weideflächen zu erschließen, die weiter vom Stall entfernt sind, ist bei Milchkühen wegen des Melkens eine besondere Herausforderung. Erstaunlich war deshalb, dass der Anteil an Betrieben ohne Weidezugang bei der Nachzucht (42,2% der Betriebe) und den Kälbern (21,7% der Betriebe) relativ hoch war. Denn vor allem die Aufzuchtrinder müssen nicht regelmäßig zum Stall zurück und können daher auch auf weiter entfernten Flächen geweidet werden. Die Flächenstrukturen und die Verfügbarkeit von Weideflächen spielen auch bei den Gründen eine große Rolle, die Betriebe davon abhielt ihre Kühe auf die Weide zu bringen: besonders häufig wurde der Mangel an hofnahen und zusammenhängenden Weideflächen, schwieriges Fütterungsmanagement, hoher Arbeitsaufwand und Verlust an Milchleistung genannt. Insgesamt gab ein Drittel aller Betriebe an, dass das Melken auf ihrem Betrieb ein Hindernis für mehr Weidegang ist. Als Hauptgründe für Weidehaltung wurden unter anderem mehr Tierwohl und Tiergesundheit, Klauengesundheit, die Weideprämie, kostengünstiges Futter und geringerer Arbeitsaufwand genannt. Dabei ist aber vor allem die Einstellung der Betriebsleitung zum Thema Weide entscheidend, denn wer Weide umsetzen will findet meist einen Weg dahin. Ob die baden-württembergische Sommerweideprämie (50€ pro GV) über FAKT und der Weidemilchzuschlag von derzeit üblicherweise 2ct/kg Milch die Mehrkosten durch Weidehaltung decken können, hängt von der Intensität ab, mit der die Weidehaltung betrieben wird. Vollweide kann dabei sogar einen Kostenvorteil bewirken.

Die Weidesaison dauerte bei den befragten Betrieben im Durchschnitt circa 200 Tage im Jahr (etwa vom 12. April bis zum 30. Oktober), bei durchschnittlich 14 Tagen ohne Weidegang (wegen Nässe, Hitze…). Die Hälfte der befragten Betriebe betrieb Weidegang schon seit über 25 Jahren und weidete die Kühe für mindestens acht Stunden pro Tag mit einer Weidefläche pro Kuh von mehr als 2.000m². Das Weidefutter spielte folglich auf den meisten Betrieben eine wichtige Rolle in der täglichen Futterration während der Sommermonate. Außerdem hatte auch bei Weidehaltung die Zufütterung in unterschiedlichen Varianten eine Bedeutung.

Die neuen Weideregelungen sehen vor, dass die Tiere Zugang zu Weideflächen haben müssen, wann immer die Umstände dies erlauben. Dabei ist eine Abstufung des Weidegangs bei Laufstallbetrieben in Abhängigkeit vom Außenflächenzugang vorgesehen. Das bedeutet, wenn ein Laufhof vorhanden ist muss ein sogenanntes „Optimum“ an Weide umgesetzt werden, es reicht also wenn die Weide vor allem dem Bewegungsaspekt Rechnung trägt. Ist kein Laufhof vorhanden, ist ein „Maximum“ an Weide nötig, was sowohl der Fütterung als auch der Bewegung dient. Daher wurde in der Umfrage auch nach dem Vorhandensein und der Größe von Laufhöfen gefragt. Aktuell entsprechen die Laufhöfe aller Öko-Betriebe ohne und mit Einschränkungen beim Weidegang den bisher gültigen Anforderungen an Mindestaußenflächen gem. DVO (EU) 2020/464, Anh. I, Teil I, 1. Da bei einem „Optimum“ an Weide zukünftig ein entsprechender Laufhof nötig sein wird, werden Betriebe die bei Stunden- beziehungsweise Halbtagsweide bisher keinen Laufhof benötigt haben, sich zukünftig über eine Ausdehnung der Weide oder den Bau eines Laufhofs mit 4,5 m² pro Kuh Gedanken machen müssen. Das betraf in der vorliegenden Umfrage mindestens 21 Betriebe (24%).

Weidemelktechnik

Bei der Online-Umfrage wurden in Baden-Württemberg fünf Betriebe mit mobilen Weidemelkständen ausfindig gemacht. Bei vier dieser Anlagen handelt es sich um Eigenbaulösungen. Das Interesse an Melken in Zusammenhang mit Weidegang hat laut Angaben von mehreren Melktechnikherstellern in den letzten Jahren zugenommen. Neben dem Transport der Melkstände wurden verschiedene weitere Herausforderungen benannt, wie die Stromversorgung und die Fütterung während des Melkens, wobei sich die Hersteller diesbezüglich stark unterscheiden. Weitere Details dazu sind im Projektbericht dargestellt.

Ausblick

Forschungsbedarf besteht insbesondere bezüglich Fragestellungen zu Weidemelken allgemein und Weidemelktechnik. Verfügbare Informationen für Beratung und Praxis zu Arbeitswirtschaft und -organisation sind veraltet (DLG-Merkblätter von 1987 und FAT-Bericht 2001). Darüber hinaus gibt es kaum konkrete Forschungsarbeiten zur Weidehaltung in Baden-Württemberg, der Wirtschaftlichkeit der Weidehaltung und zu Lösungen bei strukturellen Hindernissen für Weidegang von Milchkühen. Das Projekt endete nach Ablauf der Förderperiode I Ende Dezember 2024.

LAZBW

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