Kuh-Komfort im Fokus: Forschungsprojekt Kompostierungsstall
Mit dem aktuell veröffentlichten Abschlussbericht „Kompostierungsstall – Ein innovatives Haltungskonzept für Kühe“ ist ein länderübergreifendes Forschungsprojekt abgeschlossen. Die Justus-Liebig-Universität Gießen forschte drei Jahre lang in Kooperation mit der Landesvereinigung Milch Hessen und milch.bayern e.V. auf bayerischen und hessischen Milchviehbetrieben. Die Ergebnisse sind vielversprechend im Hinblick auf Tierwohl und Ökologie und können sogar Auswege für Anbindehalter aufzeigen.
„Maximale Entspannung – so lässt sich der Zustand der Kühe zusammenfassen“, freut sich Projektleiterin Sibylle Möcklinghoff-Wicke bei der Präsentation der Fotos zum Projekt. Denn es gibt Indikatoren, die das Tierwohl bei Kühen zuverlässig anzeigen können: Wenn das Tier in kompletter Seitenlage schläft, wenn es ungestört liegen und aufstehen kann, wie z.B. auf der Weide und mit den anderen Tieren intensiv gegenseitige Körperpflege betreibt. Neben der Beobachtung spielte beim Kriterium „Wohlbefinden“ auch die Erhebung von Sensordaten zu Verhaltensmerkmalen wie Beinaktivität, Liegedauer oder Nackenbewegungen eine Rolle. Weiterhin wurden Konzentrationen von Schad- und Treibhausgasen gemessen, um Unterschiede zwischen konventionellen Ställen und Kompostierungsstellen zu ermitteln. Auch bei diesem Projektziel waren die Ergebnisse zufriedenstellend.
Die CO2-Konzentration der Stallluft über der Liegefläche wird unter anderem von der Feuchtigkeit des Einstreus beeinflusst. Dies wird bei einem Blick auf die grundsätzliche Funktionsweise des Stallsystems deutlich: Auf der Liegefläche eines Kompostierungsstalls verrottet eine organische Masse aus Einstreumaterial, Futterresten, Kot, Harn und Wasser zu einem stabilen Endprodukt, zu reifem Kompost. Entscheidend für die Trockenheit der Oberfläche, die Hygiene und auch die Emissionen ist ein zum Material passendes Liegeflächenmanagement. Nach wie vielen Tagen die Einstreu nachgefüllt wird und wie häufig der Boden mit einem Grubber behandelt wird, kann vielerlei Auswirkungen haben. In Abhängigkeit von dem verwendeten Einstreu, der Bearbeitung und der Kompostierungsdauer fällt ein wertvoller Dünger für die Acker- und Grünlandflächen an. Im Lauf der Studie wurden in standardisierten Betriebsleiterinterviews diese Arbeitsschritte analysiert und mit dem Arbeitsaufwand anderer Stallsysteme in Beziehung gesetzt.
Neben Tierwohl, Emissionsaufkommen, Arbeitsaufwand und Auswirkungen auf die Milchqualität wurde beleuchtet, ob sich der Kompostierungsstall als Ausweg aus der Anbindehaltung eignet. Anhand von zwei in der Studie berücksichtigten Umbauprojekten konnten die Erfahrungen dokumentiert werden. Generell ist davon auszugehen, dass sich ein Kompostierungsstallsystem gerade für die Umnutzung vorhandener Gebäude eignet oder als Anbau an bestehende Gebäude genutzt werden kann. In den zwei untersuchten Betrieben wurde der Kompostierungsstall in Altgebäuden integriert bzw. mit Altgebäuden kombiniert und es konnte eine gute Funktionalität erreicht werden. Die Einfachheit der Bauweise besticht, aber da pro Kuh mehr umbauter Raum erforderlich ist, als im konventionellen Liegeboxenlaufstall sind die anfänglichen Investitionen für den Bau vergleichbar und die Beschaffung/Verfügbarkeit von möglichem Einstreumaterial stellt eine Herausforderung dar.
pm