Rundumversorgung für die Mutterkuh
Die Mutterkuhhaltung repräsentiert nur einen kleinen Teil der deutschen Rinderwirtschaft, hat sich in den vergangenen 20 Jahren jedoch als landwirtschaftlicher Wirtschaftszweig etabliert.
Im Mai 2020 wurden in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 640 000 Mutterkühe gehalten. Dies ist zwar im Vergleich zur Gesamtzahl der in Deutschland gehaltenen Rinder (11,4 Mio.) nur ein geringer Anteil, trotzdem hat sich die Mutterkuhhaltung als Wirtschaftszweig etabliert, insbesondere in den östlichen Bundesländern. Ausreichende Weideflächen, die nicht in Konkurrenz zur Milchviehaltung stehen – also Trocken- und Magerrasen, Mittelgebirgslagen bzw. Staunässestandorte – bieten die Voraussetzungen dafür. Ob die Mutterkuhhaltung auch in Zukunft wirtschaftlich betrieben werden kann, hängt stark von der Entwicklung der Flächenpreise ab. Sie wird sich dort behaupten können, wo die Flächenstrukturen eine großflächige Beweidung erlauben.
Helle und luftige Ställe für den Winter
Bei der Haltung von Mutterkühen werden im Wesentlichen zwei Verfahren unterschieden: die Winterstallhaltung (Weidehaltung während der Vegetationszeit, Aufstallung im Winter) und die ganzjährige Freilandhaltung, die als erstrebenswert gilt.
Um den Bedürfnissen der Mutterkühe gerecht zu werden, sollten Ställe hell, luftig, trocken und mechanisierbar sein und einen Flächenbedarf von 6 bis 8 m2 je Kuh und mindestens 1,5 m2 je Kalb berücksichtigen. Die meisten Mutterkühe werden über den Winter in Tief- bzw. Flachlaufställen aufgestallt. Darüber hinaus haben sich Mehrraumlaufställe, Tretmistställe und der Liegeboxenlaufstall als Systeme bewährt. Da der Platzbedarf in den Gruppen entsprechend der Kalbehäufigkeit im Jahreslauf unterschiedlich groß ist, sollte die Flächenzuteilung z.B. durch Versetzen von Trenngittern variabel gestaltbar sein.
Extensive Weidehaltung – intensives Management
Tiere das ganze Jahr über auf der Weide zu halten, ist in Bezug auf das Flächen- und Tiermanagement sehr anspruchsvoll und eine Herausforderung für Tierhalterinnen und Tierhalter. Sie müssen das überschüssige Futter aus den Frühjahrsaufwüchsen so konservieren, dass es in ausreichendem Maß als Winterfutter zur Verfügung steht. Darüber hinaus sollten sie die Weidefläche so pflegen (düngen), dass ihre Tiere vom Frühjahr bis in den Herbst hinein ausreichend mit Weidefutter versorgt sind. Als Bedarf an sauberem Tränkwasser gilt ein Richtwert von ca. 50 l pro Mutterkuh, der jedoch bei steigenden Temperaturen auch erheblich höher sein kann. Bei Kälbern bis zum 6. Monat wird mit einem täglichen Wasserbedarf von ca. 15 l gerechnet.
Schwankende Nährstoffversorgung ausgleichen
Probleme bei der bedarfsgerechten Versorgung der Mutterkühe und ihrer Kälber ergeben sich insbesondere durch schwankende Energiegehalte im Futter (Defizite oder Überversorgung je nach Standort und Jahreszeit). Ähnliches gilt für Mineralstoffe. Insbesondere bei Natrium, Zink, Kupfer, Selen und Jod besteht häufig die Gefahr einer Mangelversorgung.
Experten empfehlen deshalb, betriebsspezifische Mineralfutter für Kühe zu verabreichen und Salzlecksteine anzubieten. Bei Bedarf sollte auch Raufutter zugefüttert werden (Heu, Stroh, Silage). Die regelmäßige Konditionsbeurteilung der Kühe über BCS (Body Condition Scoring) ermöglicht eine gute Einschätzung des (Gesundheits-)Zustandes. Die DLG hat Empfehlungen zur Fütterung von Mutterkühen und deren Nachzucht (PDF) erarbeitet, die Tierhalterinnen und Tierhaltern gute Richtwerte bieten.
Vor Kälte und Nässe schützen
Wenn Mutterkühe (und ihre Nachzucht) angemessen betreut werden, kann die Weidehaltung eine besonders tiergerechte Haltung sein. Sie ermöglicht Bewegungsfreiheit und maximale Ausübung natürlicher Verhaltensweisen. Klimareize stärken die Abwehrkräfte, Bewegung wirkt gesundheitsfördernd. Ohne Witterungsschutz, den alle Tiere gleichzeitig nutzen können, geht es jedoch nicht. Geeignet sind natürlicher Baum- und Strauchbewuchs, eine entsprechende Geländegestaltung oder künstliche Schutzeinrichtungen.
Für den Schutz vor Nässe und Kälte muss den Tieren ein trockener Liegeplatz zur Verfügung stehen, der ausreichend mit Stroh eingestreut ist.
Parasitenbefall vermindern
Trotz vieler Vorteile birgt die Weidehaltung von Mutterkühen auch gesundheitliche Gefahren – insbesondere durch den Befall mit Ekto- und Endoparasiten (Magen-Darm-Würmer, Lungenwürmer oder Leberegel). Sie können zu einem schlechten körperlichen Zustand, zu Wachstumsdefiziten und auch zu erheblichen Kälberverlusten führen. Eine entsprechende Weidehygiene ist im Sinne des Tierwohls deshalb unabdingbar. Dazu zählen die Herbstmahd und das Abschleppen von Dunghaufen ebenso wie der Umtrieb der Herde auf eine sichere Weide, am besten Mitte Juli. Vernässte Areale sollten ausgezäunt werden. Das gilt auch für Stellen, an denen Giftpflanzen wachsen. Positiv wirkt sich die Mischbeweidung mit älteren Rindern, Pferden oder Schafen aus. Auch die Ansaat von Pflanzen mit bioaktiven Substanzen, z.B. der Esparsette, kann den Befall mit Parasiten mindern. Mindestens einmal jährlich sollten die Rinder gegen Parasiten behandelt werden.
Klauenpflege unerlässlich
Ebenso selbstverständlich wie die Parasitenbekämpfung gehört die regelmäßige Klauenbehandlung zur Pflege der Mutterkühe. Sie sollte mindestens einmal, besser zweimal jährlich durchgeführt werden. Für Mutterkühe typische Klauenerkrankungen wie chronische Reheklauen, Ballenhornfäule, Sohlenblutungen, Wanddefekte und Hornspalten können so zeitnah erkannt und behandelt werden.
Stress vermeiden
Klauenbehandlungen, Schutzimpfungen, Trächtigkeitsuntersuchungen oder das Überwachen der Kalbungen erfordern den regelmäßigen Umgang der Halterin/des Halters mit den Kühen (und ihrer Nachzucht). Das Umtreiben, Einfangen, Sortieren und Behandeln ist für die Tiere jedoch häufig ein enormer Stressfaktor. Landwirte, die nach der sogenannten Low-Stress-Stockmanship-Methode arbeiten, können sich und ihren Tieren viel Stress ersparen. Die Methode fußt auf der genauen Beobachtung der Tiere. Die Landwirtin oder der Landwirt lenkt die Kühe durch eine bestimmte Körpersprache und Bewegungsmuster und kommuniziert über das richtige Maß von Nähe und Distanz zum Tier.
Sicher einzäunen
Seit der Wolf in Deutschland immer heimischer wird, müssen sich auch Mutterkuhhalter Gedanken um den Schutz ihrer Herde machen. Schafe, Ziegen und Gatterwild sind zwar wesentlich stärker gefährdet als Mutterkühe und ihre Kälber, jedoch waren auch in der Mutterkuhhaltung schon Wolfsrisse zu verzeichnen. Auch wenn spezielle Herdenschutzmaßnahmen bei Rindern in der Regel nicht ergriffen werden müssen, die sichere Einzäunung der Herde ist unabdingbar für ihren Schutz. In einigen Fällen kommen deshalb auch bei Mutterkuhherden bereits Herdenschutzhunde zum Einsatz.
nutztierhaltung.de/BLE