Was rechnet sich?
Eine Einordnung der aktuellen Kosten-Nutzen-Relation verschiedener Ausbringverfahren
flüssiger organischer Dünger. Welche Gülle-Technik lohnt sich?
Die Ausbringung flüssiger organischer Düngemittel ist ein wichtiges Thema für landwirtschaftliche Betriebe. Dem Einzelbetrieb stehen viele potentielle Mechanisierungskonzepte zur Auswahl. Diese reichen vom kleinen bis zum großen Fass, über verschiedene Verteiler hin zu der Frage, ob mit oder ohne Zubringung gearbeitet wird. Mit Blick auf die Themen »Stickstoff-Verluste« und »Futterverschmutzung« bieten sich Optionen der zusätzlichen Behandlung flüssiger organischer Dünger an, darunter die Ansäuerung mit Schwefelsäure, die Verdünnung mit Wasser oder die Separation. Um unter diesen Möglichkeiten das passende Konzept auszuwählen, sind einige Fragen zu beantworten:
- Wo liegt die eigene Grenze, was Gewicht, Abmessungen oder Zugleistungsbedarf angeht?
- Gibt es andere Kriterien, die für oder gegen ein Mechanisierungskonzept sprechen?
- Welche Schlagkraft ist nötig, um die verfügbaren Ausbringzeitfenster einzuhalten?
- Welches Mechanisierungskonzept ist unter diesen Bedingungen am ökonomischsten?
Die ersten beiden Fragen können nur individuell beantwortet werden. Hier spielen z.B. die verfügbare Schlepperleistung wie auch das Gelände vor Ort eine Rolle. Die Schlagkraft und Ökonomik verschiedener Mechanisierungskonzepte wird nachfolgend eingehend betrachtet.
Methodisches Vorgehen
Als Basis für die Bewertung der Maschinenkosten wurde die KTBL-Datenbank »MaKost« (https://daten.ktbl.de/makost/) verwendet. Schlepper, von 102 bis 275 kW Leistung, und Fasswagen von 9 m³ (Einzelachse) bis 22 m³ (Tridemachse), in Kombination mit Schleppschlauch-, Schleppschuh- und Schlitzverteilern in Arbeitsbreiten von 9 bis 30 m wurden als »Bausteine« ausgewählt und zu 25 praxisgerechten ein- und zweistufigen Mechanisierungskonzepten zusammengestellt. Zusätzlich wurden drei Gülle- bzw. Gärrestbehandlungen geprüft: Verdünnung mit Wasser, Ansäuerung mit Schwefelsäure und Separation. Der Umfang dieser Behandlungen wurde auf jeweils 50 % der Ausbringmenge festgelegt, da viele Betriebe auch unbehandelte flüssige organische Dünger optimal einsetzen können, z.B. vor Mais. In Summe wurden damit 88 Kombinationen aus Mechanisierung und Behandlung auf Kosten und Schlagkraft überprüft.
Die untersuchten Kombinationen weisen zum Teil deutliche Unterschiede im Hinblick auf die damit verbundenen Stickstoffemissionen auf. Um diese Verluste abzuschätzen, wurde das N-Emissionsmodell »ALFAM2« (https://projects.au.dk/alfam) verwendet (Inputdaten: Gärrest mit 25 m³/ha; Ammonium 2,5 kg/m³; original TS-Gehalt 5 %; original pH Wert 7,7; Lufttemperatur 15° C; Windgeschwindigkeit 2,5 m/s). Die relativen Unterschiede der Stickstoffverluste wurden für sämtliche Mechanisierungskonzepte quantifiziert und mit einem Reinnährstoffpreis von 1,36 €/kg Stickstoff (Basis: KAS im Mai 2023, netto) bewertet.
Im Fall der Ansäuerung mit Schwefelsäure wird zusätzlich ein positiver Düngeeffekt erzielt. Durch die Zugabe von Schwefelsäure kann eine sonst notwendige mineralische Schwefeldüngung ersetzt werden. Würde ein Betrieb normalerweise 35 kg Schwefel pro Hektar und Jahr mineralisch ergänzen, ergibt sich bei einem Reinnährstoffwert von Schwefel in Höhe von 0,68 €/kg (abgeleitet von KAS und SSA im Mai 2023) ein maximaler monetärer Schwefeleffekt von 23,80 €/ha. Mit 59,5 l Schwefelsäure pro Hektar werden 35 kg Schwefel pro Hektar ausgebracht. Eine höhere Zuteilung an Schwefelsäure führt zu keiner weiteren Erhöhung des monetären Schwefeleffekts, jedoch zu steigenden Kosten für Schwefelsäure.
Um einen ökonomisch sachgerechten Vergleich der verschiedenen Konzepte zu ermöglichen, wurden wie folgt die sogenannten Vergleichskosten ermittelt. Tabelle 1. Mithilfe dieser Methodik wurden alle 88 Kombinationen aus Mechanisierung und Behandlung unter verschiedenen betrieblichen Szenarien analysiert. In den Szenarien wurde eine jährliche Ausbringmenge von 5 000, 10 000 und 25 000 m³ Gärrest bei durchschnittlichen Hof-Feld-Entfernungen von 6, 12 und 18 Minuten Fahrtzeit unterstellt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden in Form von Schlagkraft (siehe Tabelle 2) und Vergleichskosten (Tabelle 3) dargestellt.
Die Ergebnisse
Die Schlagkraft ist ein wichtiges Entscheidungskriterium, wenn es darum geht, in Gülletechnik zu investieren. Unterschiede in den betrieblichen Gegebenheiten und den persönlichen Präferenzen des Schlepperfahrens führen dazu, dass jeder Betrieb eine individuelle Obergrenze an Gülleausbringstunden pro Jahr ansetzt. Für den weiteren Verlauf wird angenommen, dass diese Grenze bei maximal 300 Stunden pro Jahr liegt.
Die Tabelle 2 liefert einen Überblick, wie viele Gülleausbringstunden von den Mechanisierungskonzepten beansprucht werden und ob die Obergrenze von 300 Stunden pro Jahr eingehalten werden kann. Unter den analysierten Mechanisierungsvarianten erweist sich die Kombination aus 22-m³-Fass und 30-m-Schleppschlauch als schlagkräftigste. Dies gilt sowohl im ein- als auch im zweistufigen Verfahren. Die übrigen dargestellten Mechanisierungsvarianten entsprechen nicht der zweiten bzw. dritten Platzierung in punkto Schlagkraft. Stattdessen wurde versucht, zusätzlich eine mittlere und kleine Mechanisierungsvariante darzustellen. Tabelle liefert vor allem drei interessante Informationen:
- Einstufige Verfahren überschreiten bereits ab einer jährlichen Ausbringmenge von 10 000 m³ das vorgegebene Limit von 300 Gülleausbringstunden.
- Im Falle der zweistufigen Verfahren spielt die Hof-Feld-Entfernung keine entscheidende Rolle für die notwendigen Gülleausbringstunden. Das gilt natürlich nur, wenn bei steigender Entfernung weitere Zubringer eingesetzt werden.
- Zweistufige Verfahren ermöglichen maximale Schlagkraft in engen Zeitspannen. Die Notwendigkeit zusätzlicher Fahrer erhöht aber den Gesamtbedarf an Arbeitskraftstunden im Vergleich zu den Gülleausbringstunden um den Faktor 3 bis 5.
Letztendlich ist die Bewertung der Schlagkraft kein alleiniges Entscheidungskriterium. Im vorliegenden Fall wurde die Kalkulation der Gülleausbringstunden nur dazu verwendet, um Mechanisierungsvarianten auszuschließen, die eine Grenze von 300 Stunden pro Jahr überschreiten. Die jeweils kostengünstigsten Mechanisierungsvarianten, die diese Grenze einhalten, finden sich in Tabelle 3.
Sie bildet den optimalen Investitionspfad ab. Im einstufigen Verfahren hätte man bei einer Ausbringmenge von 5 000 m³ und einer Hof-Feld-Entfernung von bis zu 12 Minuten mit einem 9-m³-Fasswagen und einem 21-m-Schleppschlauchverteiler die geringsten Vergleichskosten von 5,90 €/m³ bzw. 6,57 €/m³. Andere Mechanisierungskonzepte kommen in die Nähe dieser Vergleichskosten, werden aber hier nicht dargestellt. Bei einer Steigerung der Hof-Feld-Entfernung auf 18 Minuten erreicht das 15-m³-Fass mit dem 15-m-Schleppschuhverteiler die geringsten Kosten. Eine Steigerung der Ausbringmenge auf 10 000 m³ führt dazu, dass ein 18-m³-Fasswagen eingesetzt wird. Keines der untersuchten einstufigen Verfahren war in der Lage, eine Ausbringmenge von 25 000 m³ in maximal 300 h zu realisieren. Bei den zweistufigen Verfahren ist das Zusammenspiel aus Ausbringfass und Zubringern von Bedeutung, was aber in der vorliegenden Kalkulation nicht in allen Facetten abgebildet werden kann. Es ist aber erkennbar, dass bei steigender Ausbringmenge die Technik mitwächst. Insgesamt liegen die Kosten der zweistufigen Ausbringung über den Kosten der einstufigen Verfahren. Im Falle von sehr engen Ausbringzeitfenstern oder großen Ausbringmengen, bieten jedoch nur zweistufige Verfahren ausreichend Schlagkraft. Um diese Schlagkraft umsetzen zu können, müssen zeitgleich ausreichend geeignete Arbeitskräfte verfügbar sein. Liegt kein Engpass bei den Feldarbeitstagen vor, so sind einstufige Verfahren mit Blick auf die Kosten und den Gesamtarbeitszeitbedarf (Akh/m³) im Vorteil.
Vorteile durch Ansäuerung
Bei den Mechanisierungskonzepten mit den geringsten Vergleichskosten (Tabelle 3) konnte sich unter den angenommenen Umständen weder die Verdünnung mit Wasser, noch die Separation oder die Ansäuerung durchsetzen. Alle drei Behandlungen wirken sich zwar mindernd auf die Stickstoffverluste aus, führen aber zu zusätzlichen Kosten. Diese Kosten konnten bei der Kalkulation mit einem Reinnährstoffpreis von 1,36 €/kg Stickstoff (0,68 €/kg Schwefel) nicht vollständig aufgewogen werden. Eine veränderte Preissituation, ungünstige Witterungsbedingungen bei der Ausbringung oder positive Ertragseffekte, die im Falle der Ansäuerung durchaus vorkommen (Howind und Baumgärtel, LWK Niedersachsen), können dieses Ergebnis drehen. Daher ist anzuraten, diese Behandlungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen. Die Ansäuerung spielt ihre Vorteile im stehenden Bestand, vom späten Frühjahr bis zum Sommer und bei hohem Schwefeldüngebedarf aus. Die Separation ist in den betrachteten Szenarien bereits bei geringen Ausbringmengen (unter 2 500 m³ in den Bestand) kostengünstiger als die Verdünnung mit Wasser. Wer im Grünland die Futterverschmutzung reduzieren möchte, sollte daher in der Regel besser über Separation nachdenken.
Kosten-Nutzen-Relation
Die Anforderungen an Schlagkraft und Effizienz verlangen moderne Technik. Der gleichzeitig hohe Kostendruck erfordert hohe Auslastung dieser Technik. Wer als Betrieb z.B. deutlich weniger als 5 000 m³ jährlich ausbringt, sollte nicht ausschließlich an Eigenmechanisierung festhalten. Viele der betrachteten Mechanisierungskonzepte eignen sich für Güllegemeinschaften oder Lohnunternehmen. Im Übrigen lassen sich überbetrieblich auch deutlich flexiblere Lösungen umsetzen: So ist es hier leichter, unterschiedliche Verteiler und Zubringsysteme nebeneinander zu realisieren, was den einzelbetrieblichen Anforderungen oft entgegenkommt. Positive Beispiele, wie die Güllegemeinschaft Weißenburg-Gunzenhausen, belegen, dass eine überbetriebliche Organisation der Gülleausbringung flexibel und dazu kostengünstig organisiert werden kann.
Dr. Michael Tröster,
Leiter Pflanzenbau und Versuchswesen an den Landwirtschaftlichen Lehranstalten Triesdorf