Gelbe Pracht mit bitterem Beigeschmack
Das Jakobskreuzkraut breitet sich auf Deutschlands Weiden und Wiesen aufgrund günstigerer Klimabedingungen weiter aus. Dies birgt Risiken für Weidetiere, aber auch bei der Futterkonservierung.
Das Jakobskreuzkraut sticht auf den grünen Wiesen leuchtend gelb hervor. Günstige Wachstumsbedingungen haben die Entwicklung der Blütenpflanze deutschlandweit gefördert und machen so ihre schleichende Verbreitung deutlich. Für die Artenvielfalt mag sie ein Gewinn sein, für die Weidetiere kann sie eine ernste Bedrohung darstellen, die man nicht unterschätzen sollte. Die Risiken durch die enthaltenen Giftstoffe und ein mögliches Management der Pflanze sollen im Folgenden kurz dargestellt werden.
Beim Jakobskreuzkraut (JKK) handelt es sich um eine heimische Giftpflanze, die sich vor allem auf extensiv genutzten oder wenig gepflegten Grünlandflächen, Bracheflächen und an Wegrändern ausbreitet. Dabei bringen zunehmend günstige Klimabedingungen mit feuchten Frühjahren in Kombination mit zunehmend warmen und trockenen Sommermonaten sowie Umstellungen in der Bewirtschaftung von einzelnen Flächen klare Vorteile für diese Pflanze aus der Familie der Korbblütler. Ausreichend Licht und Niederschläge im frühen Wachstum sind dabei wichtige Faktoren für die Ausbildung einer solch intensiven Blüte, wie sie Ende Juli zu beobachten ist.
Gefährlicher Inhalt
Die wichtigen Giftstoffe im JKK sind die Pyrrolizidinalkaloide (PA). Diese Stoffgruppe gehört allgemein im Pflanzenreich zu den am weitesten verbreiteten Giften. Während JKK als Auslöser einer PA-Vergiftung des Menschen kaum auftritt, sind Kräutertees, die mit anderen PA-haltigen Pflanzenspezies kontaminiert sind, eine häufige Quelle von PA-Vergiftungen mit teilweise tödlichen Verläufen oder Langzeitschäden. Bei Mensch und Tier entfalten die PA erst in der Leber infolge der dortigen Verstoffwechselung ihre giftige Wirkung, sodass es zu akutem Leberversagen nach hohen Aufnahmemengen kommen kann. Das Ziel der Pflanze ist natürlich nicht die Schädigung von Tieren, sondern der Eigenschutz gegen Verbiss. Daher sind alle frischen Pflanzenteile des JKK nicht nur giftig, sondern zugleich sehr bitter, sodass sie allgemein von Weidetieren nach einigen Probebissen gemieden werden.
Aktuell nicht gesichert ist, ob der bittere Geschmack des JKK beim Trocknen oder Silieren abnimmt, da einige der Bitterstoffe chemisch sehr stabil sind. Dennoch ist es ein Problem, dass JKK-Pflanzenteile nach dem Mähen oder in Futterkonservaten schlechter von den Tieren erkannt und aussortiert werden können, da beispielsweise in Silagen der Geschmack überdeckt sein kann. So kann es hier leichter zu einer schleichenden Aufnahme durch belastetes Futter kommen.
Giftige Jungpflanze
Da der Geschmack der frischen Pflanze die meisten Pflanzenfresser abschreckt und sie so eine Vermeidung erlernen, ist das Risiko einer ungewollten Aufnahme der hoch aufschießenden Pflanze im zweiten Jahr eher gering einzuschätzen, solange den Tieren genug anderes Futter auf der Weide zur Verfügung steht. Anders sieht es hingegen bei den flachen Blattrosetten des JKK im ersten Jahr des Wachstums aus. Diese sind sehr viel weniger bitter und unscheinbarer im Gras verborgen. Sie werden auch von erfahrenen Tieren nicht so einfach gemieden. So kann es auch bei dem Fehlen von blühendem JKK (ab dem zweiten Wachstumsjahr) durch eine scheinbar erfolgreiche mechanische Bekämpfung dennoch zu Vergiftungen mit Leberschäden bei den Weidetieren kommen, wenn diese die Jungpflanze unkritisch abweiden.
Tierschutz und Futtermittelrecht
Wie groß die Gefahr durch eine Aufnahme von JKK bei der Beweidung ist, müssen Tierhalter laufend prüfen. Aktuell existieren jedoch keine belastbaren Empfehlungen, welche aufgenommene Pflanzenmenge noch als ungefährlich anzusehen ist, da der PA-Gehalt stark schwanken kann und sich die Gefährdung vor allem bei Langzeitaufnahme noch nicht seriös abschätzen lässt. Ein fahrlässiger Umgang mit dem Thema kann einen Verstoß gegen das Tierschutzrecht bedeuten. So besagt das Tierschutzgesetz, dass Tierhalter ihr Tier »seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren« müssen (§2), und verbietet, »einem Tier Futter darzureichen, das dem Tier erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden bereitet« (§3).
Für konserviertes Grobfutter in Form von Heu oder Silage gilt in den meisten Fällen das EU-Futtermittelrecht. Insbesondere Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verbietet, dass »nicht sichere Futtermittel« an Lebensmittel liefernde Tiere verfüttert werden oder anderweitig in Verkehr gebracht, also gehandelt oder weitergegeben werden. »Nicht sicher« sind dabei vor allem Futtermittel, die die Gesundheit von Mensch oder Tier beeinträchtigen können. Somit sollten von wissentlich mit JKK belasteten Flächen keine Futterkonserven hergestellt oder eingesetzt werden, da dies sonst neben dem Schaden an den Tieren zu CC-Rechtsverstößen mit Prämienabzug oder anderen Strafen führen könnte. Verkäufer von belastetem Grobfutter sollten dieses bei Reklamation anstandslos zurücknehmen und derartige Chargen sachgerecht beseitigen.
Gutes Risikomanagement hilft
Neben den naturschutzrechtlich besonders geschützten oder ökologisch bewirtschafteten Flächen kommt es auch auf konventionell geführtem Grünland immer wieder zum Auftreten von JKK, wenn dessen Samen über Straßenränder, Bahndämme oder von Nachbarflächen mit hohem Befall eingetragen werden oder ein erstes Auftreten nicht konsequent unterbunden wurde. Dabei ist zu beachten, dass eine blühende JKK-Pflanze einige zehntausend Samen bilden kann, die vom Wind bis zu 40 m verbreitet werden können. Zudem bleiben diese Samen im Boden zehn bis zwanzig Jahre keimfähig, sodass es nach Umbruchmaßnahmen oder Narbenerneuerung zu einem erneuten Auflaufen der Altlasten kommen kann. Daher ist bei allen Maßnahmen immer ein langer Atem und eine gute Zusammenarbeit aller Nachbarn sowie von Pächtern und Verpächtern in einer betroffenen Region gefordert. Die sinnvollen möglichen Maßnahmen reichen dabei vom Ausreißen von Einzelpflanzen oder Nestern bis hin zur chemischen Bekämpfung, sofern möglich und zulässig. Jedoch scheinen mittelfristig auch andere Verfahren wie spezielle Mähkonzepte oder die Ansiedlung des natürlichen Fraßfeindes des JKK, dem Blutbären, einem auch als Jakobskrautbär oder Karminbär bekannten Schmetterling, erfolgsversprechend zu sein.
Beim Handling der Pflanze ist aber immer zu bedenken, dass die Pflanzenstoffe nicht nur beim Verzehr, sondern auch in geringem Umfang über die Haut aufgenommen werden können. Es sollten daher immer geeignete Handschuhe getragen werden, um die eigene Gesundheit zu schützen. Langfristig wird die Ausbreitung auf intensiv geführtem Grünland vor allem durch einen guten Narbenschluss vermieden, da der Samen des JKK nur auf offenem Boden erfolgreich keimen kann. Daher kommt der Grünlandpflege nach guter fachlicher Praxis mit regelmäßiger Gras-Nachsaat eine hohe Bedeutung zu.
Dr. Ole Lamp
LK Schleswig-Holstein