Vom Anbindestall zum Laufstall – Lösungen für kleine Betriebe
Aus einem Anbindestall lässt sich nicht so leicht ein Laufstall machen. Bauliche Umbaumaßnahmen oder Neubauten sind oftmals mit hohen Kosten verbunden. Sofern die Möglichkeit gegeben ist, bieten sich einfache Anbaulösungen an.
Vom Lebensmittelhandel und Verbrauchern wird zunehmend die Umstellung zum Laufstall gefordert. Sicherlich ist diese Haltung die tiergerechtere. Doch oftmals ist für den einzelnen Hof die Umstellung vom Anbindestall zum Laufstall baulich nicht so einfach möglich und mit hohen Kosten verbunden. Die Investitionskosten für einen Kuhplatz im Neubau liegen derzeit bei ca. 12 000 bis 15 000 EUR brutto – mit steigender Tendenz! Die Kosten für eine evtl. zusätzlich notwendige Güllegrube und Fahrsilo sind bei diesem Betrag oftmals noch nicht inbegriffen. Angesichts dieses hohen finanziellen Aufwandes stehen viele Anbindebetriebe vor der Frage, ob es anstatt eines teuren Neubaus möglich ist, den bestehenden Stall um- und anzubauen. Damit könnten die Baukosten in der Umbauvariante zur Hälfte bis zu einem Drittel der Neubaukosten reduziert werden – also eine Überlegung wert!
Anbindestall gesetzlich noch zulässig
Gesetzlich ist die Anbindehaltung erlaubt – und sollte eine Abschaffung in den nächsten Jahren kommen, dann sicherlich mit einer langjährigen Übergangsfrist und Ausnahmen. Der Druck auf die Anbindehalter zeigt sich zunehmend auf finanzieller Seite. Der Mindereinnahmen an Milchgeld im Vergleich zur Laufstallhaltung kann für einen Milchviehbetrieb mit Anbindehaltung mehrere hundert Euro ausmachen – pro Kuh! Somit ist es sicherlich wert, darüber nachzudenken, wie man den Stall möglichst kostengünstig und einfach in einen Laufstall umwandelt. In unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft produzieren viele Betriebe im Nebenerwerb. Daher soll der Stallumbau derart gestaltet werden, dass die Stallarbeit arbeitswirtschaftlich gut neben der Arbeitnehmertätigkeit zu schaffen ist. Ein großer Vorteil vom Laufstall ist hierbei das Melken im Melkstand, welches weitaus komfortabler ist als im Anbindestall. Somit schafft man nicht nur für die Kühe mehr Bewegungsfreiheit, sondern sich selbst einen angenehmeren und vor allem rückenschonenderen Arbeitsplatz. Aber auch die betriebswirtschaftliche Situation darf keinesfalls vernachlässigt werden: Die Maßnahme muss wirtschaftlich sein!
Wirtschaftlichkeit beachten – Risiko miteinkalkulieren
Bevor jedoch mit der Bauplanung begonnen wird, sollte besonders die gesamte betriebswirtschaftliche Situation des Hofes gut durchleuchtet werden. Hierbei ist besonders darauf zu achten, die Stallbaumaßnahme realistisch zu kalkulieren. Mit genügend »Risikopuffer« sollte ein Betrieb nach der Investition auch bei schwierigen Situationen liquide bleiben. Ein Bau darf nicht die Substanz des Betriebes gefährden. Ein sinkender Milchpreis, eine angespannte Arbeitskräftesituation aufgrund Krankheits-, Pflege- oder Todesfällen in der Familie sowie die »gefährliche Verlockung« durch bisher niedrige Kreditzinsen sollten einkalkuliert werden.
– Gute Produktionstechnik,
– kostengünstige Bauausführung und
– ein guter Milchpreis
sind die drei entscheidenden Faktoren, die für eine rentable Investition in die Milchviehhaltung ausschlaggebend sind. Mit der Nutzung guterhaltener Altgebäude kann der umbaute Raum – und somit die Baukosten – bei einem Neubau bzw. Anbau auf das notwendige Maß begrenzt werden. Bei zu hohem Risiko bzw. schlechter Rentabilität sollte man sich als Landwirt überlegen, mit dem Stallbau abzuwarten bzw. nicht zu bauen. Eine wirtschaftliche Fehlinvestition mit überhöhter Schuldenbelastung belastet nicht nur die Finanzen, sondern oftmals auch die Psyche und die Familie!
Altbaunutzung mit Anbau des Liegebereiches
Die Umstellung zum Laufstall braucht bei weitem mehr Platz als der bestehende Anbindestall. Daher ist der An- und Umbau nur möglich, wenn seitlich des bestehenden Stalles ausreichend Platz für den Anbau ist. Vor der Planung einer Stallerweiterung sollte zunächst der Standort hinsichtlich der Geruchs- und Ammoniakbelastung geprüft werden. Aus immissionsschutzrechtlicher Sicht kann eine Wohnbebauung in der Nähe des Stalles ebenso problematisch sein wie ein zu geringer Abstand zu Ökosystemen (z.B. Gewässer, Wald). Hier sind vorgegebene Mindestabstände einzuhalten. Wichtig bei der Planung ist zudem, dass die Substanz des Altgebäudes und die Abmaße (besonders Deckenhöhe und Stallbreite) es zulassen, dieses Gebäude weiterhin als Laufstall nutzen zu können. Ein einfaches Pultdach dient seitlich als Liegebereich mit den Wandliegeboxen für die Kühe.
Einzelne Durchbrüche an den vorherigen Fenstern ermöglichen den Zugang zu den Liegeboxen und vermeiden das arbeitsintensive Entfernen der tragenden Außenwand. Diese Variante ist aber nur möglich, wenn seitlich des bestehenden Stalles keine baulichen Einschränkungen (Güllegrube, Fahrsilo, Zufahrt, Wohnhäuser) vorhanden sind. Bei den Wandliegeboxen sollten mind. 2,80 m Länge eingeplant werden, der Laufgang sollte eine Breite von mindestens 2,50 m haben.
Gebrauchter Melkstand?
Zum Futtertisch sollte der Fressgang 3,50 m breit sein. Oftmals können der Fressbereich und die Funktionsräume (Melkstand, Milchkammer, Technik) in das bestehende Altgebäude integriert werden. Wenn keine Sommerweidehaltung möglich ist, muss bei der Umstellung auf Bio ein unüberdachter Auslauf eingeplant werden. Einen gebrauchten Melkstand einzubauen wäre eine Überlegung wert – hierbei können erhebliche Investitionskosten eingespart werden. Mit etwas Glück wird man über ein Kaufgesuch per Inserat fündig, einen guten gebrauchten Melkstand günstig zu erwerben. Anstatt eines Melkstandes könnte der Kauf eines gebrauchten Melkroboters besonders für Nebenerwerbsbetriebe mit einem Kuhbestand von ca. 25 bis 40 Kühen interessant sein. Die Investitionskosten belaufen sich hierbei auf ca. die Hälfte einer Neuanschaffung und der »Gebrauchtroboter« ist für einen kleineren Milchviehbetrieb im Verhältnis ebenso wirtschaftlich wie ein neuer Roboter für einen Betrieb mit 65 Milchkühen.
Im Bayerischen Sonderprogramm Landwirtschaft (BaySL) wird seit einigen Jahren die Umstellung vom Anbindestall zum Laufstall gefördert. Milchviehbetriebe, die im Durchschnitt der letzten drei Jahre max. 30 Kühe gehalten haben (entscheidend ist HI-Tier), können für die geplante Baumaßnahme mit 40 % Zuschuss auf die Netto-Bausumme gefördert werden. Für größere Investitionen gibt es die Einzelbetriebliche Investitionsförderung, bei der die Beantragung und die Vorgaben weitaus anspruchsvoller sind als beim relativ unkomplizierten BaySL-Förderprogramm. Zur Antragstellung ist immer ein genehmigter Bauplan notwendig. Über die aktuellen Investitionsförderprogramme erhalten Sie Informationen bei Ihrem zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Umbau oftmals zeitaufwendiger
Ein Umbau ist oftmals zeitaufwendiger zu planen als eine Neubau-Planung auf der grünen Wiese. Dennoch sollte man sich den Aufwand machen, diese »Kompromisslösung« zu überdenken. Nicht immer ist ein An- und Umbau möglich – aber wenn doch, dann kann ein günstiger und dennoch praktikabler Laufstall entstehen. Somit wären »drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen«: Die Kühe haben ihren tiergerechten Laufstall, die Bäuerin und der Bauer haben bessere Arbeitsbedingungen und mit der gewonnenen Wirtschaftlichkeit ist man für die Zukunft der Milchviehhaltung gerüstet!
Thomas Winkler,AELF Traunstein