Hof

Kostenfalle Energie

17. Januar 2023

Immer mehr Technik hält auf den landwirtschaftlichen ­Betrieben Einzug. Diese Arbeitserleichterung hat aber ­natürlich einen höheren Strombedarf zur Folge, sind doch gleichzeitig die Stromkosten um mehr als 9 % in den letzten fünf Jahre gestiegen. Wie die ­hofeigene Energieerzeugung hierfür sinnvoll, zeitnah und wirtschaftlich genutzt und richtig dimensioniert werden kann, lesen Sie hier.

Für die ökonomische Bewertung konkreter Energieeinsparmaßnahmen und der optimalen Einbindung und Nutzung von eigenerzeugter regenerativer Energie werden detaillierte Verbrauchswerte benötigt. agrarfoto

Der Energieeinsatz mutiert immer mehr zum entscheidenden Kostenfaktor bei der Milchviehhaltung. Wer den Energieverbrauch reduzieren und selbsterzeugten Strom über eine Eigenstromversorgung intelligent nutzen will, der muss einiges beachten. Josef Neiber vom Institut für Landtechnik und Tierhaltung an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft informierte in einem kompakten Online-Seminar mit 53 Teilnehmern über das mögliche Einsparpotenzial und Eigenstromversorgung in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung bei Milchvieh und Schweinen.

Wer seinen Energieeinsatz wirksam reduzieren und intelligent einsetzen will, müsse zuerst wissen, welche Stromverbraucher die meiste Energie fressen, wann die meiste Energie benötigt wird und wie dieser Verbrauch reduziert werden kann.
Laut Neiber gibt es mehrere Möglichkeiten, den Strom dann zu verbrauchen, wenn er gerade produziert wird. Für die klimaschonende Nutzung energetischer Produktionsmittel sei es jedoch entscheidend, »intelligente Energiemanagementsysteme mit bidirektionalem Informationsfluss« einzusetzen. Da sich im innovativen Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik eine rasante Entwicklung vollzieht und anderseits die Automatisierung und Elektrifizierung von Maschinen und Geräten immer weiter voranschreitet, steige der Energiebedarf ständig weiter an.

Zudem leistet die Nutzung von eigenerzeugter regenerativer Energie einen wichtigen Beitrag für eine umweltverträgliche Gestaltung von landwirtschaftlichen Produktionsprozessen. Speichermöglichkeiten – nicht nur im stationären Bereich –, die sich zeitlich flexibel aufladen lassen (für zunehmend immer mehr elektrifizierte Arbeitsmaschinen, wie etwa die Agrar-Robotik oder automatisierte Fütterung), seien zwingend erforderlich.

Hybridsysteme im Kommen

Neiber erwartet immer mehr Hybrid-systeme, etwa in der Wärmeerzeugung und in der Milchkühlung (durch Wärmepumpen). Mit einer Sektorenkopplung kann die Wärme mittels Wärmepumpen aus dem Stallboden oder der Güllegrube als zweite Energiequelle effektiv auch für die Heizung vom Wohnhaus und zur Heutrocknung genutzt werden. Die Zukunft gehöre vernetzten Energiemanagement-Systemen, wodurch die erneuerbaren Energien in den Betrieben vor Ort besser und selbst genutzt werden können.

Die Spezialisten an den Fachzentren für Diversifizierung und Strukturentwicklung (an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) beraten über »Erneuerbare Energien, Energieeinsparung, Schnellcheck und Lastprofile« sehr gerne, wie Energie effektiv eingespart und sinnvoll eingesetzt werden kann.  Wichtig sei nämlich unter anderem auch die richtige Dimensionierung, um Energieerzeugung und -nutzung sinnvoll, zeitnah und wirtschaftlich zu verbinden. Dies könne etwa passieren, indem tagsüber auf dem Dach Strom produziert, und gleichzeitig mittels Wärmepumpe Eiswasser für die Milchkühlung gespeichert, sowie die Wärme für Brauch- und Nutzwasser in Stall und Wohngebäuden nutzbar gemacht wird. Stationäre Stromspeicher könnten durch mobile Speicher in elektrischen Arbeits- und Antriebsmaschinen ergänzt werden.

Wärmetauscher, etwa bei Lüftungsanlagen bei Ferkelerzeugern, könnten den Energieeinsatz, vor allem im thermischen Bereich, leicht und einfach halbieren. Entsprechend geringer seien auch die CO2-Emmissionen. Intelligente Energienutzung macht den Betreiber unabhängiger von sehr stark schwankenden Energiepreisen. Dazu muss der Landwirt aber zuerst wissen, wann und wieviel Strom für welches Gerät benötigt wird. Zunächst gilt die Verpflichtung zum Einbau intelligenter Messsysteme zwar nur für Verbraucher mit einem Jahresstromverbrauch ab 6 000 kWh bis zu 100 000 kWh.

Dem Verbraucher liefern diese Systeme aber wertvolle Informationen: Etwa kann eine Lastverschiebung und Anpassung des Stromverbrauches an die tageszeitliche Erzeugung – händisch oder per Zeitschaltuhr gesteuert – den Eigenstromverbrauch signifikant erhöhen. Mit optimaler Ost-West-Ausrichtung der PV-Anlagen kann die Stromproduktion merklich verlängert, und somit auch wesentlich besser den Bedarfszeiten angepasst werden.

Bedarfsgerecht planen

Auch die Anlagengröße beeinflusst den Eigenverbrauch maßgeblich. Frequenzsteuerung bei viel laufenden Motoren sowie LED-Beleuchtungskörper verursachen bei der Anschaffung zwar Mehrkosten, diese amortisieren sich jedoch durch den geringeren Stromverbrauch schnell wieder.

Melkroboter verzeichnen – im Gegensatz zu zweimaligem Melken morgens und abends – den ganzen Tag ein relativ gleichmäßiges Lastprofil. Optimal ausgeklügelte Energiesysteme in Milchviehbetrieben, insbesondere wenn Melkroboter, Eiswasserkühlung und Wärmerückgewinnung für Heizung und Brauchwasser (mit entsprechendem Pufferspeicher) kombiniert werden, können sehr hohe Anteile des selbstproduzierten Stromes nutzen. »Insbesondere für große Milchviehbetriebe ist es – vor allem im Sommer – sehr lohnend, die Milch in einem Wärmetauscher mit kaltem Wasser (eventuell Tränkewasser) vorzukühlen«, so der Experte. Bei allen Investitionen müsse die Anschaffung aber »bedarfsgerecht« ausgelegt werden. Und insgesamt muss das Energiekonzept des Betriebes in sich stimmig zusammenpassen!

Franz Kustermann

Stromerzeugung aus Dach und Windrad sowie Stromspeicherung und Verbrauch beim Melken und Milchkühlen müssen stimmig ­zueinander passen. Am besten wird der Eigenstrom dann verbraucht, wenn er produziert wird. Fotos: Franz Kustermann

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