Betriebsreportage: AMS-Umstieg im laufenden Betrieb

17. Januar 2023

Im Zuge des Neubaus eines Milchviehstalles stand der Biobetrieb L. aus dem Innviertel vor der Entscheidung, ob im neuen Stall weiter mit einem Melkstand oder mit einem Automatischen Melksystem gemolken werden soll. Dieser Artikel aus der Praxis beschreibt, wie der Umstieg auf das AMS umgesetzt und das ­Management im laufenden Roboterbetrieb noch verbessert wurde.

Vorwartebereich mit Fingergatter – links Austriebsgang von mindestens einer Kuhlänge. Fotos: Großpointner

Im alten Laufstall, der für ca. 45 Kühe Platz bot, wurde mit einem Durchtreibermelkstand für acht Melk­plätze gemolken. Da aber eine Betriebserweiterung schon länger angedacht wurde und im bestehenden Laufstall die »Special-Needs-Bereiche« für Transitbereich und Abkalbende nicht in ausreichender Größe und Funktion vorhanden waren, wurde die Entscheidung für einen Neubau des Milchviehstalles immer konkreter. Um sich einen besseren Überblick über verschiedene Bauvarianten und die anfallenden Kosten zu verschaffen, nahm der Betrieb mehrere Bauberatungen der Landwirtschaftskammer Oberösterreich und Baufirmen in Anspruch. Diese halfen dem Betrieb vor allem in der gesamten Planungsphase, keine Details zu vergessen, sowie Baukosten einzusparen.

AMS oder konventionelles Melken?

Neben der Größenauslegung des neuen Stalles galt es auch bezüglich des zukünftigen Melksystems eine Entscheidung zu treffen. Neben der flexibleren Arbeitszeiteinteilung und der kuhindividuellen Datenerfassung sprachen für den Betrieb auch gesundheitliche Gründe für ein automatisches Melksystem. Vor allem Rücken- und Genickschmerzen waren bisher ständige Begleiter des Melkpersonals. Nach mehreren Gesprächen mit Beratern über Pro und Contras der verschiedenen Hersteller wurde der Neubau des Roboterstalles für 70 Liegeplätze inkl. Auslauf in die Tat umgesetzt.

Beim Einbau des AMS wurden folgende Details besonders berücksichtigt:
- Gute Einsehbarkeit des AMS für die Tiere
– Großzügiger und heller Vorwarteraum
– Frostsicherheit
– Sauberer Zugang zum Roboter für das Personal
– Austriebsgang von mind. einer Kuhlänge
– Ausstattung des AMS: Zwischendesinfektion mittels PES und standardmäßiges Dippen

Speziell den Funktionsbereichen wurde eine genauere Betrachtung geschenkt. So plante der Betrieb die automatische Selektion der Kühe direkt nach dem Roboter entweder in den großen Abkalbebereich oder in den separaten Selektionsbereich mit ein. Auf einer Fläche von 80 m² bietet der Special-Needs-Bereich im 2-Raum-System sowohl für Transit-, als auch für kurzfristig zu behandelnde Kühe genügend Platz.

Clevere Lösungen

Neben der Möglichkeit zur automatischen Selektion wurde auch eine kleine abdeckbare Melkgrube am Rand samt Vakuum- und Wasseranschluss in den Special-Needs-Bereich integriert. Sie bringt den Vorteil, dass ein hygienisches und gleichzeitig rückenschonendes Melken der Frischabkalber möglich ist. Zusätzlich wollte der Betrieb im großzügigen Vorwartebereich die Lösung schaffen, dass mehrere Kühe den Vorwartebereich betreten, diesen aber nicht mehr verlassen können. Hierbei wurde ein sogenanntes »Fingergatter« eingebaut. Dieses bietet im Gegensatz zum Einwegtor den Vorteil, dass mehrere Kühe gleichzeitig und nicht einzeln in den Vorwartebereich getrieben werden können und diese dann nur über den Roboter zurück in den Liegebereich kommen.

Einzug in den neuen Stall

Der Betrieb teilte das Einmelken der rund 45 Kühe am Roboter bei der Umstellung auf das Melken im AMS auf zwei Tage auf. Somit konnte dem Einzeltier mehr Zeit am Roboter gegeben werden, was den Stress für die Kühe deutlich reduzierte. Neben dem erstmaligen Eintreiben in den Roboter nahm besonders die Dateneingabe jeder einzelnen Kuh viel Zeit in Anspruch. Der Betrieb empfiehlt daher, die Herde im Vorhinein in das jeweilige Herdemanagementprogramm des Roboters einzugeben, um den ohnehin schon stressigen Tag für Mensch und Tier schneller über die Bühne zu bringen.

Vor allem jüngere Kühe konnten sich schnell an das AMS gewöhnen und mussten schon nach kurzer Zeit nicht mehr nachgetrieben werden. Laut Betriebsführer hat hier unter anderem auch das »Fingergatter« zur Verringerung des Nachtreibens beigetragen. Um den laufenden Roboterbetrieb zu optimieren, entschied sich der Betrieb ein Jahr nach Einzug in den neuen Laufstall, eine »AMS-Managementberatung« der LK Oberösterreich in Anspruch zu nehmen. Neben den Einstellungen in der Robotersoftware wurde vor allem das Roboter-Auswertungstool im LKV Herdenmanager intensiv analysiert. Hierbei wurden wichtige Parameter wie die Melkanrechte, die Zwischenmelkzeiten sowie die Eutergesundheit genauer besprochen und Verbesserungsmöglichkeiten erarbeitet. Erfreulich ist, dass sich der Betrieb seitdem vor allem in der Eutergesundheit verbessern konnte. Zusätzlich hat sich laut Betriebsführer auch die Anzahl der nachzutreibenden ­Kühe weiter reduziert.

Konsequente Umsetzung

Der problemlose Umstieg auf ein automatisches Melksystem ist durch die konsequente Umsetzung des Managements von der Planung bis zur Optimierung des laufenden Roboterbetriebs mehr als geglückt. Neben der flexibleren Arbeitszeit schätzt der Betrieb auch die kuhindividuelle Datenerfassung durch den Melkroboter. Zusätzlich wirkt sich laut Betrieb der Wegfall des täglichen zweimaligen Melkens besonders positiv auf die körperliche Gesundheit des Melkpersonals aus. Die Schmerzen im Bereich des Rückens und des Genicks gehören mittlerweile der Vergangenheit an.

Ing. Gregor Großpointner
Berater Rinderhaltung, AK – Leiter
LK Oberösterreich

Kleine Melkgrube im Trockensteherbereich erleichtert das ­Melken direkt nach der Geburt – mit Deckel abdeckbar.

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