Alles für einen guten Start
Neben der persönlichen Belastung, die kranke und Verlustkälber für Landwirte darstellen, entsteht durch sie auch großer wirtschaftlicher Schaden. Um Kälber gut durch die ersten Lebensmonate zu bringen, sind die Faktoren Hygiene, Futterqualität, Einsatz von Mineralstoffen und individuelle Betreuung absolut entscheidend für die Kälbergesundheit.
Für die Gesundheit und gute Entwicklung der Tiere kommt der Betreuung zum Zeitpunkt der Geburt, oft auch bereits davor durch die Vorbereitung der Kuh, sowie dem Umgang mit dem Kalb nach der Geburt eine Schlüsselrolle zu. Je sorgfältiger hier gearbeitet wird, desto größer ist der Erfolg. In einer Studie der tierärztlichen Fakultät München wurde festgestellt, dass der einzelne Betrieb einen bedeutenden Einfluss auf die Gesundheit und das Immunsystem seiner Kühe und Kälber hat. Die Faktoren Hygiene, Futterqualität, Einsatz von Mineralstoffen und individuelle Betreuung der Tiere sind absolut entscheidend.
Nicht zu knapp
Um dem Kalb einen guten Start ins Leben zu ermöglichen, braucht es Kolostrum (Biestmilch) in ausreichender Menge und Qualität. Der Zeitpunkt der Aufnahme von Biestmilch ist genauso entscheidend. Der Saugreflex bei einem neugeborenen Kalb ist umso ausgeprägter, je jünger es ist. Dies sollte man sich zunutze machen und die Kälber gleich nach der Geburt mit Biestmilch versorgen, denn bereits drei Stunden nach der Geburt kann die Versorgung mit Abwehrstoffen aus der Biestmilch nicht mehr ausreichend gewährleistet sein. Die in den ersten sechs Lebensstunden verabreichte Kolostrum-Menge sollte 3 bis 4 l betragen. Aus Versuchen weiß man: Kälber, die mehr als 3 l trinken, sind die bestversorgten.
Gesunde Kuh, gutes Kolostrum
Die Qualität des Erstgemelkes, damit ist die Konzentration an Immunglobulinen IgG (Abwehrstoffen) gemeint, wird wesentlich von den Haltungsbedingungen und dem Management der Kuh beeinflusst. Eine gesunde Kuh gibt also genau die Milch, die das Kalb für einen optimalen Start ins Leben braucht.
Ob die Kälber gut versorgt sind, lässt sich nur durch eine Blutuntersuchung, genauer gesagt eine Messung des Gesamteiweißgehaltes im Blutserum über ein Refraktometer, feststellen (siehe Infokasten). Die Gesamteiweißwerte sollten 55 g und mehr pro l Blutserum betragen. Diese Werte sind nur mit oben genannter Menge an Biestmilch in der entsprechenden Zeit zu erreichen. Werden dem Kalb in den ersten drei Lebensstunden 3 l Kolostrum verabreicht, ist davon auszugehen, dass das Neugeborene ausreichend mit Abwehrstoffen versorgt ist. Biestmilch, die die Kälber nicht freiwillig aufgenommen haben, kann den Tieren angesäuert (pH-Wert nicht unter 5,0), stallwarm zur freiwilligen Entnahme in einem Nuckeleimer angeboten werden. Nimmt das Kalb selbstständig keine oder nur sehr wenig Milch auf, ist das Drenchen ein Mittel der Wahl, welches vorsichtig angewendet werden sollte. Mit einem flexiblen Drencher ist es möglich, das Kalb auch im Liegen zu versorgen.
Zu empfehlen
Für die Mahlzeiten ab der ersten Biestmilchgabe wird die ad-libitum-Tränke empfohlen. Damit ist ein freier Zugang der Kälber zur Milch in den ersten Lebenswochen gemeint. Die Kälber bekommen so viel Milch, wie sie aufnehmen möchten. Hängt der Eimer ständig an der Box und ist immer Milch vorhanden, ist es kein Problem, wenn die Milch abkühlt. Die Tiere lernen: »Es ist Milch da, wenn ich hungrig bin.« Dadurch trinken sie langsam und die Milch wird ordnungsgemäß fermentiert und verdaut. Übrig gebliebene Milch kann älteren Kälbern weiterverfüttert werden. Die Milchmenge kann auch individuell an das Kalb angepasst werden, die Tiere unterscheiden sich in ihrem Aufnahmevermögen. Hier können größere Milchmengenverluste durch gute Beobachtung der Tiere vermieden werden.
Ausreichend versorgt
Grundsätzlich benötigt ein 50 kg schweres Kalb rein rechnerisch mind. 10 l Milch pro Tag. Ein 50 kg schweres Kalb braucht täglich 4 l Milch für seinen Erhaltungsbedarf (Erhaltung der Wärmeproduktion und der Verdauungsvorgänge). Weitere 2,4 l müssen für eine tägliche Zunahme von (nur) 400 g veranschlagt werden. Ganz wichtig ist die Energie für die Arbeit des Immunsystems, hierfür werden 2 l benötigt. Befindet sich die Umgebungstemperatur auf 0 °C, braucht das Kalb zusätzlich 1 l Milch für die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur. Je kälter es wird, desto mehr Energie muss für die Wärmeproduktion nachgeliefert werden. Wie viel Energie für die Bewegung zur Verfügung stehen muss, kann nur schwer definiert werden, ist aber mit zu bedenken.
Vor diesem Hintergrund sollten Kälber ab der ersten Mahlzeit nach der Biestmilchgabe ad libitum versorgt werden. Das kann durchaus tierindividuell nach ein bis zwei Wochen eine Tagesmenge Milch von 16 l bedeuten. Zusätzlich brauchen die Tiere frisches Wasser und gutes Heu zur freien Entnahme. Kraftfutter nehmen sie erst ab der zweiten oder gar dritten Woche auf. Ab der vierten Woche erreicht die Kraftfutteraufnahme nennenswerte Mengen. Handelt es sich um Aufzuchtkälber für den eigenen Betrieb, kann nun die Milchmenge schrittweise (wochenweise) in geringen Abstufungen zurückgenommen werden. Die Milchmenge darf nie zu abrupt verringert werden. Für die weitere Versorgung der Nachzucht ist zu bedenken, dass die Tiere zeitlebens ein hohes Futteraufnahmevermögen besitzen. Deshalb ist ab dem Alter von einem halben Jahr auf eine Rücknahme der Energiezufuhr zu achten, da die Tiere leichter verfetten. Einen Eiweißgehalt von mind. 12 % muss die Ration durchgehend enthalten, um eine ausreichende Pansenentwicklung zu ermöglichen.
Ein wünschenswertes Wachstum und eine zufriedenstellende Kälbergesundheit können durch eine ausreichende Fütterung erreicht werden. Tageszunahmen von 900 und 1 000 g oder mehr sind möglich und wurden bereits mehrfach beobachtet.
Hohe Zunahmen – früherer Kälberverkauf
Die tägliche Zunahme hat auch einen großen Einfluss auf die Verweildauer der Stier- oder Mastkälber am Geburtsbetrieb. Je besser es den Tieren geht und je höher die Tageszunahmen sind, desto schneller können sie mit dem gewünschten Gewicht den Betrieb verlassen. Geht man von einem Geburtsgewicht von 40 kg aus, so steht ein Kalb bei einer Tageszunahme von 1 000 g insgesamt 40 Tage am Betrieb für ein Verkaufsgewicht von 80 kg. Zum Vergleich: Ein Kalb mit einer theoretischen Tageszunahme von 400 g braucht 100 Tage, bis es von 40 kg auf 80 kg kommt.
Es liegt hier auch eine gewisse Verantwortung in der Hand des Landwirtes. Die Landwirtschaft steht unter Beobachtung und es muss selbstverständlich sein, dass Nutztiere, egal welcher Kategorie, in einem angemessenen Zustand einer Vermarktung zugeführt werden.
Dipl. Ing. Sandra Pfuner,
LK Salzburg